#28 - Viele Leitlinien, eine Meta-Analyse und eine Studie voller Schimpfwörter

Neurofeedback wird seit Jahren auch in der Ergotherapie immer wieder als DIE Therapiemethode bei unterschiedlichsten Krankheitsbildern genannt. Wir schauen uns an, was die Evidenz dazu sagt: in einer aktuellen Meta-Analyse. Außerdem gibt`s eine Studie in der die Kinder, die Neurofeedback nutzen, selbst zu Wort kommen.

Geschichten aus dem Alltag: Diesmal gibt es Tiergeschichten! Sarah feiert ihre Hühner und Sara ist “die Frau mit der Katze”.
 

Lust auf mehr Evidenz für dein Team?

Alle Infos zur Fortbildung Ergo-Modelle für die Praxis gibt es hier!

 

Die beiden Studien aus dieser Folge:

Westwood, S. J., Aggensteiner, P.-M., Kaiser, A., Nagy, P., Donno, F., Merkl, D., Balia, C., Goujon, A., Bousquet, E., Capodiferro, A. M., Derks, L., Purper-Ouakil, D., Carucci, S., Holtmann, M., Brandeis, D., Cortese, S., Sonuga-Barke, E. J. S., European ADHD Guidelines Group (EAGG), Baeyens, D., … Wong, I. C. (2025). Neurofeedback for Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder: A Systematic Review and Meta-Analysis. JAMA Psychiatry, 82(2), 118. 

Hasslinger, J., D’Agostini Souto, M., Folkesson Hellstadius, L., & Bölte, S. (2020). Neurofeedback in ADHD: A qualitative study of strategy use in slow cortical potential training. PloS one, 15(6), e0233343.

Alle weiteren Studien und Artikel aus dieser Folge:

Cioffi, E., Hutber, A., Molloy, R., Murden, S., Yurkewich, A., Kirton, A., Lin, J. P., Gimeno, H., & McClelland, V. M. (2024). EEG-based sensorimotor neurofeedback for motor neurorehabilitation in children and adults: A scoping review. Clinical neurophysiology : official journal of the International Federation of Clinical Neurophysiology, 167, 143–166.

Fransen J. (2024). There is No Supporting Evidence for a Far Transfer of General Perceptual or Cognitive Training to Sports Performance. Sports medicine, 54(11), 2717–2724.

Ghadamgahi Sani, N., Akbarfahimi, M., Akbari, S., Alizadeh Zarei, M., & Taghizadeh, G. (2022). Neurofeedback Training Versus Perceptual-motor Exercises Interventions in Visual Attention for Children With Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder: A Randomized Controlled Trial. Basic and clinical neuroscience, 13(2), 215–224.

Hasslinger, J., Bölte, S., & Jonsson, U. (2022). Slow Cortical Potential Versus Live Z-score Neurofeedback in Children and Adolescents with ADHD: A Multi-arm Pragmatic Randomized Controlled Trial with Active and Passive Comparators. Research on child and adolescent psychopathology, 50(4), 447–462. 
 
Joveini, G., Shahverdi, M., Sayyahi, F., Heidarpour, F., & Hojati Abed, E. (2024). Systematic review of neurofeedback interventions for dyslexia: Methodological insights and International Classification of Function and Disability-Child and Youth (ICF-CY) framework analysis. Applied neuropsychology. Child, 1–16. Advance online publication. 

Lam, S. L., Criaud, M., Lukito, S., Westwood, S. J., Agbedjro, D., Kowalczyk, O. S., Curran, S., Barret, N., Abbott, C., Liang, H., Simonoff, E., Barker, G. J., Giampietro, V., & Rubia, K. (2022). Double-Blind, Sham-Controlled Randomized Trial Testing the Efficacy of fMRI Neurofeedback on Clinical and Cognitive Measures in Children With ADHD. The American journal of psychiatry, 179(12), 947–958. 

Willer, L., Treusch, Y. & Möckel, L. (2023). Neurofeedback-Therapie bei Kindern mit AD(H)S in der ergotherapeutischen Praxis: Ergebnisse einer retrospektiven, monozentrischen Studie. Ergoscience 18(4), 149-156. 

Zanona, A. F., Piscitelli, D., Seixas, V. M., Scipioni, K. R. D. D. S., Bastos, M. S. C., de Sá, L. C. K., Monte-Silva, K., Bolivar, M., Solnik, S., & De Souza, R. F. (2023). Brain-computer interface combined with mental practice and occupational therapy enhances upper limb motor recovery, activities of daily living, and participation in subacute stroke. Frontiers in neurology, 13, 1041978.

00:00:15 Alltagsgeschichten: Hühner, Katze und tierische Erlebnisse

Sara Mohr und Sarah Bühler eröffnen die Folge mit persönlichen Geschichten aus ihrem Alltag. Sarah erzählt, wie ihre drei Hühner das Familienleben bereichern, aber auch den Garten beanspruchen. Sara berichtet von einer Nachbarskatze, die sie vorübergehend aufgenommen hat, und beschreibt, wie beruhigend das Zusammensein mit Tieren sein kann. Beide reflektieren, dass Tiere im Alltag für Entspannung und Freude sorgen können.

00:10:41 Themenvorstellung: Neurofeedback in der Ergotherapie

Nach dem tierischen Einstieg leitet Sara das Hauptthema ein: Neurofeedback. Sie erklärt, dass viele Hörer*innen sich dieses Thema gewünscht haben und sie selbst zunächst skeptisch war, da Neurofeedback oft als Allheilmittel dargestellt wird. Sarah bringt erste Praxiserfahrungen ein und betont, dass es verschiedene Protokolle und Geräte gibt. Beide machen deutlich, dass Neurofeedback eine Unterform des Biofeedbacks ist: Während beim Biofeedback verschiedene Körperfunktionen (z. B. Puls, Hautleitwert) visualisiert werden, misst Neurofeedback die Hirnaktivität mittels EEG.

00:14:41 Neurofeedback und Biofeedback: Grundlagen und Praxis

Sara erläutert die Funktionsweise von Biofeedback und Neurofeedback: Durch die Visualisierung von Körper- bzw. Hirnfunktionen lernen Klient*innen, gezielt Strategien zur Regulation einzusetzen. Ziel ist es, diese Strategien später auch ohne Gerät im Alltag anzuwenden. Neurofeedback misst dabei Hirnaktivität und gibt Rückmeldung über einen Bildschirm.

00:15:11 Evidenz in Leitlinien: Indikationen und Empfehlungen

Sara recherchiert, in welchen Leitlinien Neurofeedback aktuell empfohlen wird:

  • Rehabilitation nach Schlaganfall (Armparese): Studien zeigen gemischte Ergebnisse. Hochfrequentes Training (mindestens 20 Minuten täglich, 5 Tage/Woche) kann in Kombination mit intensivem Armtraining wirksam sein, ist aber sehr aufwendig. Die Leitlinie spricht keine eindeutige Empfehlung aus.

  • Aufmerksamkeitsstörungen nach neurologischen Erkrankungen (Erwachsene): Keine ausreichende Evidenz für eine Empfehlung.

  • Tumorbedingte Fatigue: Unklare Studienlage, keine eindeutige Empfehlung.

  • Zwangsstörungen bei Kindern/Jugendlichen: Studien zeigen mögliche Effekte, aber nur bei Erwachsenen untersucht – daher keine Empfehlung für Kinder/Jugendliche.

  • Autismus-Spektrum-Störung: Für komorbide Sprachentwicklungsverzögerung wird Neurofeedback explizit nicht empfohlen, da negative Effekte auf die Sprachentwicklung nachgewiesen wurden. Für soziale Interaktion und kognitive Fähigkeiten gibt es keinen nachgewiesenen Nutzen.

  • ADHS (Kinder ab 6 Jahren): Neurofeedback kann ergänzend eingesetzt werden, wenn standardisierte Protokolle verwendet werden. Die Leitlinie empfiehlt mindestens 25–30 Sitzungen und regelmäßige Überprüfung der Wirksamkeit. Transfer in den Alltag soll durch lerntheoretische Prinzipien und Transferübungen unterstützt werden.

00:26:17 Aktuelle Studienlage: Systematisches Review und Metaanalyse zu ADHS

Sara stellt eine aktuelle Metaanalyse (2025) zu Neurofeedback bei ADHS vor. Insgesamt wurden 53 randomisiert-kontrollierte Studien mit knapp 2.500 Teilnehmenden ausgewertet. Die meisten Studien zeigten ein hohes Risiko für Verzerrungen, etwa durch fehlende Verblindung. Die Ergebnisse:

  • Standardisierte Protokolle zeigen etwas bessere Ergebnisse als nicht-standardisierte, aber der Unterschied ist gering.

  • Vergleich mit medikamentöser Behandlung: Medikamente (z. B. Methylphenidat) sind Neurofeedback in der Wirksamkeit deutlich überlegen.

  • Vergleich mit Bewegung oder kognitivem Training: Kein Unterschied in der Reduktion der ADHS-Symptomatik.

  • Fazit: Nach Jahrzehnten der Forschung gibt es keine überzeugende Evidenz, dass Neurofeedback anderen Behandlungsverfahren bei ADHS überlegen ist.

00:39:12 Qualitative Studie: Strategien und Compliance beim Neurofeedback

Sara stellt eine qualitative Studie (2020) vor, in der 30 Kinder und Jugendliche mit ADHS nach ihren Strategien beim Neurofeedback befragt wurden. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Kognitive Strategien: Fokussierung, innere Bilder, Gedächtnisabruf, Motivation, Gedankenvermeidung, Wachheitsregulation.

  • Emotionsregulation: Nutzung positiver oder starker Emotionen, Achtsamkeit, emotionale Gedanken.

  • Physiologische Strategien: Atemregulation, Muskelspannung, sehr still sitzen.

  • Unspezifische Strategien: Passivität, Disengagement, Experimentieren, fehlende Einsicht.

Die Studie zeigt, dass Kinder mit hoher Compliance vor allem kognitive und Emotionsregulationsstrategien nutzen. Kinder mit niedriger Compliance setzen eher auf physiologische Strategien oder zeigen wenig Engagement. Ein zentrales Problem: Viele Kinder verstehen nicht, wie sie das Neurofeedback tatsächlich beeinflussen können, was die Motivation und den Alltagstransfer erschwert.

00:54:54 Transfer in den Alltag und Bedeutung für die Ergotherapie

Sara und Sarah diskutieren, wie wichtig es ist, Neurofeedback in eine betätigungsorientierte Therapie einzubetten. Der Alltagstransfer gelingt nicht automatisch – Therapeut*innen müssen gezielt daran arbeiten, dass die im Neurofeedback erlernten Strategien auch im Alltag anwendbar werden. Dazu gehört auch die Einbindung von Eltern, Lehrkräften und Bezugspersonen. Die Hosts betonen, dass Neurofeedback keine klassische Ergotherapie ist, aber als ergänzendes Verfahren sinnvoll sein kann, wenn der Transfer aktiv gestaltet wird.

