# 3 - Wie stehen Heilmittelerbringer*innen zu digitalen Medien und wie könnte deren Einsatz im interdiszplinären Austausch aussehen?
Wie klappt der Austausch zwischen Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie im ambulanten Setting? Und was können digitale Medien dazu beitragen? Anhand einer aktuellen Studie zu dem Thema diskutieren Sarah, Daniel und Sara Rahmenbedingungen, Barrieren und Ressourcen für die Digitalisierung in der Ergotherapie. Wir besprechen, ob die Ergos lieber abwarten und Tee trinken oder die Digitalisierung aktiv mitgestalten
sollten.
Lust auf mehr Evidenz für dein Team?
Sarah und Sarah durften am Empowerment Project von Nadine Scholz-Schwärzler und Sarah Kufner teilnehmen.
Sara weiß jetzt endlich wie die einzelnen Teile eines Reißverschlusses bezeichnet werden.
00:00:14 Intromusik: Evidenz auf die Ohren. Der Podcast für evidenzbasierte Ergotherapie.
00:00:25 Sara Mohr: Herzlich Willkommen bei Evidenz auf die Ohren, Eurem Podcast für Evidenzbasierung in der Ergotherapie.
Daniel Nicht: Hallo!
Sarah Bühler: Hallo!
00:00:35 Sara Mohr: Ihr hört heute ist eine neue Stimme dabei. Ich sitze hier nicht nur mit Sarah, sondern wir haben heute Daniel bei uns.
00:00:43 Daniel Nicht: Ja Hallo, es freut mich sehr.
00:00:46 Sara Mohr: Daniel magst Du dich kurz vorstellen direkt am Anfang mal?
00:00:51 Daniel Nicht: Das kann ich gerne machen, ich bin Daniel, ich arbeite seit 6 Jahren jetzt als Ergotherapeut. Ich habe angefangen, in einer großen psychiatrischen Klinik zu arbeiten und im Gegensatz zu den anderen beiden bin ich jetzt der “Psycho Vertreter” quasi. Und ja, wir haben uns kennengelernt, weil ich auch in Heerlen in der Zuyd mein Studium gemacht habe, und wir haben uns leider hauptsächlich gar nicht so viel gesehen. Und zum Ende des Studiums haben Sara und Sarah und ich irgendwie festgestellt, dass wir uns ganz gut riechen können und dann ist darüber hinaus viel entstanden, und jetzt sitze ich den beiden Damen hier Podcast.
00:01:43 Sara Mohr: Ja, es war eine eigentlich eine sehr dramatische Liebesgeschichte, wie wir zweieinhalb Jahre nebeneinanderher studiert haben, ohne wirklich miteinander zu tun zu haben. Aber am letzten Wochenende haben wir gemerkt der ist ja eigentlich ein ganz cooler Typ, so schade.
00:01:58 Sarah Bühler: Ja, da haben wir auch echt hart diskutiert an dem Wochenende. Ja, doch Daniel und ich haben uns dann kennengelernt übers Diskutieren ich weiß gar nicht mehr was für ein Thema, das war. Ich glaube es ging um Empowerment?
00:02:15 Daniel Nicht: Ah das kann gut sein, ich weiß noch, wir saßen in der Halle vorne in so einem halb abgeschlossenen Bereich und haben da wirklich aufs Schärfste debattiert.
00:02:27 Sarah Bühler: Und dann haben wir festgestellt okay, wir können beide auch gut einstecken. Und in die Tiefe gehen beim Diskutieren, das fand ich eigentlich echt ganz schön, ohne dass sich einer persönlich angegriffen gefühlt hat. Das hat mich nachhaltig beeindruckt.
00:02:45 Sara Mohr: Das trifft sich sehr gut, weil ich glaube, das passt heute ganz gut zu unserem Thema, dass ich euch beide hier habe, nämlich einmal jemanden, der in der ambulanten Ergotherapie arbeitet und einmal jemand der Erfahrung hat, in der Ergotherapie Institution. Aber bevor wir mit unserem Thema starten, habt ihr Geschichten aus eurem Alltag mitgebracht?
00:03:07 Sarah Bühler: Ich hatte eine schöne Begegnung, beziehungsweise wir hatten eine schöne Begegnung, und zwar haben wir teilgenommen an dem Empowerment Projekt, das ins Leben gerufen wurde von der Sarah Kufner und der Nadine Scholz-Schwärzner, und zwar schaffen die den Rahmen zum Netzwerken, in dem man sich 4-mal im Jahr umsonst treffen kann. Man schreibt den 2 einfach eine E-Mail und die laden tolle Referent*innen ein und es wird gemeinsam diskutiert, sich ausgetauscht. Geht darum, Kompetenzen zu erweitern, erwerben und gemeinsam eben vielleicht auch neue oder auch schwierige Wege zu gehen. Ja, mitmachen kann jeder. Praktiker*innen, Lernende, Forschende genau und man kann sich ganz einfach anmelden und ich fand das echt ein cooles Treffen, weil man sich ausgetauscht hat. Das war so eine positive Energie und man hat richtig Lust, danach ein Projekt zu starten.
00:04:01 Sara Mohr: Mhm und die hatten Yara Peterko eingeladen. Die Vorsitzende ist von Ergotherapie Austria. Und die hat erzählt über – eigentlich, wenn man so das Thema sagt, da denkt man so “Boah, super langweilig” – sie hat erzählt über die offiziellen Dokumente vom WFOT und so Positionstatements und Gesundheitsziele der der WHO und das klingt super trocken, aber es war super interessant, weil es einem ganz viele Argumente an die Hand gegeben hat für Gemeinwesenorientierte Ergotherapie.
00:04:35 Sarah Bühler: Ja, und das fand ich auch so schön, weil es doch auch alles irgendwie Praktiker*innen sind. Das es wirklich Dinge sind, die man anwenden kann oder die dann auch ja im Diskurs oder eben austauschen entstanden sind. Wie kann ich das jetzt nutzen? Weil ich kannte es nur so gemeinwesenorientierte Arbeit in der Ergotherapie in Deutschland ist wirklich noch schwierig. Also man hat zwar Ideen, aber die Umsetzung scheitert dann oft und da sich auszutauschen und Wege gemeinsam zu finden und auch jemanden zu haben, der einen immer mal wieder dran erinnert oder man weiß aber in 3 Monaten tauschen wir uns wieder aus, hilft doch dranzubleiben. Und das ist glaube ich auch was was wir alle viel mehr machen sollten: uns vernetzen und uns gegenseitig unterstützen in Projekten.
