#24 - Ein Deep Dive in die Geschichte des Handwerks und der Ergotherapie
Wir machen einen Deep Dive in die Geschichte der Ergotherapie und fragen uns:
Ist Handwerk wirklich DIE Wurzel der Ergotherapie? Fördern handwerkliche Techniken das Wohlbefinden? Gibt es tatsächlich eine Verbindung zwischen spezifischen Handwerkstechniken und Auswirkungen auf Körperfunktionen?
Und schlussendlich: Was hat das ganze nun mit Teilhabe zu tun?
Lust auf mehr Evidenz für dein Team?
Die Studien und Artikel in dieser Folge sind:
Historische Fotografien und mehr auf der Homepage von OT Centennial.
Dunton, W. R. (1919). Reconstruction therapy. Saunders.
Robinson I. M. (1942) Department of Crafts. Canadian Journal of Occupational Therapy. 9(2):61-67.
A SUGGESTED ANALYSIS OF POTTERY AS A THERAPEUTIC CRAFT FOR PSYCHIATRIC PATIENTS. Occupational Therapy & Rehabilitation 25(1):p 19, February 1946.
Crites Bissell, J., Mailloux, Z. (1981) The Use of Crafts in Occupational Therapy for the Physically Disabled. American Journal of Occupational Therapy. 35(6), 369–374.
Taylor. E., Manguno J. (1991) Use of treatment activities in occupational therapy. American Journal of Occupational Therapy. 45(4):317-22.
Friedland, J. (2003). Muriel Driver Memorial Lecture: Why Crafts? Influences on the development of Occupational Therapy in Canada from 1890 to 1930. Canadian Journal of Occupational Therapy, 70(4), 204–212.
Kawamata, H., Yamada, T., Kobayash,i N. (2012) [Effectiveness of an occupational therapy program for health promotion among healthy elderly. A randomized controlled trial]. Nihon Koshu Eisei Zasshi.59(2):73-81.
Pappne Demecs, I., & Miller, E. (2019). Participatory art in residential aged care: A visual and interpretative phenomenological analysis of older residents’ engagement with tapestry weaving. Journal of Occupational Science, 26(1), 99–114.
Lee, S., & Heo, J. (2020). Older women’s perspectives on leisure commitment for coping with chronic illnesses. Health Care for Women International, 41(9), 1018–1035.
von Kürthy, H., Aranda, K., Sadlo, G., & Stew, G. (2022). Embroidering as a transformative occupation. Journal of Occupational Science, Advance online publication.
Von Zweck, C., Ledgerd, R., Shann, S., & Mlambo, T. (2023). A global survey on occupational therapy education: Findings and implications for diploma level education. World Federation of Occupational Therapists Bulletin, 79(2), 173–182.
00:00:23 Einstieg und Rückblick auf vorherige Folgen
Zu Beginn begrüßen Sara Mohr und Sarah Bühler die Zuhörer*innen zur neuen Folge von „Evidenz auf die Ohren“. Sie knüpfen an die Diskussionen aus Folge 22 an, in der es um ergotherapeutische Mittel (ETM) und deren Wurzeln im Handwerk ging. Sara erklärt, dass ETM ursprünglich den Handwerksunterricht in der Ergotherapie bezeichnete und kündigt einen Deep Dive in die Geschichte und Bedeutung des Handwerks für die Ergotherapie an.
00:01:46 Alltagsgeschichten und Praxiseinblicke
Sarah berichtet, wie sie in ihrer Praxis die digitalen Therapiematerialien nach Krankheitsbildern und entlang des ergotherapeutischen Prozesses organisiert. Sie beschreibt, wie die Ordnerstruktur aufgebaut ist und dass auch Psychoedukation und Leitlinien eigene Bereiche erhalten. Sara erzählt aus ihrem Alltag als Dozentin für Neurologie und wie kleine Gesten von Schülerinnen Freude bereiten. Beide reflektieren, wie wichtig strukturierte Prozesse sind, um das Team und neue Kolleginnen zu unterstützen.
00:06:45 Historische Entwicklung: Handwerk als Wurzel der Ergotherapie
Sara stellt drei zentrale Aussagen zum Handwerk in der Ergotherapie vor:
Handwerk und kreative Betätigung sind die Wurzel der Ergotherapie.
Handwerk fördert das Wohlbefinden.