00:58:12 Drei Do’s für die Praxis

Zum Abschluss fassen Sara und Sarah drei zentrale Empfehlungen zusammen:

  • Verweist Klient*innen mit Neurofeedback-Verordnung an spezialisierte Praxen mit entsprechender Expertise.

  • Nutzt nur Geräte und Protokolle, die den Leitlinienempfehlungen entsprechen (standardisierte Protokolle).

  • Betont die Einbettung in eine betätigungsorientierte Therapie und gestaltet den Alltagstransfer aktiv mit.

01:01:43 Abschluss und Ausblick

Die Hosts laden die Community ein, eigene Erfahrungen und Fragen zu Neurofeedback zu teilen. Sie weisen auf die Kommentarfunktion auf ihrer Website und auf eine kommende Fortbildung hin. Abschließend betonen sie, dass die Studienlage zu Neurofeedback weiterhin kritisch zu betrachten ist und der Alltagstransfer im Fokus stehen sollte.

(Diese Zusammenfassung wurde mit Hilfe von KI generiert.)

Intro: Hintergrundmusik, die sich langsam steigert. Eine Stimme sagt: Evidenz auf die Ohren, der Podcast für evidenzbasierte Ergotherapie.

00:00:25 Sara Mohr:
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Evidenz auf die Ohren, eurem Podcast für evidenzbasierte Praxis in der Ergotherapie. Mein Name ist Sara Mohr und hier bei mir ist Sarah Bühler.

00:00:36 Sarah Bühler:
Hallo.

00:00:38 Sara Mohr:
Liebe Sarah, erzähl uns doch eine Geschichte aus dem Alltag.

00:00:44 Sarah Bühler:
Dieses Mal habe ich gar nichts aus dem Ergo-Alltag, aber ich kann mal erzählen, wie glücklich mich meine Hühner machen.

00:00:50 Sara Mohr:
Bitte erzähl, wie glücklich dich deine Hühner machen. Erzähl uns bitte von deinen Hühnern.

00:00:53 Sarah Bühler:
Ja, ich gucke denen so gerne zu. Es war die beste Entscheidung, sie letztes Jahr wieder anzuschaffen.

00:00:59 Sara Mohr:
Die wohnen bei euch im Garten?

00:01:02 Sarah Bühler:
Es ist jetzt fast kein Garten mehr. Also es wächst halt nichts mehr.

00:01:10 Sara Mohr:
Aber haben die nicht so ein Gehege dann wahrscheinlich? Oder erzähl mal, wie ist das Hühner-Setup?

00:01:12 Sarah Bühler:
Ja, genau, absolut. Sie haben einen Stall und dann haben sie noch eine Voliere, wo sie drin sind. Aber die Voliere, ja, da sind sie zwar drin, aber sie sind noch lieber im Garten. Und mittlerweile, wenn die merken, dass morgens die Rollläden hochgehen, dann fangen die an zu schreien, dass man die Voliere aufmacht. Richtig laut. Sie stellen richtig Forderungen an dich. Und dann könnt ihr auch so nach fünf Minuten wieder aufmachen. Mittlerweile, auch wenn ich mich unten in der Küche bewege, kann ich auf die Voliere so ein bisschen gucken, und wenn die sehen, dass ich mir Frühstück mache, schreien die momentan auch wieder, und das ist wirklich laut. Dann geh ich raus und mach auf, und deshalb wächst nichts mehr bei uns im Garten.

00:01:56 Sara Mohr:
Ich weiß nicht, wie viele Hühner habt ihr? Drei?

00:01:57 Sarah Bühler:
Das ist so die Mindestzahl.

00:02:00 Sara Mohr:
Drei Hühner können so einen ganzen Garten abfressen?

00:02:06 Sarah Bühler:
Ja, ja, gut, ja.

00:02:09 Sara Mohr:
Und heißt Mindestzahl, damit es eine Gruppe ist? Zu zweit würden die sich nicht…

00:02:15 Sarah Bühler:
Weiß ich nicht, aber es heißt überall mindestens drei. Genau. Und wir haben jetzt noch mal einen kleinen Zaun aufgestellt, weil am liebsten sitzen die sonst mittags auf der Fußmatte vor der Haustür. Und die machen ja so viel Dreck.

00:02:35 Sara Mohr:
Ach so.

00:02:35 Sarah Bühler:
Ja, deshalb haben wir jetzt noch mal die Haustür ein bisschen abgetrennt, dass man da zumindest laufen kann. Sonst sind sie im Garten total willkommen. Dann sitzen sie immer vor der Küche und baden da im Staub. Ja, und dann liegen sie da, und das ist echt goldig. Ich glaube, ich könnte meinen Hühnern eine Fernbeziehung zumuten.

00:02:55 Sara Mohr:
Das klingt nach einem sehr entspannten Hühnerleben. Bitte, bitte mach mal ein Bild. Ich habe zwei Fragen.

00:03:00 Sarah Bühler:
Ja, kannst du mal das Fenster aufmachen?

00:03:03 Sara Mohr:
Ich habe zwei Fragen. Erste Frage: Wie findet Polly die Hühner?

00:03:08 Sarah Bühler:
Also ja, wir müssen die trennen. Die haben gar keine Angst vorm Hund. Aber wir gucken, dass sie nicht aufeinandertreffen.

00:03:21 Sara Mohr:
Ja, Polly würde sie jagen, oder?

00:03:39 Sarah Bühler:
Ja, auf jeden Fall, trotz allem. Jetzt habe ich fast noch nie etwas Negatives erzählt, aber das ist wirklich toll. Ich gucke da raus und die wälzen sich da, das ist wirklich schön. Und wenn ich mit dem Auto angefahren komme, kommen sie immer nach vorne gerannt. Das Auto erkennen sie, ja.

00:03:56 Sara Mohr:
Erkennen einen dann schon, ne? Ja, ich hatte ja generell zu Vögeln noch nie viel Kontakt. Aber klar, die haben dann auch irgendwie einen Charakter und mögen einen oder mögen einen nicht.

00:04:09 Sarah Bühler:
Und die wissen, dass man Futter bringt, weißt du? Da bin ich schon recht realistisch.

00:04:18 Sara Mohr:
Wie ist das, wenn ihr mal in Urlaub fahrt oder so? Muss dann jemand kommen und sie morgens rauslassen? Sonst machen die Rabatz.

00:04:26 Sarah Bühler:
Ich bin ja dann nicht da, ich höre es nicht, aber ja, es muss jemand kommen und sie versorgen.

00:04:30 Sara Mohr:
Wie bei den Meerschweinchen auch.

00:04:31 Sarah Bühler:
Ja, aber es ist wirklich nicht so viel Aufwand.

00:04:38 Sara Mohr:
Ah cool, sehr schön, glückliche Hühner.

00:04:41 Sarah Bühler:
Ja. Und was gibt es bei dir Neues?

00:04:48 Sara Mohr:
Ich habe auch eine Tiergeschichte. Pass auf, ich habe hier eine Geschichte aus dem Alltag aufgeschrieben, schon vor zwei Wochen, die sich aber sehr um aktuelle Forschung dreht. Und anlässlich deiner Hühnergeschichte möchte ich jetzt auch eine schöne Tiergeschichte erzählen. Ich hatte ja ganz lange eine Katze. Und dann irgendwann leider nicht mehr. Und jetzt gab es sich letzten Sonntag, dass eine Katze von unserem Nachbarn kurzfristig obdachlos war. Die lief aus ungeklärten Gründen hier auf der Straße rum. Wir wohnen direkt an einer dreispurigen Straße. Es hat geklingelt bei mir in der Wohnung, sonntags nachmittags, und es war eine Passantin an der Gegensprechanlage, die meinte, gehört Ihnen hier die schwarze Katze? Hier läuft eine schwarze Katze auf der Straße rum. Dann habe ich gesagt, nee, mir gehört sie nicht, und soweit ich weiß, hat auch hier im Haus niemand eine. Dann meinte sie aber, die läuft hier rum und die sitzt auch immer wieder vor dieser Haustür und miaut. Also die sagt selber, dass sie hierhin gehört. Dann habe ich gesagt, na gut, bevor die jetzt hier auf die Straße rennt, kann sie an den Hinterhof. Wir haben so eine Durchfahrt, dann ist man im Hinterhof, dann lieber im Hinterhof rumlaufen. Ich habe die Tür aufgemacht und bin da auch mal runter. Im Treppenhaus traf ich dann die Nachbarin von unten, die meinte, sie kennt die Katze, die gehört dem Nachbarn im Erdgeschoss. Der war aber nicht da und kam erst montags wieder. Dann musste ich diese Katze mit nach Hause nehmen. Das war… Ja, sehr schade, weil ich hatte auch nicht die Nummer von diesem Nachbarn. Es war aber klar, dass der montags wiederkommt. Die Nachbarin von unten hat Katzen, habe ich dann gelernt. Man darf bei uns im Haus Katzen haben, aber das sind nur Wohnungskatzen und die vertragen sich nicht mit fremden Katzen. Deshalb konnte sie die nicht nehmen. Aber sie hat mir dann ein Care-Paket zusammengestellt mit einem Katzenklo, Napf und Futter, weil ich ja nichts hatte. Sonntags konnte ich auch nicht noch irgendwo Katzenfutter organisieren. Das war sehr nett. Die Katze war auch sehr brav, sie kam direkt an, wenn man sie gerufen hat.

00:07:02 Sarah Bühler:
Wie hast du sie denn gerufen? Einfach “Katze”?

00:07:05 Sara Mohr:
Natürlich. “Katze” und dann kam sie direkt. Dann habe ich sie mitgenommen. Sie hat sich auf den Arm nehmen lassen ohne Probleme und dann habe ich sie mit in die Wohnung genommen. Sie war natürlich erst mal eine halbe Stunde sehr nervös, hat sich alles angeguckt, ein bisschen gemaunzt und hat deutlich den Besitzer vermisst. Sie saß dann auch eine Weile an der Tür und wollte vor dieser Haustür von den Nachbarn wieder sitzen. Das war aber nur so eine halbe Stunde, dann hat sie beschlossen, na ja, gut, das wird hier scheinbar nichts mehr. Dann legte sie sich auf die Couch und hat sich zum ersten Mal entspannt. Es ist Frühling, die Katze ist eine schwarze Katze und sie hat gut gehaart. Wir haben eine hellgraue Couch. Ich habe gedacht, komm Katze, ich hole eine Wolldecke und lege sie auf die Couch, damit ich nachher nur die Wolldecke waschen muss. Nun ist es aber eine Katze und sobald ich die Wolldecke auf die Couch gelegt hatte, war die Couch vollkommen uninteressant für die Katze. Sie hat sich dann auf den Sessel gelegt. Ich kenne ja schon noch die Regeln, die so ein Tier dann einführt. Innerhalb von einer halben Stunde hatte ich kein Sitzmöbel mehr zur Verfügung. Es war aber einfach so schön. Es gibt ja wenig, was mich so beruhigt wie eine schnurrende Katze, die irgendwo neben einem liegt.