00:05:25 Sara Mohr: Mhm deshalb mag ich ja auch so das was so ein bisschen aus dem Studiengang entstanden ist, dass wir doch so ein paar Ergos da gefunden haben und wir treffen jetzt zum Beispiel mit Daniel einfach ab und zu, wenn es passt, und dann reden wir halt nerdy über Ergotherapie. Daniel, hast du eine Geschichte aus dem Alltag mitgebracht?
00:05:48 Daniel Nicht: Puh, Moment mein Alltag ist gerade ein bisschen geprägt davon, dass ich beim Sport mir leider den Fuß gebrochen habe. Und ja, deswegen sammel ich gerade sehr viele Erfahrungen was alles so im Alltag nicht klappen kann.
00:06:14 Sara Mohr: Wenn man geh-eingeschränkt ist.
00:06:16 Daniel Nicht: Wenn man geh-eingeschränkt ist, genau. Wenn man Sachen tragen muss, ne also, wie ich mir mein Frühstück mache, ja irgendwie von der Küche meine Sachen dann ins Wohnzimmer bekommen mit 2 Unterarm-Gehhilfen.
00:06:30 Sara Mohr: Ja, **** wie machst du das?
00:06:34 Daniel Nicht: Ja, ich hab meistens mittlerweile so n Beutel oder so ne Tasche. Also eine Umhängetasche, wo ich dann morgen ist alles reinpacke, dann wird das quasi ins Wohnzimmer gebracht. Und dann bau ich mir da alles auf und wirklich tricky ist dann der Tee.
Sarah Bühler: Thermoskanne?
00:06:56 Daniel Nicht: Ja, auf die Idee bin ich auch schon gekommen. Thermoskanne. Aber mein Teebedarf ist irgendwie höher und ich will nicht andauernd laufen. Deswegen gibt es eine Thermoskanne und dann meine normale Teekanne. Die wird dann quasi mit nur einer Gehhilfe humpelnd quasi gebracht. Und so zieht sich das durch, ne also ich habe eine Badewanne, keine Dusche, das heißt auch da ergeben sich Probleme, also ich bin jetzt sehr viel näher an dem dran, was Patient*innen oft haben. Und es ist tatsächlich sehr interessant, das alles selber mal auszuführen und ich war jetzt selber auch mal einen ganzen Tag mit dem Rollstuhl unterwegs. Und es ist echt schon Vorteil, Ergotherapeut zu sein und man weiß, wie alles irgendwie funktionieren sollte. Aber das heißt noch nicht, dass alles funktioniert.
00:07:51 Sara Mohr: Aber man hat zumindest schon mal dieses Mindset so. Ich weiß, dass es irgendwie ja wohl gehen wird, oder?
00:08:00 Daniel Nicht: Ja also mit den Gehhilfen war es schon Vorteil, dass man selber mal gelernt hat, wie man das richtig macht oder worauf man achten muss. Wenn im Krankenhaus in der Notaufnahme irgendwie alles mal kurz eingestellt wurde, und ich das dann nochmal für mich richtig eingestellt habe und sowas. Das prägt gerade meinen Alltag und wird meinen Alltag leider noch eine Weile prägen. Weil mein Fuß jetzt schön hoch und ruhig gelagert werden muss.
00:08:29 Sara Mohr: Ja, okay. Ich hab eine kleine Anschluss Geschichte an unsere letzte Folge. Wir haben uns letztes Mal über das CO-OP unterhalten und Sarah und ich haben sehr…
00:08:38 Sarah Bühler: Oh Oh die Reißverschlüsse!
00:08:46 Sara Mohr: …unprofessionelle Ausdrücke für die Bestandteile eines Reißverschlusses denn man muss ja irgendwie mit den Kindern verbalisieren, was man macht, was man anfasst, um einen Reißverschluss zu schließen?
00:08:58 Sarah Bühler: Ich muss mal ein Blatt holen, ich muss das mitschreiben. Ich hatte nämlich in der Zwischenzeit schon wieder 2 Kinder, die wollen immer alle Reißverschlüsse zu machen und wieder hab ich gesagt, das eine ist das Zippding und naja…
00:09:12 Sara Mohr: Aber du hattest eigentlich ganz gute Begriffe, du hattest ein Zipp-Teil? Und was ich schön fand, das habe ich mir gemerkt, du sagst zudem das Ding, das man angreift, sagst du Zippel (lacht). Freunde, die Quelle ist Wikipedia und da gibt es natürlich einen Wikipedia Eintrag, der einem Reißverschlüsse erklärt und wir fangen mal im Reißverschluss unten an. Also wenn ich den zumache, dann hab ich in einer Hand, wo einfach nur das Ende des Reißverschlusses ist, das ist das Steckteil und das Steckteil kommt in das Kastenteil.
00:09:54 Sarah Bühler: Die nennen das nicht wirklich Steckteil?
00:10:10 Sara Mohr: Also du steckst das Steckteil in das Kastenteil und ziehst an dem Schiebergriff nach oben, wobei ich voll dafür bin, dass du weiterhin Zippel sagst.
00:10:22 Sarah Bühler: Also die Kinder finden das auch lustig!
00:10:25 Daniel Nicht: Also ich kenne das ganze ja unter Zipper.
00:10:28 Sara Mohr: Aus dem Englischen quasi dann. Ja, und dann ist ja an dem Schiebergriff ist ja unten nochmal dieses rundliche Ding dran, das quasi die Zähne zusammenführt, dieses Ding heißt Schlitten.
00:10:45 Sarah Bühler: Das hab ich sogar schon mal gehört.
00:10:47 Sara Mohr: Ja ne und schon macht alles Sinn: Steckteil, Kastenteil, Schiebergriff und Schlitten. Jo gern geschehen.