Handwerkliche Tätigkeiten verbessern Körperfunktionen und damit Alltagsfähigkeiten.
Historisch entwickelte sich die Ergotherapie aus Strömungen wie dem Moral Treatment (Beschäftigung als menschenwürdige Behandlung), den Reconstruction Aids im Ersten Weltkrieg (Handwerksprogramme für Kriegsveteranen) und dem Arts and Crafts Movement (Handwerk als sinnstiftende Gegenbewegung zur Industrialisierung). In den Anfangsjahrzehnten lag der Fokus auf dem Produkt, später auch auf dem Prozess und der gezielten Auswahl von Handwerksbetätigungen durch Expert*innen, oft mit medizinischem Fokus.
00:21:05 Wandel im Selbstverständnis: Von Handwerk zu bedeutungsvoller Betätigung
Ab den 1940er Jahren wurde neben Handwerk auch therapeutisches Spielen eingeführt. Es entstanden differenzierte Indikationen und Kontraindikationen für Handwerkstechniken, teils mit heute fragwürdigen Begründungen. In den 1980er Jahren wurde das „Bastelimage“ der Ergotherapie kritisch hinterfragt. Umfragestudien zeigten, dass Handwerk zwar noch unterrichtet, aber in der Praxis immer weniger eingesetzt wurde. Moderne ergotherapeutische Modelle (z.B. MOHO) rückten die bedeutungsvolle Betätigung ins Zentrum – unabhängig vom Medium. Die Auswahl der Betätigung orientiert sich nun an individuellen Zielen und Lebensqualität.
00:33:30 Handwerk und Wohlbefinden: Individualität statt Generalisierung
Sara und Sarah diskutieren, dass bestimmte sensorische Reize (z.B. Materialien, Farben) individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen werden. Studien zeigen, dass für manche Menschen Handwerk (z.B. Sticken, Weben, Töpfern) eine bedeutungsvolle und wohltuende Betätigung ist – dies lässt sich jedoch nicht generalisieren. Entscheidend ist die individuelle Betätigungsbiografie und subjektive Bedeutung. Auch andere Aktivitäten wie Kochen, Spazierengehen oder Musikhören können das Wohlbefinden fördern. Es ist daher wichtig, Handwerk nicht als einziges Mittel zur Förderung des Wohlbefindens zu betrachten.
00:40:08 Handwerk zur Förderung von Körperfunktionen? Evidenzbasierte Perspektive
Die Annahme, dass handwerkliche Tätigkeiten automatisch Körperfunktionen verbessern und dadurch Alltagsfähigkeiten steigern, wird kritisch hinterfragt. Die Skegg-Robinson-Hypothese besagt, dass Transfer nur gelingt, wenn sich Übungs- und Zielbetätigung möglichst ähnlich sind. Ein Beispiel: Korbflechten und Schreiben sind motorisch und kontextuell zu unterschiedlich, um einen direkten Transfer zu ermöglichen. Der klassische Bottom-up-Ansatz ist nur in Einzelfällen sinnvoll. Viel wirksamer ist ein betätigungsorientierter Ansatz, der gezielt die gewünschte Alltagsaktivität übt. Therapeut*innenkompetenz zeigt sich darin, individuelle Betätigungsziele therapeutisch zu begleiten.
00:49:13 Handwerk als Betätigungsanliegen: Klient*innenzentrierung
Handwerkliche oder kreative Techniken sind dann sinnvoll, wenn sie explizit Betätigungsanliegen der Klient*innen sind (z.B. Aquarellmalen, Vogelhäuschen bauen). Entscheidend ist, dass die Umsetzung auch im Alltag gelingt und die Therapie den Transfer ins echte Leben unterstützt.
00:50:48 Fazit und Ausblick
Das Handwerk ist eine der Wurzeln der Ergotherapie, aber nicht die einzige. Die Profession hat sich weiterentwickelt und orientiert sich heute an einer Vielzahl bedeutungsvoller Betätigungen. Handwerk bleibt relevant, wenn es für Klientinnen bedeutsam ist – aber Ergotherapie ist offen für alle Formen von Betätigung, die Lebensqualität und Teilhabe fördern. Sara und Sarah laden die Zuhörerinnen ein, weitere Themenwünsche zu äußern, und schließen die Folge mit einem positiven Ausblick.
(Diese Zusammenfassung wurde mit KI erstellt)
Die Studie in Bildern

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