00:08:31 Sarah Bühler:
Ich glaube, es gibt sogar Studien dazu, dass das tatsächlich entspannend ist.

00:08:36 Sara Mohr:
Das kann ich mir wirklich vorstellen. Die musste noch nicht mal auf meinem Schoß liegen, es reichte, dass sie da war und geschnurrt hat. Das war total schön. Dann hat leider am selben Abend, irgendwann abends um neun, der Nachbar angerufen. Ich hatte ihm natürlich einen Zettel an die Haustür gemacht, dass ich die Katze habe, damit er sie nicht sucht am nächsten Tag. Er kam dann sogar schon früher wieder und hat sonntags abends um neun angerufen und meinte: Sind Sie die Frau mit der Katze? Ehrlich gesagt, ja. Ich denke, das beschreibt mich in meinem tiefsten Innern. Ich bin die Frau mit der Katze. Ob er sie wiederholen könnte? Ich sage ungern nein, und dann hat er sie geholt und gesagt, sie muss ihm morgens, er hat das gar nicht mitbekommen, irgendwie rausgewitscht sein durch die Tür, der war halt den ganzen Tag unterwegs.

00:09:28 Sarah Bühler:
Es ist ja gut, dass sie wusste, wo sie hingehört.

00:09:29 Sara Mohr:
Genau, und wir haben Nummern ausgetauscht. Ich habe gesagt, wenn es noch mal sein sollte, gar kein Problem, überhaupt keine Sorgen. Ich nehme die Katze, die kann auch jetzt noch über Nacht bleiben, machen Sie keinen Stress. Aber er wollte sie dann doch schon wieder mitnehmen.

00:09:47 Sarah Bühler:
Wie fand Markus das?

00:09:47 Sara Mohr:
Der hatte Nachtdienst, deshalb ging es. Mein Partner hat wenig Affinität zu Tieren, weil er nicht mit Haustieren aufgewachsen ist und da einfach nichts mit anfangen kann. Ich habe das natürlich mit ihm abgesprochen. Ich habe gesagt, du, ich hole jetzt die Katze hier rein, und er meinte nur, in einer halben Stunde gehe ich zum Dienst. Und ja, dann habe ich gemacht, was ich wollte.

00:10:22 Sarah Bühler:
Ich könnte mir gut vorstellen, wie die beide gemeinsam durch die Wohnung streunen.

00:10:26 Sara Mohr:
Ja, wahrscheinlich hätten sie sich gegenseitig nervös gemacht.

00:10:29 Sarah Bühler:
Beide hätten geguckt, was der andere macht.

00:10:33 Sara Mohr:
Genau, das war meine Geschichte aus dem Alltag, das war sehr schön.

00:10:49 Sarah Bühler:
Du hast uns was mitgebracht?

00:10:50 Sara Mohr:
Ja, ich habe ein Thema mitgebracht, das von mehreren Leuten an uns herangetragen wurde, immer wieder über Instagram, aber auch per E-Mail, jetzt schon mehrfach. Deshalb sage ich jetzt auch nicht alle Namen, es haben uns echt viele Leute geschrieben: Macht mal was zu Neurofeedback.
Und ich weiß oder wusste nichts über Neurofeedback. Also ich kannte das Wort.
Ich war – das ist direkt der Bias, den ich am Anfang einmal state – ich war so grundmisstrauisch noch mir gegenüber, weil ich immer nur gehört habe: Ah, das hilft bei ADHS und das hilft bei Depressionen und es hilft bei PTBS und es hilft bei dem, es hilft bei allem. Und dann bin ich immer so: Wenn sowas als so ein Allheilmittel… Da bin ich immer so: Toll kann es nicht sein, wie es angepriesen wird. Aber das war rein meine persönliche Vorannahme und ich hatte keine Fakten, um die irgendwie zu überlegen.
Das war so mein Gefühl dazu. Aber du hast ja mehr Erfahrung zum Neurofeedback, so ein bisschen, ne?

00:11:44 Sarah Bühler:
Auch begrenzt, weil es kommt ja immer auch auf die Protokolle an, die verwendet werden.
Es gibt ja unterschiedliche…

00:11:55 Sara Mohr:
Ja, die heißen unterschiedlich, das habe ich vielleicht auch noch mal rausgesucht, ja.

00:11:59 Sarah Bühler:
Je nachdem ist, glaube ich, auch die Studienlage ein bisschen unterschiedlich.
Und ich finde, man muss immer gut gucken, wer hat denn geforscht?
Weil häufig auch die, die die Produkte herstellen, tatsächlich dann auch Studien dazu machen.

00:12:13 Sara Mohr:
Mhm, aber du hattest… Du hast selber bei dir in der Praxis kein Neurofeedback, ja?

00:12:19 Sarah Bühler:
Nee, wir haben kein Neurofeedbackgerät. Ich hatte aber in einer Praxis gearbeitet, die Neurofeedbackgeräte angeboten, also oder mehrere Geräte hatte.
Ich bin jetzt aber schon wieder so lange draußen, ich muss überlegen, welche Methode das war. Wenn ich es höre, kann ich es vielleicht noch mal sagen, genau, ja, mhm.

00:12:38 Sara Mohr:
Ja, das ist korrekt, genau, aber daher kennst du es quasi so, ja.
Weil ich so gar kein Vorwissen dazu hatte, habe ich mich erst mal… habe erst mal rausfinden wollen, was ist es denn, weil es geistert ja auch der Begriff Biofeedback rum und da wusste ich auch nicht, was es ist. So, und das erklären wir jetzt vielleicht einfach erst mal zum Einstieg. Neurofeedback ist eine Unterform von Biofeedback, also Biofeedback ist der Oberbegriff.
Wir gucken uns jetzt erst mal Biofeedback an. Biofeedback heißt – beschreibt eigentlich schon das Wort – dass durch Messinstrumente Körperfunktionen visualisiert werden, also zum Beispiel kriege ich auf einem Bildschirm meinen Puls angezeigt oder meine Atemfrequenz oder meine Herzfrequenz und es wird live, oder der Hautleitwert, genau, das wird live auf so einem Bildschirm dargestellt und ich kann beobachten, wie sich diese Werte auch verändern, zum Beispiel wenn ich eine Entspannungsübung mache und dadurch mein Atem langsamer wird.
Und viel von so Biofeedback-Training ist es, dass ich anhand von dieser Visualisierung von dem, was ich auf dem Bildschirm sehe, erarbeite, wie ich bestimmte Strategien einsetzen kann, auch ohne das Gerät, also zum Beispiel: Immer wenn ich Stress habe, kriege ich so Nackenschmerzen und durch Biofeedback kann ich jetzt lernen, welche Entspannungstechniken helfen mir denn am besten, um meine Nackenmuskulatur so ein bisschen zu lockern, und im Idealfall kann ich diese Technik dann auch im Alltag gezielt anwenden, wenn ich sie dann brauche, wenn ich merke: Oh, jetzt kriege ich wieder Stress, dann mache ich jetzt die Übung, dann kriege ich morgen keine Nackenschmerzen.
Und Neurofeedback, wie der Name schon sagt, misst jetzt nicht eine Muskelspannung oder sowas, sondern eben Gehirnaktivität. Der korrekte Name heißt deshalb eigentlich auch EEG-Neurofeedback, also mittels einem Elektroenzephalogramm wird Hirnaktivität gemessen.

Dann habe ich gedacht, OK, jetzt hab ich so grundlegend verstanden, was neurofeedback ist und mich interessiert ja schon als Erstes immer: taucht es denn schon mal irgendwie in Leitlinien auf? Wofür soll es denn laut Leitlinie in Deutschland eingesetzt werden? und ich hab das gemacht, was ich öfter mache, wenn ich in so n Thema einsteige. Ich bin auf die AWMF Homepage gegangen und habe Neurofeedback als Suchbegriff eingegeben und dann spuckt es einem alle Leitlinien raus, in denen das Wort auch nur am Rande vorkommt. Ich hab die Suche begrenzt auf aktuell gültige Leitlinien…

00:13:14 Sarah Bühler:
Okay, das heißt, die ADHS-Leitlinie ist rausgefallen. Da steht es tatsächlich drin, allerdings mit bestimmten Protokollen oder mit standardisierten Protokollen.

00:13:26 Sara Mohr:
Genau, das guck mal, ich hätte dich einfach fragen sollen, weil das fand ich nämlich sehr spannend. Aber pass auf, wir fangen… also es steht, es kommt auch vor in der S3-Leitlinie rehabilitative Therapie bei Armparese nach Schlaganfall, da steht es drin.

00:13:43 Sarah Bühler:
Wenn Neurofeedback, nicht Biofeedback.

00:13:46 Sara Mohr:
Ja, pass auf, Bio und Feedback.

00:13:48 Sarah Bühler:
Ja, weil genau, weil ja. Das fand ich tatsächlich super spannend. Ja, ja.

00:13:56 Sara Mohr:
Die sagen, okay, es gibt Studien, die sich den Einsatz von Biofeedback und auch von Neurofeedback bei Armparesen angucken. Die Ergebnisse sind allerdings sehr gemischt, das heißt, es gibt ein paar Studien, die zeigen, dass das gut wirkt, wenn die Klientin zusätzlich zu dem Bio- oder Neurofeedback noch ganz hochintensives Training der Armfunktion machen.
Und hochfrequent heißt… und dann muss auch das Neurofeedback hochfrequent eingesetzt werden. Hochfrequent heißt 20 Minuten täglich, 5 Tage die Woche, 3 Wochen am Stück.

00:14:27 Sarah Bühler:
Genau, das ist das ja auch beim Neurofeedback. Am Anfang muss, also so wie ich es kennengelernt habe, muss es sehr hochfrequent eingesetzt werden, und da ist auch immer die Frage, wie können Familien das im Alltag tatsächlich leisten? Also es sind sehr intensive Zeiten.

00:14:39 Sara Mohr:
Und hier, genau, und in diesem Neuro-Kontext… Also das wäre was, was in der Rehaklinik wahrscheinlich umsetzbar wäre.
Dann, das sind, es gibt da einige wenige Studien, die das zeigen. Dann gibt es aber auch genauso viele Studien, die zeigen, dass Neurofeedback zum Beispiel einer Standardbehandlung oder einer Bobath-Intervention gar nicht überlegen ist.
Also dass es egal ist, ob du Neurofeedback oder Bobath machst. Und dann gibt es noch weitere Studien, die zeigen, Neurofeedback hat keinen Einfluss auf die Armfunktion.
Ja, also früher gemischtes Ergebnis. Wir können jetzt anhand der Studiengänge nie sagen, was wir damit machen, und entsprechend sagt auch die Leitlinie auf Basis der vorliegenden Evidenz können sie keine Empfehlung aussprechen. Das ist einfach noch nicht genug oder noch nicht aussagekräftige Studien dazu gemacht worden.