00:10:59 Sarah Bühler: Vielen Dank für das Wissen, das Platz in meinem Kopf einnimmt.
00:11:03 Sara Mohr: Ich glaube, es hat noch nie jemand so interessiert, einen Wikipedia Artikel über Reißverschlüsse gelesen. Reißverschlüsse sind superspannend. Ich meine, bevor es sie gab, hast du ja alles irgendwie superkompliziert mit irgendwelchen Bändern und Schnüren und Knöpfen oder mit so Haken und Ösen Verschlüsse zu gemacht. Was viel aufwendiger und viel schwieriger ist.
00:11:28 Daniel Nicht: Reißverschluss war schon ein Meilenstein, ja.
00:11:32 Sara Mohr: Okay, soviel dazu.
00:11:38 Sarah Bühler: Ja genug mit den Reißverschlüssen. Was für eine Studie hast du uns mitgebracht?
00:11:43 Sara Mohr: Ich habe eine spannende Studie gelesen. Aber vorher möchte ich gerne einführen, weil ich persönlich ein Erlebnis aus Patientensicht gemacht habe. Ich lebe ja seit anderthalb Jahren in Australien und habe deshalb auch eine australische Krankenversicherung und wurschtel mich also seit fast 2 Jahren durch dieses andere Gesundheitssystem durch. Und unter anderem stand ich vor einigen Monaten vor dem Problem, wenn ich jetzt meine Covid-Impfung bekomme, klar, ich habe hier meinen schönen gelben deutschen Papier Impfausweis, aber wie wird es denn im australischen System gespeichert?
00:12:26 Daniel Nicht: Ist der nicht EU-weit derselbe?
00:12:28 Sara Mohr: Ja, aber ich bin ja auch außerhalb der EU, lieber Daniel.
00:12:30 Daniel Nicht: Ja klar, aber ich hätte jetzt gedacht, dass wenn das in der EU gültig ist, dass das irgendwie kompatibel wäre oder sowas.
00:12:39 Sara Mohr: Naja, ich bin dann deutsch, wie ich bin, mit meinem schönen gelben Impfausweis auch hier zum Impfzentrum hingelaufen und habe gesagt „Please sign this.” und dann haben die das auch ausgefüllt, aber die haben zum Beispiel, weil es hier einfach keine Papier Impfausweise gibt- Man kriegt ja immer diese kleinen Aufkleber mit der Chargen Nummer und so reingeklebt, die gibt es hier halt einfach nicht. Und zum Beispiel hatten die einzelnen Ärzt*innen oder Pflegekräfte, die da die Impfung verabreicht haben, hatten zum Beispiel auch keine Stempel da, um das irgendwie abzustempeln. Alle Australier*innen haben nämlich einen „My Health Record” und das ist die elektronische Patientenakte. Die haben das alles digital und man hat die in Australien automatisch, es sei denn, man kann aktiv widersprechen. Die haben ein Opt-out Verfahren, man kann sagen, ich möchte das nicht, aber erstmal sobald du hier versichert bist, hast du das. Und das ist supercool erstmal aus Patient*innen Sicht, weil ich super viele Auswahl Möglichkeiten habe. Also ich kann da zum Beispiel meine alten Arztberichte hochladen, und ich kann genau sagen welche Ärzt*innen haben Zugriff auf welche Informationen? Ich kann das einschränken, ich kann aber auch einfach sagen jede*r darf auf alles zugreifen. Und als ich zum Beispiel hier beim Zahnarzt war, vor ein paar Wochen, dann füllt man so ein Anmeldeformular aus und da kann man eben ankreuzen: ich möchte, dass der Arzt Zugriff hat auf meine Patientenakte und dann kann er alle Informationen einsehen. Und das macht vieles einfacher. Wir saßen vielleicht alle schon mal beim Arzt und wurden so Sachen gefragt wie “Wann wurden sie das letzte Mal geröntgt?”, “Wann hatten sie denn die Operation, bei der die Mandeln entfernt wurden?”, “Wie sieht es denn mit ihrem Tetanus-Impfschutz aus?” Und ich weiß das nicht auswendig. Wisst ihr sowas?
00:14:45 Sarah Bühler: Nee, ich weiß das auch nicht, und also, wir sind ja jetzt nicht irgendwie betroffen, aber stell dir mal vor, wie gut das auch für demenziell Erkrankte wäre. Wenn da die Ärzt*innen untereinander auch gucken könnten was machen die anderen?
00:15:03 Daniel Nicht: Genau so war das mit meiner Fußgeschichte, das hatte ich jetzt bei mehreren Ärzt*innen. Genau das was du jetzt beschreibst. Ich musste das in der Notaufnahme machen, dann bei meinem Orthopäden, wo ich notfallmäßig war, dann nochmal bei einem anderen Orthopäden. Es wäre so viel einfacher gewesen, wenn alle meine Daten quasi für alle gleich wären.
00:15:28 Sara Mohr: Also musst du auch dieselbe Geschichte einfach immer wieder erzählen, oder?
00:15:33 Daniel Nicht: Das verbraucht sehr viel Zeit.
00:15:34 Sara Mohr: Mhm ja, und ich glaube dieses Gefühl also, das kenne ich nicht nur aus meiner Perspektive, dass ich dasitze und jetzt muss ich aber erstmal überlegen, sondern das kennen wir ja auch von unseren Klient*innen, wenn wir die fragen “Haben Sie denn aus der Reha einen Bericht mitbekommen?“, “Ist denn bei ihren Medikamenten eines dabei, das den Schwindel verursachen könnte?” oder „Was ist denn gerade das Ziel in der Physiotherapie?”. Da kommen sehr gemischte Antworten von sehr gemischter Qualität und das ist eben nicht, weil die doof wären oder so, sondern einfach, weil das komplexe Themen sind und weil man das nicht alles im Kopf haben kann.
00:16:11 Sarah Bühler: Ja, und nicht nur, weil es komplex ist, sondern weil es auch abgehakt ist, ne, ich war krank und dann bin ich wieder gesund und dann ist das für mich abgehakt und dann passieren so viele andere Sachen im Alltag, dass das für mich nicht so eine Relevanz hat, weil es einfach nicht im Vordergrund steht.