Das war diese Leitlinie. Dann gibt es noch die S2e-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Aufmerksamkeitsstörungen nach neurologischen Erkrankungen im Erwachsenenalter.
Die sagt genau dasselbe, die sagt: Es gibt für diesen Bereich, für Aufmerksamkeitsstörung bei Erwachsenen wegen neurologischen Erkrankungen, noch nicht genug Studien, um sagen zu können, ob Neurofeedback empfohlen werden sollte.
Können wir keine Aussage treffen.
Gleiche Aussage in der S3-Leitlinie Müdigkeit. Da war die Fragestellung, ob Neurofeedback eine Auswirkung auf tumorbedingte Fatigue hat, also Fatigue bei Krebserkrankungen.
Und auch da sagen sie, es ist unklar. Aufgrund der Studienlage können wir nicht eindeutig sagen, ob das was bringt.
Ähnliches Ergebnis bei der S3-Leitlinie Diagnostik und Behandlung von Zwangsstörungen im Kindes- und Jugendalter. Da sagen sie, da ist das Problem, es gibt Studien,
die zeigen, dass Neurofeedback bei Zwangsstörungen einen Effekt haben könnte. Aber diese Studien wurden alle mit Erwachsenen durchgeführt und wir wissen nicht, wie sich das auf Kinder und Jugendliche übertragen lässt. Überhaupt, und deshalb können wir auch hier keine klare Empfehlung treffen.

00:18:43 Sarah Bühler:
Haben die den Wirkmechanismus genannt?

00:18:46 Sara Mohr:
Nee.
Haben sich dann die Studienlage angeguckt in der Leitlinie? Ja, mhm.

00:18:47 Sarah Bühler:
Okay.

00:18:53 Sara Mohr:
So, dann müssen wir ein bisschen tiefer reingehen in die S3-Leitlinie Autismus-Spektrum-Störung. Die gibt es in zwei Teilen, wir gucken uns den Teil 2 zur Therapie an.
Da wird nämlich relativ an mehreren Stellen auf Neurofeedback eingegangen, und zwar einmal steht da sehr deutlich drin: Für komorbide Sprachentwicklungsverzögerung, also wenn eine Person zusätzlich zu Autismus-Spektrum-Störung noch eine Sprachentwicklungsverzögerung hat, dann soll Neurofeedback nicht angewendet werden, weil es gut gemachte, aussagekräftige Studien gibt, die zeigen, dass es negative Effekte auf die Sprachentwicklung haben kann bei dieser Klientel.
Fand ich ganz spannend.

00:19:38 Sarah Bühler:
Ja, ja, ja, ich überleg auch. Also, weil das ja auch eine Klientel ist, also so wie ich es kenne, muss man beim Neurofeedback relativ ruhig sitzen…. Also wenig Muskelbewegung, weil das halt, weil sich das beeinflusst, dass ja auch so im Gesicht zwinkern oder sowas.

00:19:49 Sara Mohr:
Ja.

00:19:54 Sarah Bühler:
Schwierig, schwierig, teilweise. Oder kann das Ergebnis halt beeinflussen und das muss das Klientel ja auch leisten können. Ja, das sind das ja auch.

00:20:02 Sara Mohr:
Das ist, glaube ich, sowieso die Frage. Ja, ja, das…
Ist der eine Punkt, in dem die Leitlinie Autismus-Spektrum-Störung darauf eingeht, dann geht sie noch beim Thema soziale Interaktion und Kommunikation drauf ein. Also das ist das Kapitel Soziale Interaktion, Kommunikation, die gucken, welche Behandlungsverfahren können wir empfehlen, und sie sagen:
Biofeedback – und ich lese diesen ganzen Satz vor, weil der so schön ist – sie sagen: Weitere Verfahren wie tierbasierte Therapie, Musiktherapie, Biofeedback, Nahrungsergänzungsmittel oder Diäten werden in Deutschland häufig eingesetzt,
obwohl sie nachgewiesenermaßen keinen Effekt auf die Verbesserung der sozialen Interaktion und Kommunikation bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung zeigen.
So die Leitlinie.
Ich wüsste auch nicht, wie ich mir jetzt aus Biofeedback eine Verbesserung der sozialen Interaktion ableiten sollte, ehrlich gesagt.
Also…
Ja, das sei dahingestellt.
Dritter und letzter Punkt, in dem diese Leitlinie auf Neurofeedback bzw. Biofeedback eingeht, ist bei kognitiven Fähigkeiten, also Steigerung der kognitiven Fähigkeiten, und da sagen sie: Es gibt momentan keine, sie kennen gar keine Verfahren, weder biologische noch alternative, noch Biofeedback, noch Neurofeedback, die die kognitiven Fähigkeiten eindeutig verbessern – nachgewiesenermaßen. Also sollen solche Verfahren wie zum Beispiel Biofeedback nicht eingesetzt werden, um die kognitiven Fertigkeiten bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung zu verbessern. Das ist das, was die Autismus-Leitlinie sagt.

00:20:02 Sara Mohr:
Das ist, glaube ich, sowieso die Frage. Ja, ja, das…
Ist der eine Punkt, in dem die Leitlinie Autismus-Spektrum-Störung darauf eingeht, dann geht sie noch beim Thema soziale Interaktion und Kommunikation drauf ein. Also das ist das Kapitel Soziale Interaktion, Kommunikation, die gucken, welche Behandlungsverfahren können wir empfehlen, und sie sagen:
Biofeedback – und ich lese diesen ganzen Satz vor, weil der so schön ist – sie sagen: Weitere Verfahren wie tierbasierte Therapie, Musiktherapie, Biofeedback, Nahrungsergänzungsmittel oder Diäten werden in Deutschland häufig eingesetzt,
obwohl sie nachgewiesenermaßen keinen Effekt auf die Verbesserung der sozialen Interaktion und Kommunikation bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung zeigen.
So die Leitlinie.
Ich wüsste auch nicht, wie ich mir jetzt aus Biofeedback eine Verbesserung der sozialen Interaktion ableiten sollte, ehrlich gesagt.
Also…
Ja, das sei dahingestellt.
Dritter und letzter Punkt, in dem diese Leitlinie auf Neurofeedback bzw. Biofeedback eingeht, ist bei kognitiven Fähigkeiten, also Steigerung der kognitiven Fähigkeiten, und da sagen sie:
Es gibt momentan keine, sie kennen gar keine Verfahren, weder biologische noch alternative, noch Biofeedback, noch Neurofeedback, die die kognitiven Fähigkeiten eindeutig verbessern – nachgewiesenermaßen. Also sollen solche Verfahren wie zum Beispiel Biofeedback nicht eingesetzt werden, um die kognitiven Fertigkeiten bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung zu verbessern.
Sagt die Leitlinie. Das ist das, was die Autismus-Leitlinie sagt und dann kommen wir zur Leitlinie, die eigentlich schon abgelaufen ist, weil sie ist von 2017, sie wird gerade überarbeitet, die S3-Leitlinie ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Ich bin sehr gespannt übrigens auf diese Überarbeitung, wenn die neue Leitlinie rauskommt, machen wir da eine Folge zu.

00:22:05 Sarah Bühler:
Auf jeden Fall, ja.

00:22:05 Sara Mohr:
Hab ich voll Bock drauf.
Die haben ein eigenes Unterkapitel. Das heißt: Wann kann Neurofeedback als Behandlungsoption bei ADHS eingesetzt werden? Und da steht drin, nach so einem Standardtrainingsprotokoll – ich bin da nicht so tief eingestiegen, welches Protokoll jetzt exakt, aber das ist benannt in dieser Leitlinie – kann im Rahmen eines Behandlungsplans der ADHS bei Kindern älter als 6 Jahren, also ab 6 Jahren,
kann es ergänzend eingesetzt werden.
Ergänzend.

00:22:38 Sarah Bühler:
Genau, und das ist so. Ja, das ist also, weil es einfach von der Handhabung her – also ich kenne ja nur die Geräte, mit denen ich gearbeitet habe – aber bis du angestöpselt hast, abgestöpselt hast, bis das Training erfolgt ist, bis du noch mal kalibriert hast und so weiter und so fort…

00:22:40 Sara Mohr:
Ja.
Das ist schon zeitaufwendig.

00:22:54 Sarah Bühler:
Ist schon 20 Minuten rum. Also wenn du gut bist, 35 vielleicht, je nachdem, was für ein Programm du machst. Ist halt immer schwierig, ne, dann muss es halt am Anfang oder sollte es halt laut meines Wissens recht hochfrequent eingesetzt werden.
Dann bleibt halt für alles andere wenig Zeit oder wenig Raum.

00:23:10 Sara Mohr:
Ja.
Zur Frequenz haben sie jetzt hier in der Leitlinie gar keine Aussage getroffen, was sie gesagt haben. Gesagt: Okay, wenn ihr Neurofeedback macht bei ADHS, dann sind drei Punkte wichtig. Erstens diese Protokolle, die da nachgewiesenermaßen funktionieren, das ist jetzt hier – ich habe es hier jetzt gefunden in meinem Skript – Theta-Beta-Ratio über frontozentraler Region,
der Sensorimotor-Rhythmus über dem Motorkortex oder die langsamen kortikalen Potenziale über der Scheitelregion. Also ja, es gibt Protokolle, die da in Studien wohl gezeigt haben, dass sie deutlich besser wirken bei ADHS als andere Protokolle. Das ist ein Punkt, der wichtig ist. Und der andere Punkt, der wichtig ist: Es soll ausreichend lange trainiert werden, und die sprechen hier von mindestens 25 bis 30 Sitzungen… Wobei, und ich zitiere wieder: regelmäßig mit Kind und Eltern gemeinsam
überprüft werden soll, ob die Fortsetzung der Behandlung gerechtfertigt ist. Und die Fortsetzung der Behandlung ist nur gerechtfertigt, steht hier, wenn man eine beginnende Wirksamkeit sieht. Wir können also nicht 30 Behandlungen machen und sagen, na ja, es kann ja noch nicht wirken, wir haben noch nicht 30 Behandlungen gemacht, sondern innerhalb dieser 30 Behandlungen muss man sehen, dass sich was verändert, um zu rechtfertigen, dass man diese 30 Behandlungen macht.

00:24:34 Sarah Bühler:
Genau, das spuckt dir ja das Gerät aus. Du siehst ja dann, wie sich Alpha und Beta und – ja, ja, das sind ja so Linien – und dann siehst du, ob die auseinandergehen oder weniger auseinander.

00:24:37 Sara Mohr:
Kriegt man so eine Auswertung?
Ja, ja, und der dritte Punkt
ist, worauf sollte man achten bei Neurofeedback bei ADHS, dass man neben dem Neurofeedback den Klientinnen Prinzipien der Lerntheorie und Transferübungen vermittelt, um das Erlernte im Alltag zu verankern. Und über diesen Punkt möchte ich gerne
später noch mal sprechen.
Weil ich hab da so… Nein, steht nur drin: Prinzipien der Lerntheorie und Transferübung zum Übertragen des Erlernten in den Alltag muss stattfinden.
Das
hat einen starken Empfehlungsgrad.
Und was sie dann anders sagen: Sie sagen, okay, Neurofeedback ist eine Intervention – und das ist vielleicht ein interessantes – Neurofeedback kommt aus der Psychotherapie, das ist eine verhaltenstherapeutische Intervention auf verhaltenstherapeutischer Basis, die nicht für Ergos entwickelt wurde, sondern für Psychotherapeutinnen eigentlich mal entwickelt wurde, und sie sagen, okay, Neurofeedback ist eine Intervention auf verhaltenstherapeutischer Basis, und deshalb sollten die Therapeut*innen, die das
führen, auch wirklich fundierte Kenntnisse haben, eine gute Fortbildung haben und auch eine verhaltenstherapeutische Qualifikation.
So viel zu den Leitlinien.
In anderen Leitlinien kam das jetzt als Schlagwort auch nicht vor. Das waren jetzt die einzigen Leitlinien, wo Neurofeedback erwähnt wurde. Für Biofeedback weiß ich es nicht, ich habe jetzt auf Neurofeedback fokussiert.

So, jetzt kommen wir. Ich hab zwei Studien mitgebracht, weil die erste Studie, die ich dabei hab, hat nix mit Ergotherapie zu tun. Aber ich fand die noch mal gut als so Wissensübersicht, und dann gucken wir uns was Therapeutischeres an. Die erste Studie, die ich mitgebracht hab, ist ein systematischer Review und eine Metaanalyse, und sie heißt „Neurofeedback for Attention Deficit Hyperactivity Disorder“.
Also Neurofeedback für ADHS, ein systematischer Review und eine Metaanalyse, ist von 2025, aus diesem Jahr.
Ganz frisch geschlüpft.
Systematischer Review heißt, es wurden gezielt Studien zum Thema Neurofeedback bei ADHS gesucht. Diese Studien wurden kritisch bewertet, ob die auch eine gute Qualität haben.
Und dann, und das ist der Metaanalysen-Teil, wurden die Ergebnisse der inkludierten Studien noch mal statistisch zusammengefasst. So eine Metaanalyse kann ich nur machen, wenn die Studien ähnlich genug sind, sodass ich die Ergebnisse quasi noch mal miteinander verrechnen kann.
Eine Metaanalyse ist deshalb, das ist schon echt die Crème de la Crème der Forschungsmethodik, weil ich dadurch deutlich belastbarere Aussagen liefern kann als die Einzelstudien.
Wenn ich zum Beispiel eine Studie mit zehn Teilnehmenden hab, dann sind die Ergebnisse jetzt nicht so aussagekräftig bei zehn Teilnehmenden, bei einer quantitativen Studie. Wenn ich aber 100 Studien zusammenfasse, die jeweils zehn Teilnehmende hatten, komme ich halt insgesamt auf 1000 Teilnehmende und erhalte viel belastbarere Ergebnisse.

00:27:35 Sarah Bühler:

Jetzt bin ich gespannt.

00:27:53 Sara Mohr:

Als die Einzelstudie.
Für dieses Systematic Review und Metaanalyse, die wir uns jetzt angucken, wurden 53 RCTs inkludiert.
Also 53 randomisiert kontrollierte Studien mit insgesamt dann 2472 Teilnehmenden, also knapp 2500 Teilnehmende im Alter von 5 bis 40 Jahren, also Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Diese Studien, diese 53 Studien, waren alle peer-reviewed.
Und alle Teilnehmenden in diesen Studien hatten offiziell die Diagnose ADHS.
Und weil es RCTs waren, gab es immer eine Interventionsgruppe, das war immer die Gruppe, die Neurofeedback erhalten hat, und es gab immer eine Kontrollgruppe, die unterschiedliche Vergleichsinterventionen erhalten haben.

00:28:46 Sarah Bühler:

Wie war das? Die haben also… Man musste die Diagnose ADHS haben und durfte keine andere haben, weil häufig ist das ja so, dass man komorbid noch was anderes hat.
Weil da würde mich interessieren, wie die mit Depressionen, weil die ja auch die Hirnaktivität teilweise verändern, oder Ängste, da ja schon auch im Gehirn Sachen anders ablaufen.

00:29:06 Sara Mohr:

Ja, warte. Ich kann da noch mal gucken, in die… Da muss ich in die Studiennummer reingucken, hab ich mir nicht rausgeschrieben, was die für Komorbiditäten oft haben. Die grundlegenden Studien schließen oft schon schwere Komorbiditäten sowieso aus, also wenn jemand noch gerade eine schwere psychische Störung dazu hat oder so, dann wird das oft ausgeschlossen, aber…

00:29:27 Sarah Bühler:
Also ADHS kommt ja selten allein.

00:29:31 Sara Mohr:
Ja, ADHS ist ganz selten allein, soweit ich weiß. Ich muss mich anmelden, um diese Studie nicht kostenpflichtig zu lesen. So, jetzt gucken wir mal.
Machen sie tatsächlich in der Übersichtsarbeit keine konkreten Angaben zu. Das heißt, dann müsste man in die Einzelstudien reingucken, was die inkludiert oder exkludiert haben.
Also in 3 von diesen 53 Studien, die haben ausschließlich erwachsene Teilnehmende genommen, und die restlichen hatten Kinder oder es war eine gemischte Population.
Von diesen 53 Studien sagen jetzt die Autorinnen hier, also 42 davon zeigen schon ein hohes Risiko für Bias, also ein hohes Risiko, dass die Studienergebnisse verzerrt wurden, so ein bisschen in die eine oder andere Richtung.
Das lag meistens daran, dass die Teilnehmenden und/oder diejenigen, die die Assessments durchgeführt haben, nicht richtig verblindet waren.
Also die wussten, ob das Kind, das sie gerade beurteilen, in der Interventionsgruppe oder in der Kontrollgruppe war, ob das wirklich Neurofeedback bekommen hat oder eine andere Intervention.
Das geben die Autor*innen als einschränkenden Faktor mit an.
Die haben in der Metaanalyse, als sie die Ergebnisse verrechnet haben, aber das so ein bisschen gewichtet. Also sie haben gesagt, wir haben schon vor allem die Ergebnisse der Studien einbezogen, bei denen man davon ausgehen konnte, dass die gut gemacht waren und dass die eine ausreichende Verblindung hatten.
Und was kam jetzt raus?
Bei den Studien, bei denen diese Verblindung nicht richtig durchgeführt wurde, sieht man keinen Unterschied zwischen Neurofeedback und anderen Interventionen.
Wenn man sich, wenn man sich nach dem Gesichtspunkt anschaut, wenn man sich anschaut, welche Protokolle für das Neurofeedback benutzt wurden – die Studien haben unterschiedliche Protokolle eingesetzt – dann kann man sehen, dass Studien, die standardisierte Protokolle benutzen, die haben ein bisschen bessere Ergebnisse gezeigt im Hinblick auf die Reduktion der ADHS-Symptomatik,
im Vergleich zu Studien, die halt nicht standardisierte Protokolle, irgendwelche, die sie sich extra für die Studie ausgedacht haben oder die noch nicht erforscht waren oder so.
Also da sieht man so ein bisschen, für das, was auch in der Leitlinie drin steht – und wie gesagt, diese Studie kam lange nach der Leitlinie raus, aber es steht ja auch schon in der Leitlinie, dass standardisierte Protokolle empfohlen werden, wenn man denn Neurofeedback macht – und das sagt jetzt auch diese Metaanalyse: Wenn du es machst, dann mit einem standardisierten Protokoll.
Der Unterschied ist aber wirklich nur sehr gering und die Forschenden sagen, das spielt ja auch selber, es ist ein bisschen unklar, ob das jetzt nur ein Unterschied ist, den wir hier in der Studie sehen, der im echten Leben aber wahrscheinlich…
Nicht, wissen wir nicht, ob der da wirklich einen Unterschied macht.
Was man gesehen hat, war – und was man ganz klar gesehen hat, war – dass in den Studien, in denen Neurofeedback mit medikamentöser Behandlung verglichen wurde, das heißt, es gab ein paar Studien, in denen eine Gruppe Neurofeedback bekommen hat und die andere Gruppe hat Methylphenidat bekommen,
dass die Medikamentengruppe nur deutlich signifikante Verbesserungen in allen Bereichen der ADHS-Symptomatik zeigt im Vergleich zum Neurofeedback.
Also die medikamentöse Behandlung ist Neurofeedback haushoch, keine Chance, haushoch überlegen.
Sagen die sehr deutlich in der Studie. Das ist gar keine Diskussion, wir wollen ja gar nicht diskutieren, das ist komplett obvious. Nur falls sich da jemand diese Frage gestellt hat, das ist mal was sehr klar beantwortet.
Haben kann in dieser Studie.
Dann gab es Studien, die haben Neurofeedback verglichen mit Bewegung und Neurofeedback verglichen mit kognitivem Training.
Und da sieht man keinen Unterschied. Es macht also keinen Unterschied, ob die Kinder einen bewegungsreicheren Alltag haben oder Neurofeedback bekommen, auf die ADHS-Symptomatik laut dieser Metaanalyse, diesem systematischen Review.
Was schlussfolgern jetzt die Forschenden? Sie sagen, auch nach jahrzehntelanger Forschung – und es wird lange schon an Neurofeedback und Biofeedback geforscht –
können wir in dieser Metaanalyse, die ja wirklich viele Studien inkludiert hat, keine deutliche Evidenz sehen für die Behandlung von ADHS durch Neurofeedback.
Es scheint mini, vielleicht ein bisschen in ganz bestimmten Fällen eventuell ein bisschen was zu bringen auf dem Papier. Wir wissen nicht, ob im echten Leben.
Aber wir können nicht sagen, dass es irgendeinem anderen Behandlungsverfahren überlegen wäre.
Das sagt jetzt die Metaanalyse von diesem Jahr.
Du hast da Gedanken zu, Sarah, ich seh dir das an.