00:16:28 Daniel Nicht: Oder es ist auch mit Fachbegriffen.
00:16:30 Sara Mohr: Ab ja, das Verständnis also, wenn du meine Oma fragst, wann sie das letzte Mal beim Kardiologen war, dann weiß die das nicht, und zwar nicht, weil sie dement ist, sondern einfach, weil sie vielleicht gar nicht weiß, was ist denn ein Kardiologe? Und dann kann die auch nicht mehr genau wiedergeben was der gesagt hat.
00:16:46 Sarah Bühler: Ja, das ist eh super schwierig.
00:16:51 Daniel Nicht: Oder auch Medikamentennamen, ne, also es gibt ja oft 5 Präparate, die dasselbe sind, aber von anderen Anbietern. Die heißen aber alle anders. Jetzt bekommt Oma Ursel natürlich alle 2 Wochen irgendwie das gleiche Medikament verschrieben, aber das ist immer irgendwie ein bisschen ein anderes, weil sich irgendwelche Verträge wieder ändern. Prompt weißt du nicht mehr was du sagen sollst.
00:17:17 Sara Mohr: Ja, und Oma Ursel weiß dann auch nicht den genauen Namen des Medikaments, sondern Oma Ursel weiß vielleicht, dass sie was für den Blutdruck nimmt. Genau also komplexe Informationen, die wahrscheinlich oder von denen vielleicht einige in unserem Gesundheitssystem routinemäßig untergehen oder falsch weitergegeben werden, im schlimmsten Fall.
00:17:40 Sarah Bühler: Ja, auch eine Überprüfung wäre ja dann einfacher, wenn man zum Beispiel was angeleiert hat, wie dem Patienten gesagt hat, sie messen mal regelmäßig den Blutdruck und geben sie eine Rückmeldung bei dem und dem. Ist aber nur dann möglich, wenn man es halt noch weiß.
00:18:00 Sara Mohr: Ja, genau. Jetzt sind wir sehr medizinisch unterwegs. Wie macht ihr das denn in der Ergotherapie, dass ihr alle nötigen Infos von Kolleginnen oder Kollegen von anderen Fachdisziplinen bekommt?
00:18:18 Sarah Bühler: Sehr unterschiedlich. Bei mir müssen meine Klient*innen bevor sie das erste Mal kommen erstmal relativ umfangreiches Anmeldeformular ausfüllen, das kriegen die per E-Mail zugeschickt und da wird auch gebeten, Berichte von Ärzt*innen, Therapeut*innen, Zeugnisse, was auch immer, was eben relevant ist mitzubringen. Tatsächlich haben viele aber keinen Zugriff drauf und das ist dann immer schwierig, dass es 3 – 4 Wochen dauert, bis dann Reha-Bericht oder irgendwas vorliegt.
00:19:01 Sara Mohr: Wie ist das in der Institution? Daniel klappt das besser?
00:19:05 Daniel Nicht: Dazu muss noch gesagt werden ich habe sowohl stationäre Patient*innen als auch ambulante. Und bei den stationären Patient*innen ist es so, dass wir ein System haben, da kann ich mich einfach einloggen, kann den Patienten, soweit er mir verordnet ist aufrufen. Aber auch nur die zugeordnet sind. Und dann kann ich quasi in den Verlauf schauen, was die Pflege dokumentiert, was die Ärzt*innen dokumentieren und was zum Beispiel Medikation ist, was andere Therapierende mit den Leuten gemacht haben. Und so weiter. Das ist allerdings relativ umfangreich und da kann man auch sehr viel Zeit reinsetzen, das heißt, das ist immer so ein bisschen die Frage habe ich überhaupt die Zeit dazu, alles zu lesen? So das Wichtigste kriegt man da gut mit. Beim ambulanten Bereich ist das komplett anders. Da hab ich kaum Informationen, außer denen die mir die Patient*innen geben. Ich versuche, jedes Mal ein Erstgespräch zu führen, um quasi alles abzuklappern aber sowas wie Berichte oder ähnliches können die Teilnehmenden mir geben. Da ist immer so ein bisschen die Frage, ist das positiv oder negativ? Für den Kontakt mit den Teilnehmenden, dass ich da direkt irgendwie sie durchleuchten will, weil manche dann auch noch ein bisschen kritisch mir gegenüber sind.
00:20:40 Sara Mohr: Bei der Klientel wahrscheinlich auch nochmal ein komplexere Kennenlernphase, einfach auch ja.
00:20:45 Daniel Nicht: Also für mich ist eine gute therapeutische Beziehung im psychiatrischen Bereich erstmal das A und O für jede weitere Therapie, wenn sich die Person mir gegenüber nicht öffnet, kann ich ein guter Therapeut sein, werde aber da wenig reißen.
00:21:01 Sara Mohr: Und wär das dann für dich im ambulanten Bereich was? Quasi wenn du die Möglichkeit hättest, ohne die Patient*innen ausfragen zu müssen, sondern einfach auf so eine eAkte zugreifen könntest, wäre das was, wo du denkst, das würde dir was bringen?
00:21:21 Daniel Nicht: Und zwar einmal, um den Verlauf zu haben oder auch einen Entlass-Bericht, das wäre ganz interessant. Ich sehe mich als die Schnittstelle und als Unterstützer vom stationären Bereich in den häuslichen Bereich. Ich versuche quasi diesen Bruch ein bisschen abzumildern und die Leute dahin zu empowern, dass sie das, was wir auf Stationen gelernt haben, in den Alltag integrieren können.
00:21:48 Sarah Bühler: Das ist so wichtig. Wir haben hier immer wieder Qualitätszirkel, wo es genau darum geht, weil hier in der Region das total schwierig ist, den Übergang nach dem Aufenthalt in der Klinik zu gestalten. Klasse, dass ihr das macht.
00:22:07 Daniel Nicht: Ich versuche, es anzubieten. Ein Problem ist gerade eine sehr hohe Warteliste, sodass ich das zeitlich gar nicht machen kann, aber das ist ein anderes Thema und für mich wäre es von Vorteil, da reinzuschauen, um zu gucken, wie wieviel Psychiatrie Erfahrung hat die Person, welche Therapien hatten vielleicht Erfolg? Und um nicht so viel zu stochern, wenn da schon irgendwo mal was abgefragt wurde hinsichtlich Interessen oder Betätigung oder was wichtige Themen sind, ist das gut. Zum Beispiel bei posttraumatischen Belastungsstörungen ist für mich schon relativ wichtig zu wissen was sind möglicherweise Trigger, aber schon danach zu fragen, ist teilweise grenzwertig, finde ich, ne, also ich versuche schon die Teilnehmenden dann quasi aufzunehmen, sie zu verstehen und sie auf gar keinen Fall zu triggern. Aber manchmal muss ich halt auch fragen was tue ich denn, wenn. Und da wäre zum Beispiel schon mal schön zu wissen, ok, da gibt es dann bestimmte Verfahren, haben die bestimmte Sicherheitssysteme für sich erlernt, ne was kann ich da machen oder worauf kann ich vielleicht zurückgreifen, was du mir dann nicht erklären musst?
00:23:24 Sara Mohr: Das klingt, als wäre das auch einfach eine riesen Entlastungsmöglichkeit eigentlich für die Klient*innen, wenn sie das nicht immer wieder neu erzählen müssten, sondern wenn es irgendwo zentral für alle verfügbar wäre. Zu diesem Thema: Interdisziplinärer Austausch, berufsübergreifende Zusammenarbeit, mit diesem Thema hat sich die Studie beschäftigt, die ich gelesen habe. Die ist von diesem Jahr, und zwar von Forschenden von der HAWK HWK in Hildesheim. Die Studie wurde veröffentlicht im International Journal of Health Professions. Das ist eine relativ hoch publizierende Zeitschrift. Die haben sich die Forschungsfrage gestellt, wie sich denn Angehörige der Gesundheitsfachberufe, also Ergo, Logo, Physio, eine berufsübergreifende Zusammenarbeit unterstützt durch digitale Medien vorstellen. Und ich glaube, da haben wir alle Vorstellungen und Ideen zu, wie wir das gerne hätten. Und um rauszukriegen, was da so die Vorstellungen und die Wünsche sind und auch die aktuelle Situation dahingehend haben sie 2 Fokusgruppen-Interviews gemacht. Fokusgruppen-Interviews heißt, man stellt eine Gruppe zusammen aus möglichst verschiedenen Teilnehmenden, die eben zur Forschungsfrage passen und da ist eine Person, die das Interview leitet und zum Beispiel Aussagen in den Raum stellt, so zum Beispiel in der Literatur steht das und das was sagt ihr als Gruppe dazu geht ihr damit konform, habt ihr eine andere Meinung? Und der Vorteil von diesen Gruppen-Interviews ist eben, dass die Teilnehmenden sich gegenseitig so ein bisschen, ja Stichwörter geben können, tiefer über Themen diskutieren. Kann aber je nach Gruppe auch Risiko dabei sein, dass sich Teilnehmende zum Beispiel nicht so offen äußern in der Gruppe, wie sie es vielleicht in einem einzelnen Interview machen würden. Zum Beispiel, war eine der Fokus-Gruppen eine Institution, also eine interdisziplinäre Therapie Praxis und wenn dann zum Beispiel der Chef mit in der Gruppe ist, kann es sein, dass die anderen Teilnehmenden ihre vielleicht konträre Meinung nicht so offen kundtun, wie sie das vielleicht in einem Einzel-Interview machen würden. Nichtsdestotrotz gibt es, glaube ich ganz spannende Ergebnisse, von so Gruppen-Diskussionen und hier war es eben spannend, weil sie eben in jeder der beiden Gruppen sowohl Physios als auch Logos als auch Ergos drin hatten. Kurzer Rundumschlag vorher, was denn so die aktuelle Evidenz zu Digitalisierung im Gesundheitswesen und was sind denn die Vorteile davon, wenn wir gut interdisziplinär zusammenarbeiten? Wir wissen das die Patient*innen Therapiemaßnahmen eher umsetzen, wenn es eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit gibt und einen guten Austausch. Wir wissen, dass die Qualität der Versorgung allgemein besser wird. Weil jetzt speziell in der Ergotherapie zum Beispiel klientenzentrierte Ziele formuliert werden können, weil Therapiemethoden individuell angepasst werden können. Ist so ein bisschen das, was du Daniel vorhin auch gesagt hast, ne, wenn ich weiß, was bei dem Kollegen vorher schon gut funktioniert hat, kann ich natürlich darauf aufbauen, dann in meiner Therapie.
00:27:00 Sarah Bühler: Aber ich kann auch nachfragen und erinnern. Das war ja auch was in der CO-OP-Studie vom letzten Mal der auch ein Teil war, das Erinnerungen auch helfen können, dass die Umsetzung besser wird.
00:27:12 Sara Mohr: Ja, man hat einfach nicht mehr so diese Bruchstellen.
00:27:16 Daniel Nicht: Ich würde mich auch sehr freuen, wenn ich an die Dokumentation der Psycholog*innen rankommen würde, weil da ganz oft ein Austauschproblem stattfindet, weil die gar nicht die Zeit haben und ich vielleicht auch nicht die Zeit, aber manchmal sind halt wichtige Themen. Woran arbeiten die gerade? Vielleicht kann ich in meiner Therapie Betätigungsexperimente umsetzen, die dann der Psychotherapie weiterhelfen? Aber dieser Austausch ist unglaublich schwer mit dem Psycholog*innen zu schaffen und auch weil die einen sehr hohen Workload haben und ich auch. Und das bisschen Zeit was dann bleibt für Austausch mit anderen Professionen, dass man sich da dann irgendwie telefonisch trifft, die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering und da wäre zum Beispiel so ein digitaler Austausch Gold wert.