00:34:41 Sarah Bühler:
Also ich weiß nicht, ob jedes Neurofeedback-Training das so abläuft, wie das in der Praxis, in der ich gearbeitet hab. Aber ich finde, was man als Faktor vielleicht auch nicht unterschätzen darf, dass man mit den Kindern dann während des Neurofeedbacks wirklich sehr gezielt übt, ruhig zu sitzen.
Oder?
Etwas zu tun ohne viel Bewegung.

00:35:02 Sara Mohr:
Ja.

00:35:04 Sarah Bühler:
So, und wenn man das zwei- bis dreimal die Woche sehr konsequent übt, weiß ich auch nicht, wie viel Einfluss das eventuell hat.

00:35:11 Sara Mohr:
Ist ja fast so, als wenn man das, was man übt, dann tatsächlich auch kann.
Ich glaube, also, ich hab mir auch dann so die Frage gestellt, na ja, aber warum, warum wird es denn so viel gemacht?

00:35:24 Sarah Bühler:
Und ich hab mich mal gefragt, ob man mal was gefunden hat, um ein Placebo rauszurechnen, weil wenn du irgendwo zwei- bis dreimal die Woche dann hinfährst, sehr intensiv, ob auch das einen Einfluss hat, wie es einfach wahrgenommen wird, weil man gerade so viel Effort reinsteckt.

00:35:38 Sara Mohr:
Ja, total.

00:35:41 Sarah Bühler:
Dann, genau, also da, wo ich gearbeitet habe, wurde es auch so gemacht, dass die Eltern während des Neurofeedbacks dabei waren. Also die haben zugeguckt und dann ja auch gesehen, wie sich bestimmte Dinge bewegen oder auf dem Bildschirm, was für eine Rückmeldung da kommt. So, und jetzt glaube…

00:35:54 Sara Mohr:
…ich an dem Punkt, wenn wir jetzt reden über speziell Neurofeedback bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS in der Ergotherapie, das ist das Setting, über das wir jetzt reden, weil da kennen wir uns jetzt so ein bisschen aus, ne.
Da ist es, glaube ich, also Neurofeedback ist ja keine Ergotherapie.
Ich glaube aber, wenn man das kombiniert, das ist jetzt meine persönliche Aussage, dann hat das Potenzial, weil was ich ja, also ich habe noch nie Neurofeedback selber als Trainierende jetzt irgendwie durchgeführt, ne, aber man kriegt ja diese, wie heißt das, Elektroden an den…
Und dann sieht man auf dem Bildschirm, und ich, ich habe tatsächlich, tatsächlich habe mir ein paar Videos angeguckt.
Und da war auch so ein Spiel mit so einem Flugzeug fliegen, ne, und…

00:36:38 Sarah Bühler:
Genau.

00:36:39 Sara Mohr:
Und kannst du kurz erklären, wie das geht mit dem Flugzeug?
Was müssen die Kinder machen?

00:36:45 Sarah Bühler:
Also ich bin da so tief nicht im Thema, aber also prinzipiell gibt es ein Dreieck, auf das praktisch konditioniert wird, so wie ich das verstanden hatte. Also es gibt ein Signal, entweder nach oben oder nach unten, und entweder sollst du dein Gehirn aktivieren oder, ja, ruhig werden und entspannen. Es wäre in dem Fall das Dreieck nach unten, und eben dieses Flugzeug gibt dir eben das Feedback, bist du über der Mittellinie oder unter der Mittellinie.

00:37:15 Sara Mohr:
Hat auf dem Bildschirm so eine Mittellinie, und das Flugzeug fliegt, und wenn der Pfeil nach oben zeigt, dann muss ich mich irgendwie aktivieren, dann fliegt das Flugzeug…

00:37:21 Sarah Bühler:
Genau.
Auch genau, aber aktiv, also dein Gehirn.
Denke ich. Also es geht dann um diese Wellenlänge, also…

00:37:28 Sara Mohr:
Ja, ja.

00:37:30 Sarah Bühler:
Du kannst dich nicht über Muskelspannung aktivieren. Genau, das würde nicht passieren. Genau, beziehungsweise über Muskelspannung geht es auch teilweise…

00:37:33 Sara Mohr:
Weil die wird ja nicht gemessen. Es wird ja nicht die Muskelspannung gemessen.

00:37:43 Sarah Bühler:
Also du musst die Kinder dann, also ich finde, man muss die Kinder schon im Blick behalten, weil zum Beispiel über Knirschen oder so, Zähneknirschen oder so, kriegst du es nach oben.

00:37:51 Sara Mohr:
Geht bei mir auch die Anspannung hoch.

00:37:54 Sarah Bühler:
Und das ist genau, und dann musst du halt die Kinder sehr genau beobachten und da halt auch ein Feedback geben denen.

00:37:59 Sara Mohr:
Und sage ich aber den Kindern, was sie machen müssen, dann sage ich einfach, guck mal, hier ist ein Spiel, spiel mal, und das ist so Trial and Error? Wie leite ich das denn ein?
Ich muss ja schon irgendwie erklären, was kann ich jetzt mit deinem Gehirn steuern und oder so.

00:38:12 Sarah Bühler:
Genau, es wird schon prinzipiell erst mal erklärt, worum es geht, und dann heißt es aber auch, dass das Gehirn das auch von, also dass das über die Rückmeldung lernt.
Und weil du kriegst ja dann auch immer noch mal eine Rückmeldung. Wie war jetzt gerade dieser Pfeil, lief das gut oder lief das…

00:38:30 Sara Mohr:
Die, die, ah, da kommt auf dem Bildschirm irgendwie ein Smiley oder was? Okay, danke, okay.

00:38:35 Sarah Bühler:
Ein Smiley oder so, genau.
Oder es gibt auch Rückmeldungen, da hast du so einen Balken, und du siehst halt, der Balken wird grün oder rot oder so und…

00:38:48 Sara Mohr:
Sehr spannend, weil wenn wir noch mal an den Punkt aus der Leitlinie zurückdenken, wo es um den Alltagstransfer ging von Strategien, hatte ich da so ein paar Fragezeichen und deshalb habe ich mir dazu noch mal eine Studie rausgesucht, und ihr wisst, wenn wir die ganze Zeit über quantitative Studien reden, dann habe ich ein starkes Bedürfnis nach einer qualitativen Studie, und ich habe meiner Meinung nach eine sehr schöne qualitative Studie mitgebracht, die ist schon ein bisschen älter, von 2020.
Aber ich fand sie sehr schön und ich möchte sie mit euch teilen. Sie heißt „Neurofeedback in ADHD: A qualitative study of strategy use in slow cortical potential training“, also Neurofeedback bei ADHS, eine qualitative Studie zu diesem Slow Cortical Potential Training, das ist wieder ein bestimmtes Protokoll, das da angewendet wird, so wie es auch in der Leitlinie tatsächlich empfohlen wird, haben die…

00:39:53 Sarah Bühler:
Direkt im Anschluss.

00:39:54 Sara Mohr:
Genau, direkt im Anschluss. Die haben diese Neurofeedback-Einheit gemacht und direkt danach wurden die interviewt, und zwar alle fünf Therapieeinheiten wurde so ein Interview geführt. Die Kinder haben an der größeren Neurofeedback-Studie teilgenommen, wo das auch noch anderweitig ausgewertet wurde, aber zusätzlich wurden eben diese Interviews geführt. Die Kinder haben fünf Wochen lang eine Stunde täglich, fünf Tage die Woche, Neurofeedback gemacht. Das ist echt heavy, ne.
Und dann hatten die nach sechs Monaten noch mal eine Booster-Session und auch nach dieser Booster-Session hat noch mal ein Interview stattgefunden.
Also schon diese Interviews gemacht mit den 30 Teilnehmenden.
Und zusätzlich haben die Leute, die die Interviews und die Therapie, also die Leute, die die Therapien gemacht haben mit den Kindern, haben auch die Interviews geführt, und die haben die Compliance bewertet, also wie motiviert haben die Kinder mitgemacht bei der Neurofeedback-Therapie, gab es irgendwie Probleme oder hat das gut geklappt.
Die Teilnehmenden waren alles Kinder und Jugendliche zwischen 9 und 17 Jahren. Die hatten alle eine gesicherte ADHS-Diagnose und da wurden jetzt tatsächlich schwerwiegende komorbide Störungen ausgeschlossen.
Neun weibliche Teilnehmende und 21 männliche, also deutliches Übergewicht bei den männlichen Teilnehmenden.
Und deren Neurofeedback-Training war genau diese Flugzeugaufgabe, die wir gerade erklärt haben. Also die mussten dieses Flugzeug, je nachdem, was das Dreieck angezeigt hat, nach oben oder nach unten fliegen lassen.
Die haben diese Interviews geführt und dann haben die diese Interviews ausgewertet. In diesen Interviews ging es darum, welche Strategien nutzt du denn, um dieses Flugzeug nach oben oder nach unten fliegen zu lassen, und haben da natürlich auch, weil sie die Kinder mehrmals interviewt haben, beobachten können, wie entwickeln und verändern sich vielleicht auch die Strategien im Laufe des Neurofeedback-Trainings und wie ist die Compliance.
Die Analyse ergab, die Kids nutzen 16 verschiedene Strategien, die sich so in vier Themenbereiche einteilen lassen. Und die gucken wir uns jetzt mal an.
Es gibt einmal kognitive Strategien.
Dazu gehören zum Beispiel bestimmte Konzentrationsstrategien. Das, was ich ja eigentlich möchte.
Und die Kinder und Jugendlichen beschreiben, dass sie ihre Konzentration entweder auf einen ganz bestimmten Punkt fokussieren, oder sie versuchen, ihre Konzentration so ganz, sie sagen das, „weit werden zu lassen“, weich werden, sich auf mehrere Sachen zu konzentrieren.

00:42:34 Sarah Bühler:
Aber manche haben zu mir gesagt, sie probieren, eine Matheaufgabe zu lösen.

00:42:37 Sara Mohr:
Ah ja, das ist schlau. Das ist auch so eine kognitive Strategie. Ich hab immer ein paar O-Töne mitgebracht, weil in so qualitativen Studien gibt es ja immer Zitate aus den Interviews und hier ist jetzt, um so eine Konzentrationsstrategie zu erklären, sagt ein dreizehnjähriger Junge:
„Es ist total schwer zu erklären, aber wenn ich an mehrere Dinge gleichzeitig denke, wenn ich versuche, an so viele Sachen gleichzeitig zu denken wie nur geht, dann geht das Flugzeug nach oben.“
Das war so die Strategie, die hat er für sich gefunden.
Weitere kognitive Strategie ist das Generieren von internen Phänomenen.
Das klingt sehr abstrakt, aber die Kinder und Jugendlichen nutzen innere Bilder oder auch inneres Sprechen, um das Flugzeug zu steuern.
Ein siebzehnjähriger Junge sagt: „Ich habe mir verschiedene Landschaften vorgestellt, und wenn das Flugzeug nach oben fliegen sollte, hab ich zum Beispiel an eine Vulkaninsel gedacht mit Lava überall, und es war gefährlich und heiß, und das Flugzeug durfte dann nicht in die Lava reincrashen, und deshalb musste das nach oben fliegen.“

00:43:36 Sarah Bühler:
Ich kann ja auch gut mit so Bildern, also was?