00:28:11 Sara Mohr: Du sprichst da schon was an, was auch eines der ersten Studienergebnisse tatsächlich ist. Also die haben diese Interviews geführt und dann haben sie die Interviews, transkribiert und analysiert und haben geschaut ok. Welche Themen kamen in beiden Gruppen vor? Was waren denn hier wichtige Themen, bei denen, die vielleicht kontrovers diskutiert wurden oder bei denen sich die Leute sehr einig waren? Und der erste große Themenkomplex war erstmal, dass über die Rahmenbedingungen gesprochen wurde von eben interdisziplinärem Austausch und Digitalisierung und die hatten da vor allem den Fokus auf den ambulanten Sektor. Das liegt daran, weil das eine Interview war eben mit Heilmittelerbringenden, die alle ambulant tätig sind. Und die andere Gruppe, das war ein interdisziplinäres Therapiezentrum, die aber natürlich hauptsächlich ambulante Klient*innen behandeln. Und das, was du da gerade gesagt hast, mit dem man hat ja nicht die Zeit war auch ein Punkt, der da drin vorkam. Vor allem gerade wenn man im ambulanten Sektor tätig ist, haben die Therapeut*innen eben gesagt wir haben gar keine Abrechnungsposition für interprofessionelle Kommunikation, wir kriegen kein Geld dafür, dass ist nicht offiziell Teil unserer Arbeitszeit.
00:29:28 Sarah Bühler: Ja, es liegt am Engagement der Therapeutinnen.
00:29:33 Sara Mohr: Genau und damit, das ist der nächste Punkt, es liegt an der Einstellung, ist dir das persönlich wichtig? Siehst du persönlich da Vorteile da drin und die Teilnehmenden hier in der Studie haben gesagt, sie haben eher die Erfahrung gemacht, dass die Therapeut*innen im ambulanten Sektor eher zurückhaltend unterwegs sind, was interdisziplinären Austausch angeht.
00:29:54 Sarah Bühler: Spannend. Also die haben auch kein Interesse, die haben selbst gesagt, sie sind zurückhaltend, sich mit anderen Therapeut*innen auszutauschen? Oder ist es gemeint, dass die Zurückhaltung von der anderen Seite kommt? Also ich hab vielleicht das Interesse als Therapeut*in. Rufe in der Physiopraxis an, frage danach und da passiert nichts, oder?
00:30:19 Sara Mohr: Ja, ich glaube, das geht von beiden Seiten. Ein anderer Punkt war auch, dass es ein bisschen fehlendes Wissen über andere Berufsgruppen gibt. Also ist das denn jetzt ein Fall für die Logopädin? Soll ich da jetzt anrufen oder in welches Fachgebiet fällt das denn jetzt gerade?
Wir werden, glaube ich, heute oft dieses Buzz Word benutzen, aber viele haben Angst, dass sie gegen Datenschutzvorschriften verstoßen, wenn sie sich interdisziplinär austauschen und das verunsichert viele Leute sehr.
00:30:55 Sarah Bühler: Kann ich absolut nachvollziehen, habe ich erst mit meinem Datenschützer darüber gesprochen.
00:30:59 Sara Mohr: Mit einem Datenschützer? Das klingt als würde er seltene Vogelarten beschützen, ein Datenschützer. (lacht)
00:31:12 Sarah Bühler: Ich bin total verunsichert wegen Datenschutz jetzt mit der eigenen Praxis und inwieweit darf ich Daten weitergeben, wenn die Patient*innen auch nicht einwilligen, ne, du musst dir am Anfang von der Therapie immer so eine Einwilligung unterschreiben lassen und die können die ja theoretisch immer zurückziehen. Was machst du jetzt, wenn derjenige, der das zurückzieht, darfst du dann noch die Informationen an die Krankenkasse weitergeben oder nicht? Muss ich ja, sonst kann ich nicht abrechnen. Das heißt, ich möchte nicht, dass sie ihre Einwilligung widerrufen. Aber es ist gesetzlich festgelegt, dass wir die gleichen Rechte wie Ärzt*inne haben, also wir dürfen uns austauschen. Selbst wenn die die Einwilligung zurückziehen.
00:31:51 Sara Mohr: Aber austauschen quasi mit der Krankenkasse, dann, weil wir das zur Abrechnung ja müssen?
00:32:02 Sarah Bühler: Genau, aber auch mit Ärzt*innen also wir dürfen die Ärzt*inne informieren, selbst wenn die das nicht wollen, also auch wie es in der Therapie läuft.
00:32:08 Sara Mohr: Okay, wie ist das bei dir? Daniel?
00:32:12 Daniel Nicht: Ja also. Bei den ambulanten Klient*innen ist so, das die mir auch am Anfang ein Papier unterschreiben, quasi dass ich mit bestimmten Leuten reden darf.
00:32:24 Sara Mohr: Schweigepflichtsentbindung.
00:32:30 Daniel Nicht: Genau. Und ansonsten habe ich halt eine sehr schmale Akte.
00:32:41 Sara Mohr: Ja, ich glaube gerade in den in den letzten Monaten, wo es ja dann auch nochmal bei Teletherapie um das ganze Datenschutz Thema ging und so wurde das alles nochmal sehr aufgewirbelt und ich kann mir gut vorstellen, dass die Leute verunsichert sind und dann vielleicht eher sagen “ja, ich rufe den mal nicht an, denn ich weiß ja gar nicht, ob ich die Daten am Telefon weitergeben darf.” Damit einem da keiner ans Bein pinkelt. Ein anderer Punkt zu den Rahmenbedingungen war, dass die Therapeut*innen gesagt haben: wir haben keine Prozessmodelle wie dieser Austausch ablaufen sollte. Und da dachte ich, das ist eigentlich eine cool Idee. Wie cool wäre es, wenn es einfach einen definierten Prozess gäbe? Wer ist wann wofür zuständig und wie werden die Daten über Klient X ausgetauscht?
00:33:33 Sarah Bühler: Mhm, muss ich darüber nachdenken.
00:33:35 Daniel Nicht: Also ich, ich würde mir dann dazu tatsächlich eines Assessment wünschen. Ein interprofessionelles Assessment, wo einmal vielleicht abgefragt wird oder was die Teilnehmenden einmal ausfüllen und was für alle Professionen quasi auch etwas raus gibt ne. Also das ist nicht ein professionsspezifisches Assessment ist, sondern ein professionsübergreifendes Assessment.
00:34:00 Sara Mohr: Das klingt sehr groß.
00:34:03 Sara Mohr: Das wäre dann quasi die ärztliche Seite und alle Disziplinen, die daran beteiligt werden. Wer sollte das deiner Meinung nach durchführen? Wäre da qualifiziert?
00:34:11 Daniel Nicht: Jemand, der darin geschult ist. Also ich glaube, da wäre tatsächlich wirklich wichtig, dass du- Also, denken wir mal groß, wir haben einen Prozess, wir haben ein Assessment, und ich finde, dann sollte es eine geschulte Person machen, aus einer der Professionen. Als Ergotherapeut*innen stehen wir natürlich mit sehr vielen anderen Professionen in Berührung.
00:34:40 Sara Mohr: Das finde ich ja sehr spannend.
00:34:43 Sarah Bühler: Ich weiß nicht also ob das umsetzbar ist… Ich bin ja immer dafür, dass die Patient*innen die Verantwortung ein Stück weit dafür tragen, dass die ne Mappe haben, dann bist du nämlich auch mit dem Datenschutz auf der sicheren Seite. Weil das die Mappe der Patient*innen ist und da könnte dann jede*r Mitbehandelnde ausfüllen. Also die müssen meiner Meinung nach eine Gesundheitsmappe haben. Jede*r sollte eine haben, wo gewisse Informationen drinstehen und dann könnte auch die Behandler praktisch eintragen was gibts grad Relevantes. Und wenn das verschiedene Rubriken hätte, könnte man einfach eine Frage oder was anderes in diese Rubrik reinhängen.
00:35:26 Sara Mohr: Jetzt weiß ich, Sarah, dass sowas bei dir funktioniert, weil du deine Leute sehr gut erziehst, dahingehend was Verantwortung übernehmen und Therapiematerialien mitbringen angeht. Ich kenne aber auch meine Pappenheimer. Es ist eine Frage wieviel Energie habe ich heute darauf zu bestehen, dass die Therapie nur stattfindet, wenn die Mappe vorhanden ist? Aber theoretisch ist ja das, was du dir vorstellst, das ist ja eigentlich die elektronische Patientenakte. Nur analog, aber es wäre ja schön, wenn sie digital wäre und die Patient*innen tragen insofern die Verantwortung, als dass sie frei geben, wer kann jetzt meine Informationen einsehen?
00:36:16 Sarah Bühler: Ja, siehst du, ich bin bei der Digitalisierung noch so weit weg, ich denke direkt an eine Mappe (lacht).
00:36:31 Daniel Nicht: Ich überlege gerade wenn wir jetzt davon ausgehen, dass jede*r so ne digitale Mappe mit sich herumführt, ab wann verfallen denn auch Daten? Also ab wann ist eine Information nicht mehr wichtig?
00:36:47 Sarah Bühler: Ja, das entscheidest du, oder also das entscheidet immer der-
00:36:48 Sara Mohr: Na, ich glaub nicht bei Gesundheitsdaten, da müsste man jetzt eine*n Arzt/Ärztin fragen. Ich glaube, Ärzte und Ärztinnen wissen das. Es ist wahrscheinlich bei Gesundheitsdaten sehr genau geregelt, welche Informationen wie lange aufbewahrt werden, also zum Beispiel Informationen über Impfungen musst du wahrscheinlich unbegrenzt aufbewahren. Informationen über, weiß ich nicht, wann mir mal ein Zahn gezogen wurde, vielleicht nur 10 Jahre also, aber ich kann mir vorstellen, dass es dafür in der deutschen Bürokratie und im deutschen Gesundheitssystem Regularien gibt. Wie lange Gesundheitsinformationen gespeichert werden.
00:37:21 Sarah Bühler: Mit Sicherheit. Die andere Frage ist ja was findet man relevant?
00:37:26 Sara Mohr: Ja, und das wäre der Vorteil in der eAkte im Gegensatz zu der analogen Akte. Ich kann halt, wenn ich jetzt etwas Spezielles wissen möchte, kann ich nach dem Schlagwort suchen. Habe ich schneller alle Informationen auf einen Blick, als wenn ich in der Mappe blättere.
00:37:49 Daniel Nicht: Was natürlich wieder effizient ist, und das ist etwas, was wichtig ist also je effizienter ich an Daten komme, desto eher würde ich sie auch in meinem Alltag nutzen, wenn ich mir eine Mappe raussuchen muss und erst mal diese Mappe aufmachen muss und irgendwie 25 Blätter…
00:38:06 Sara Mohr: Und vorher musst du die Klientin schon dreimal dran erinnern, dass Sie die Mappe nächste Woche mal mitbringt, das kommt ja auch noch zeitlich dazu (lacht).
00:38:14 Daniel Nicht: Ich muss die Person erinnern, dann muss ich mir Zeit dafür nehmen, in der Therapie, dann muss ich da drin suchen. Also das ist so ein Rattenschwanz und wenn ich sagen könnte gut, ich habe jetzt 2 Minuten, gleich kommt die Patientin, ich wollte noch nach dem Schlagwort in ihrer Akte gesucht haben: PC auf, Schlagwort rein, da ist was, OK kann ich durchlesen, da ist nichts ok, muss ich gleich nachfragen. Es wäre für mich praktikabler.
00:38:38 Sara Mohr: Ja, was mir gerade einfällt, wo wir so über diese PC Programme sprechen, das stand in dem Artikel noch, das fand ich ganz spannend, dass tatsächlich alle großen Software Anbieter für Klient*innenverwaltung, hier Theorg, Starke Praxis, Medifox – das sind jetzt die, die mir spontan einfallen, aber da gibt es ja unglaublich viele – Die bieten natürlich Möglichkeiten zum Teilen von Daten, du speicherst da drin ja Patient*innendaten, die du dann innerhalb einer Praxis teilst, wenn zum Beispiel ein*e andere*r Therapeut*in die Klientin behandelt dann kann er*sie auf die Daten zugreifen. Aber fast keine dieser großen Softwareanbieter bietet überhaupt eine Schnittstelle für interdisziplinären Austausch. Das ist nicht vorgesehen in diesem System.