00:43:37 Sara Mohr:
Kannst du auch, ja.
Aber hast du auch so Landschaftsbilder?

00:43:44 Sarah Bühler:
Ja, Bilder, zu denen man persönlichen Bezug hat.

00:43:45 Sara Mohr:
Ja, voll cool, dass das so passt, sehr witzig.
Andere kognitive Strategie ist der Gedächtnisabruf, das geht jetzt vielleicht auch so ein bisschen in die Richtung, was du meinst. Sie sagen, sie erinnern sich an bestimmte Situationen, die ihnen dann helfen, das Flugzeug nach oben oder unten zu steuern.
Also der siebzehnjährige Junge sagt wieder: „Ich hab gemerkt, dass es nach unten geht, wenn ich über ganz alte Erinnerungen nachdenke. Dann fliegt das Flugzeug nach unten.“
Eine sehr süße Strategie ist Motivation. Die Teilnehmenden haben sich selber motiviert, indem sie sich selber Mut zugesprochen haben.
Also ein sechzehnjähriges Mädchen sagt: „Wenn es nach oben fliegen soll, dann denke ich Sachen wie: Komm schon, du schaffst es! Und dann fliegt es nach oben.“
Finde ich eine sehr schöne Strategie. Wir dürfen alle öfter im Alltag denken: Komm schon, du schaffst es!
Gedankenvermeidung war eine weitere kognitive Strategie. Also ein sechzehnjähriges Mädchen sagt zum Beispiel: „Wenn es nach unten gehen soll, dann versuche ich, an gar nichts zu denken. Ich stell mir vor, ich bin in einem leeren dunklen Raum und da ist nichts, und dann fliegt das Flugzeug nach unten.“
Als letzte kognitive Strategie die Wachheit, also die Teilnehmenden versuchen, entweder schläfriger zu werden, wenn das sozusagen da unten liegen soll, oder eben wacher zu werden, wenn es nach oben gehen soll.
Und ein neunjähriger Junge sagt: „Wenn es nach unten fliegen soll, dann muss ich ein bisschen müde werden.“
Das sind die kognitiven Strategien.

00:47:21 Sarah Bühler:
Und ein Mädchen hat erzählt, dass sie die Zunge in ihrem Mund zur Seite bewegt und dann fliegt das Flugzeug in eine bestimmte Richtung.
Genau. Also da verstehe ich die Technik zu wenig, wie sich die Muskelspannung auf die Messung auswirkt.
Weil dann ist ja auch was. Dann ist ja auch, wenn ich eine eher starke Emotion habe, ist ja auch so, dass sich der generell verändert.
Also ich finde es total schwer, das so aufzudröseln, ja, fassen.

00:47:46 Sara Mohr:
Also das waren jetzt die drei großen Gruppen: kognitive Strategien, Strategien zur Emotionsregulation und diese physiologischen Strategien. Und dann gab es halt, es gibt ja immer noch diese vierte Gruppe: sonstige.
Und die ist hier aber besonders spannend. Die haben die genannt unspezifische Strategien, und das sind vier Bereiche, die, glaube ich, sehr wichtig sind zu kennen und zu wissen, dass Kinder und Jugendliche die einsetzen, wenn man die Therapie nicht richtig aufzieht.
Eine Strategie, die die Kinder und Jugendlichen genutzt haben, ist Passivität. Sie haben gar keine Strategien eingesetzt, sie haben sich einfach hingesetzt und haben da gesessen.
So ein Junge sagt zum Beispiel, neun Jahre alt: „Ich lass das Flugzeug einfach fliegen, ich konzentrier mich gar nicht viel. So, ich existiere einfach die kommenden 50 Minuten.“
Dann gab es die Strategie des Disengagements.
Die Teilnehmenden zeigten also gar kein Interesse an einer Aufgabe. Ein elfjähriger Junge hat gesagt: „Ich versuche es gar nicht erst.“
Frustrierend teilweise. Du musst mal ausprobieren. Ja, ey, guck mal, die machen, die haben das fünf Wochen lang eine Stunde jeden Tag gemacht, Alter, ich hätte mich auch irgendwann disengaged.

00:48:59 Sarah Bühler:
Und weil, ja, ich fand es einfach auch, ich hab es auch zu kurz gemacht. Also ich glaub, ich hab 20 das so gemacht und reingeguckt, hat sich das verändert, 20 für dich.
Also ich konnt auch, also für mich konnt ich nicht so einen Zusammenhang einfach feststellen, wann es hochgeht, wann es runter geht. So, beim Biofeedback schon, also über die Atmung, find ich, konnte ich beim Biofeedback und so super viel regulieren oder so.

00:49:20 Sara Mohr:
Ja, krass.

00:49:30 Sarah Bühler:
Aber beim Neurofeedback, klar, über die Atmung kann man regulieren, aber ich weiß nicht, ob das das Ziel auch ist…

00:49:41 Sara Mohr:
Weitere unspezifische Strategie war das Experimentieren, also die Kids haben einfach Trial and Error gemacht. Ich probier mal das, ich probier mal die, wechseln aber schnell, die haben nie in diesen fünf Wochen eine Strategie gefunden, die für sie funktioniert hat. Sie haben einfach immer rumprobiert.
Zehnjähriger Junge sagt: „Das ist ja auch immer anders. Ich probier halt viel rum, find aber auch nicht meine Strategie.“
Und als letzte unspezifische Strategie: fehlende Einsicht. Das finde ich ganz spannend. Die Teilnehmenden konnten, und das sind ja hier Kinder zwischen neun und siebzehn Jahren, die konnten gar nicht benennen oder beschreiben, welche Strategie sie anwenden, wie sie das machen, hatten sie gar keine Worte für. Und das finde ich, da glaube ich, auch die sprachlichen Fähigkeiten oder auch, wie kann ich mich denn ausdrücken, weil ich rede da ja über was sehr Abstraktes: Wie ich jetzt mit meinem Gehirn, Entschuldigung, dieses Flugzeug steuere.

00:50:31 Sarah Bühler:
Genau, aber geht nicht auch um eine Konditionierung eben auf, weil du ja immer eine Rückmeldung kriegst, also eine Konditionierung praktisch auf dieses Dreieck, und die Frage ist, musst du es denn verstehen?

00:50:42 Sara Mohr:
Naja, wenn ich einen Transfer will, muss ich es verstehen.

00:50:45 Sarah Bühler:
Wenn ich, ja, außer du gibst das Dreieck mit für die Situation.

00:50:52 Sara Mohr:
Aber auch dann brauch ich, muss ich einen Transfer anbahnen irgendwie, man muss es irgendwie explizit machen dann.

00:50:56 Sarah Bühler:
Natürlich.
Für mich erschließt sich das einfach sehr schwer.

00:51:05 Sara Mohr:
Dann hatten die sich in dieser Studie ja nicht nur diese Interviews angeguckt, sondern auch immer die Compliance noch bewertet, der Kinder und Jugendlichen. Und da zeigte sich, dass diejenigen, die eine hohe Compliance zeigten, die gut mitgemacht haben, und zwar die ganzen fünf Wochen durch, die haben eher dazu tendiert, Strategien der Emotionsregulation zu nutzen und die kognitiven Strategien.
Und die Kinder mit der niedrigen Compliance, die haben eher über die Muskelaktivität, also gezielt anspannen und locker lassen, und die haben aber auch häufiger, sind die irgendwann in diese Passivität und dieses Disengagement gekommen, irgendwann mal irgendwann, ich verstehe nicht, was hier passiert, ich sitze jetzt einfach.

00:51:37 Sarah Bühler:
Genau. Und die Forschenden sagen jetzt, wenn sie sich jetzt so diese Ergebnisse, die Strategien und auch, wie sich die Kinder verhalten haben, so in der Gesamtheit angucken, sagen sie, man kann so drei Profile unterscheiden. Es gibt so die Teilnehmenden, die vor allem sich so für diese kognitiven Strategien entschieden oder die entwickelt haben. Das sind die, die meistens eine gute Compliance haben, auch an den Tagen, an denen sie nicht so motiviert waren, und die finden diese Strategien häufig schon sehr früh und bauen die dann aus im Therapieverlauf und probieren gar nicht so lange rum. Und das ist ja vielleicht dann doch auch ein Punkt, wo man unterstützend sein kann am Anfang, dass man sagt, okay, dass man die Strategie nämlich explizit macht und sagt: Guck mal, so hast du das gemacht und heute hat es super geklappt, merk dir das mal fürs nächste Mal.
Dann gab es noch eine Gruppe Teilnehmende, die haben vor allem Strategien aus diesem physiologischen Bereich genutzt, also Muskeln angespannt oder den Atem verändert, und die haben auch eine gute Compliance gezeigt. Die brauchten aber häufiger externe Motivationsfaktoren, und das ist ja auch wichtig, weil du kannst nicht immer für alles internal motiviert sein. Es ist vollkommen okay, wenn man auch mal external motiviert ist.
Die haben auch kognitive Strategien genutzt, die waren aber oft sehr konkret, also die haben häufig so die, die so ein inneres Sprechen hatten oder sogar laut dann gesprochen haben, gesagt: Dann flieg jetzt nach oben oder, ne, du schaffst das schon. Das war diese zweite Gruppe.
Und die dritte Gruppe Teilnehmende waren eben die, die verschiedenste Strategien ausprobiert haben, ohne so die eine für sich zu finden, wo auch häufig in Interviews deutlich wurde, dass die nicht verstanden haben, worum es geht oder was sie tatsächlich aktiv machen können, um dieses Flugzeug zu beeinflussen. Und die haben natürlich auch relativ schnell eine niedrige Compliance gezeigt und einfach keine Motivation, da jetzt sich auch noch an die Regeln zu halten, auf diesem blöden Stuhl zu sitzen die ganze Zeit.
Und da hab ich ein paar Zitate noch mitgebracht von dieser dritten Gruppe.
Die waren nämlich sehr eindrücklich. Die Kinder haben gesagt: „Ich kann mir schon vorstellen, dass das irgendwann Spaß macht, aber jetzt gerade versteh ich n ******.“
Und dann hat der Interviewer gefragt: Fühlt sich das also gerade so für dich an, dass du n ****** verstehst? Und dann sagt das Kind wieder: „Es macht ein bisschen Spaß, aber ich hab einfach keine Ahnung, was ich da machen soll.“
Und dann fragt der Interviewer: Wie lenkst du denn das Flugzeug nach oben und nach unten? Und dann sagt das Kind: „Keine Ahnung, das passiert.“
Und das ist so bezeichnend für diese dritte Gruppe, die da einfach nicht die Strategie finden, wie sie es tatsächlich beeinflussen können. Und ich fand diese Studie so schön, weil die noch mal zeigt, wie wichtig das ist, auf diese Kinder und Jugendlichen da einzugehen und die eben nicht einfach vor ein Gerät zu setzen und dann wird das schon.
Weil es wird eben nicht einfach schon, es gibt eine gute Gruppe der Kinder, die da sitzen und keinen Plan haben, was da gerade passiert und auch nach 30 Einheiten mit einer Stunde jeden Tag nicht rausgefunden haben, was ihnen das bringen soll.
Und ich glaube, das ist jetzt aber, wie gesagt, aus meiner Perspektive, ich hab es euch ja gesagt, ich habe keine Fortbildung in dem Bereich, aber ich halte es für sehr sinnvoll, dass wir als Ergos den Alltag da so krass im Blick haben, dann muss ich halt zusätzlich zu der Neurofeedback-Therapie halt noch, Entschuldigung, aber wie wäre es mal mit ein bisschen klassischer Ergotherapie, und wir überlegen gemeinsam, wie denn diese tollen Strategien im Alltag ankommen können. So eine ganz absurde Idee von mir.

00:55:21 Sarah Bühler:
Ich fand es immer so schwierig, weil dann so wenig Zeit zum Sprechen bleibt, zum Sprechen, zum…
Genau, also eigentlich brauchst du fast eine Doppeleinheit, aber wer verschreibt denn doppelt psychisch-funktionell?

00:55:32 Sara Mohr:
Ja.
Also Leute, ihr braucht uns jetzt nicht wütend E-Mails zu schreiben, falls ihr Neurofeedback total erfolgreich anwendet, aber ich möchte die Wette mit euch eingehen, dass wenn ihr sagt, wir wenden bei uns in der Praxis Neurofeedback total erfolgreich an, dass ihr das dann macht, weil ihr den Transfer explizit anbahnt, sei es mit den Eltern, sei es mit den Kindern und Jugendlichen, aber in irgendeiner Weise werdet ihr da, um Veränderungen im Alltag zu haben – ist ja noch so eine ganz absurde These von mir – um was im Alltag zu verändern, muss ich auch mit dem Alltag arbeiten.

00:56:08 Sarah Bühler:
Das machen aber, also, oder was heißt, also ich kann nur sagen, wie es da lief, aber du gibst praktisch dieses Dreieck mit, auf das ja dann das Gehirn ein Stück weit konditioniert ist, eben für eine Aktivierung oder eine Entspannung. Und dann kann man vor Klassenarbeiten oder vor Dingen eben über das Dreieck da…

00:56:26 Sara Mohr:
Und das wäre doch jetzt so eine Einbettung, ne? Ich finde am Anfang raus, wo sind die Betätigungsprobleme – ah ja, hier Klassiker, Hausaufgabensituation ist ***** oder bei Klassenarbeiten ist oder immer die fünfte, sechste Stunde wird es halt schwierig in der Schule.
Dann machen wir hier unser Neurofeedback. Und dann gibt es meinetwegen dieses Dreieck und dann muss aber die Lehrerin einbezogen werden, dass die in der fünften Stunde dieses Dreieck mal auf den Tisch legt, oder dann müssen die Personen, die Hausaufgaben mit dem Kind machen, einbezogen werden, dass die wissen, wann brauche ich welches Dreieck, wie und wie leite ich das Kind da an, dass es das auch noch nachmittags hinkriegt, weil das ist ja schon auch anstrengend, oder?
Das ist schon anstrengend.
Und was ist denn mit den Kindern, die gar keine Flugzeuge mögen? Kann man sich wenigstens aussuchen?

00:57:07 Sarah Bühler:
Kannst du einstellen, ja.

00:57:08 Sara Mohr:
Gut, kann man andere Sachen auch noch fliegen.

00:57:11 Sarah Bühler:
Fische, Federn, ja, immerhin verschiedene Optionen.

00:57:18 Sara Mohr:
Also ich kann mir eigentlich sehr gut vorstellen, dass man das in eine betätigungsorientierte Therapie einbetten kann.

00:57:25 Sarah Bühler:
Genau. Ich sehe das mit der Zeit halt alles etwas schwierig dann.

00:57:29 Sara Mohr:
Mit den Rahmenbedingungen. So, ja.

00:57:30 Sarah Bühler:
Mit den Rahmen, genau, die Rahmenbedingungen, wenn es die Blankoverordnung für Kinder gibt.

00:57:34 Sara Mohr:
Das kommt, das kommt ja, das kommt ja dann. Goldene Zeiten kommen auf uns zu.

00:57:41 Sarah Bühler:
Schauen wir mal.

00:57:44 Sara Mohr:
Ich glaube, man konnte es im Mikro jetzt nicht hören, wie tief du geatmet hast gerade.

00:57:51 Sarah Bühler:
Ja, also ich bin ein Blanko-Fan.

00:57:53 Sara Mohr:
Ja, wir sind in diesem Podcast generell Blanko-Verordnungs-Fan. Ich bin aus der Ferne auch geworden.
Ich finde einfach, dass wir mehr Verantwortung tragen dürften.
Gut… Sarah, drei Dos, wenn morgen ein Kind bei dir in der Praxis steht und das hat eine Neurofeedback-Verordnung dabei.

00:58:19 Sarah Bühler:
Gibt ja keine Neurofeedback-Formate drauf.

00:58:20 Sara Mohr:
Es hat, ne, es hat, ne, okay, noch mal so, ich sag den Satz noch mal.

00:58:25 Sarah Bühler:
Was lernst du noch, ey?

00:58:28 Sara Mohr:
Sarah, drei Dos, wenn morgen ein Kind bei dir in der Praxis steht und hat eine Verordnung dabei und die Mutter sagt, der Kinderarzt hat gesagt, wir sollen Neurofeedback machen.

00:58:37 Sarah Bühler:
Mhm, können wir nicht anbieten, weil das Ergebnis war…

00:58:39 Sara Mohr:
Ja, aber jetzt im Spiel.

00:58:42 Sarah Bühler:
Ach so, nein.
Nein, wir müssen, wir müssen an eine andere Praxis verweisen, die da einfach mehr Expertise haben.

00:58:48 Sara Mohr:
Ja, also das ist das erste Do: an Menschen mit Expertise in dem Bereich, weil das sagt doch die Leitlinie ganz klar, das müssen Leute sein, die sich gut auskennen mit dem Thema, ja.

00:58:57 Sarah Bühler:
Also müssen wir abgeben.
Also ich glaub das, genau, oder ein Do ist eben, dass man sich, wenn man ein Gerät anschafft oder so, eins mit diesen standardisierten Protokollen anschafft, dass man halt die Vorgaben, die in der Leitlinie sind, dafür gibt.

01:00:39 Sarah Bühler:
Also ja, ich verstehe so den Hype nicht, weil das hatte eine ganze Zeit lang echt einen Hype und so die Studienlage ist einfach nicht so klar.
Aber irgendwie fasziniert es mich auch und ich würde es gern noch besser verstehen. Ich glaube…

01:00:57 Sara Mohr:
Ja.
Da kann ich, muss ich, ich hab mich arg zurückgehalten bei der Recherche, da hätte man einen Deep Dive machen können, das wär wieder so ein Thema, was du auch auf fünf Folgen ausrollen kannst, ne?
Deshalb, wenn ihr eure Finger schon auf der Tastatur habt und mir eine E-Mail schreiben wollt, schreibt mir doch gerne auch da Infos rein, die ich noch ergänzen soll. Ich erzähl das auch in der nächsten Folge noch weiter, wenn ich jetzt irgendwas inhaltlich falsch dargestellt habe, korrigiert mich gerne.
Ja, ich hab mich bewusst nicht auf die einzelnen Protokolle konzentriert, da kann nur was falsch laufen.
Aber das ist zumindest das, was jetzt in diesen zwei Studien drinsteht, in der Metaanalyse und in dieser qualitativen Studie und in den Leitlinien, das habe ich verstanden.
So weit kann ich gehen.
Wenn ihr da noch Erfahrungen ergänzen möchtet, freuen wir uns, wenn ihr eine E-Mail schreibt an info@ergo-unterwegs.de oder auf Instagram, da heißen wir ergo_unterwegs, könnt ihr uns auch schreiben.
Bleibt gesund. Ihr könnt uns bewerten, übrigens, ihr könnt den Podcast bewerten auf Spotify und bestimmt auch in den anderen Podcatchern, in denen ihr den Podcast hört. Guckt mal, ob man das kann – ich hab das nämlich erst neulich rausgefunden.
Wir haben auch schon Bewertungen.
Okay, macht das doch mal, das freut uns.
Und ihr könnt auch total gerne – das ist jetzt die letzte, letzte kurze Info hier – zwei Dinge auf unserer Webseite tun. Wenn ihr auf ergo-unterwegs.de geht, könnt ihr unter dem Reiter Podcast unter die einzelnen Folgen drunter kommentieren. Also, wenn ihr jetzt zu der Neurofeedback-Folge noch Expertise ergänzen möchtet, macht das doch in einem Kommentar zu einer Folge, dann können nicht nur wir das lesen, sondern auch alle anderen, die sich die Folgen angucken. Das ist, glaube ich, echt hilfreich.
Und wenn ihr dann schon mal auf unserer Homepage seid, dann geht ihr doch einfach mal auf den Reiter Module und dann hab ich noch eine kleine Fortbildungsempfehlung am…
Ja, am 11. und 12. April gibt es eine Fortbildung „Ergotherapeutische Modelle für die Praxis“.
Wir sind ein paar Leute, wir treffen uns online, das wird online stattfinden am Freitagnachmittag und am Samstagvormittag, hoffentlich so ein bisschen arbeitnehmerfreundlich hab ich versucht, das zu planen.
11. und 12. April in wenigen Wochen und wir gucken uns an, wie ergotherapeutische Modelle unseren Praxisalltag leichter machen, schöner machen, und ich werd euch, ich verspreche, ich brat euch keine Theorie über, sondern wir gucken tatsächlich, was macht es mit der Praxis, ohne uns jetzt tief in die Theorie reinzuwühlen.
Ich freu mich total, es haben sich schon einige Leute angemeldet, es sind noch Plätze frei – kommt dazu, es wird schön.
Genau. Und jetzt der Werbeblock wieder vorbei. Gut.

01:03:57 Sarah Bühler:
Gut.

01:03:58 Sara Mohr:
Dann war es mir ein inneres Blumenpflücken.
Wir hören uns in der nächsten Folge wieder.

01:04:14 Sarah Bühler:
Alles klar. Bis dann.

Die Studie in Bildern

Leave a comment

Sign in to post your comment or sign-up if you don't have any account.