00:39:31 Sarah Bühler: Ja ja, also würde ich jetzt sagen, ich wüsste ich auch nicht wo. Wobei ich ja tatsächlich meine Patienten Akten digital habe, ne? Also ich hab ja eigentlich kaum Papier in der Praxis außer meine Klient*innen die haben Papier. Weil es eben keine elektronische Akte gibt, aber sonst hätten die bei mir auch.
00:40:02 Sara Mohr: Also das sind so die aktuellen Rahmenbedingungen, die die Teilnehmenden hier in der Studie gesagt haben, das ist die Situation. Und dann haben sie über Barrieren für die Nutzung von digitalen Medien gesprochen. Und eine Sache hast du eben auch schon angesprochen Daniel die zeitlichen Ressourcen. Und auch die finanziellen Ressourcen, gerade wenn man sich, wenn man jetzt sagt, okay, ich möchte jetzt meine Praxis oder unsere Abteilung umstellen auf digitale Medien muss man natürlich erstmal investieren, um die Software zu kaufen und Tablets zu kaufen, um die Mitarbeitenden zu schulen, dass sie eben die Tablets auch nutzen können und dass da eben alles richtig durchgeführt wird.
00:40:54 Sarah Bühler: Und ich kann euch sagen diese Einrichtung, das macht mich fertig momentan.
00:41:00 Sara Mohr: Möchtest du, möchtest du dein Leid mit uns teilen?
00:41:04 Sarah Bühler: Nein, nein anderes Thema.
00:41:07 Daniel Nicht: Vielleicht machen wir irgendwann mal ein Special und machen nur Praxis und was das alles mit sich bringt.
00:41:14 Sara Mohr: Die Sorgen der modernen Ergotherapeutin? Ja, sehr schön. Weitere Barriere: Und das ist glaube ich bei uns hier in dieser Gruppe keine Barriere, aber ich kenne Kolleginnen und Kollegen, für die das eine ist, ist die fehlende Akzeptanz der Therapierenden.
00:41:44 Sarah Bühler: Ja, ich hab hier in einer Praxis gearbeitet, da wurden Tablets angeschafft, aber es hat sie ein Jahr lang niemand genutzt. Es wurde sich einfach geweigert, die zu nutzen, weil die dann erst also hochfahren müssten und so, also das war wirklich wirklich schwierig. Ich kann es aber auch ein Stück nachvollziehen, wenn du 20 Jahre lang alles auf Papier gemacht hast und solltest von heute auf morgen dich umstellen. Das digital machen sind ja schon auch Sachen, die manchmal schwierig sind im Alltag, ja, dann ist der Akku leer, dann geht die Internetverbindung nicht, du kannst nicht drauf zugreifen, das sind schon Sachen, die dann nervig sind. Und da braucht man glaub gute Strategien, so einen Veränderungsprozess eben zu gestalten.
00:42:30 Sara Mohr: Ja, dass auch alle ein bisschen Lust drauf haben sowas zu benutzen. Ich glaube, das muss man schon ganz gut vorbereiten, wenn man das einführen möchte, weil, natürlich bist du am Anfang mit einem Tablet langsamer als mit einer händischen Dokumentation, weil du es einfach nicht gewohnt bist. Also, da sind wir wieder bei finanziellen und zeitlichen Ressourcen, es kostet erst mal mehr Zeit, bevor es effektiver und effizienter wird.
00:43:02 Sarah Bühler: Ja, und ich finde, es kostet auch ein bisschen Kraft, denn du musst dran denken, das Tablet auch mitzunehmen. Das ist schon das erste, du musst es mitnehmen und du musst aufladen. Ja, du lachst, aber das sind tatsächlich Barrieren, die da also die, das zum Scheitern gebracht haben das Projekt.
00:43:25 Sara Mohr: Krass, da fällt Daniel nichts mehr zu ein.
00:43:31 Sarah Bühler: Dann wars das ein Auflade-Stecker gefehlt hat oder so.
00:43:34 Daniel Nicht: Kann man da nicht irgendwie mit diesem Patch arbeiten, diese Induktionsladegeräte und man einfach nur drauflegt, also lege das Tablet an diesem Platz?
00:43:44 Sarah Bühler: Kann man machen. Man muss eben mitteilen, dass es nicht funktioniert.
00:43:49 Sara Mohr: Kommunikation ist alles.
00:43:53 Daniel Nicht: Gut kommen wir wieder zur Studie.
00:43:53 Sara Mohr: Ja, kommen wir zur dritten Barriere. Hatten wir eben auch schon kurz: Datenschutzrechtliche Aspekte. Wenn du digitale Medien einführst, musst du dich einmal damit auseinandersetzen und es ist ein nerviges Thema und keiner hat Bock drauf, du musst halt einmal beschäftigen. Ist die Software, die ich da kaufe Datenschutzkonform? Das ist eine Barriere. Ich finde eine durchaus überwindbare Barriere und eine Barriere – ist meine persönliche Meinung – Ich glaube, die wird viel größer geredet, als sie eigentlich ist.
00:44:30 Daniel Nicht: Nee, nicht in Deutschland.
00:44:34 Sarah Bühler: Also ich sehe das mittlerweile auch so. Das ist schon eine Barriere.
00:44:38 Daniel Nicht: Es ist eine riesige Barriere, denn zum Beispiel du musst ja wenn du die Daten irgendwo speichert, das haben wir aktuell, du musst einen Server finden, der in Deutschland ist und der nach deutschem Datenrecht deine Daten speichert. Finde mal in Deutschland sowas das noch bezahlbar ist.
00:44:57 Sara Mohr: Ja, in Kombination, das ist dann ja…
00:44:59 Daniel Nicht: Das ist eine Marktlücke, glaube ich.
00:45:04 Sarah Bühler: Ich glaub, man springt halt auch immer wieder auf das Thema an, ne weil man dann wieder was Neues hört und dann nicht weiß, inwieweit ist das für mich relevant?
00:45:11 Sara Mohr: Ja, dann hört man irgendwelche Horrorgeschichten von irgendwelchen Leuten, die verklagt wurden, weil sie aus Versehen ihr Tablet im Auto liegen gelassen haben und das theoretisch keinen PIN hatte und einsehbar, ja, ja. Na gut, also es gibt Barrieren, aber ein großes Thema in diesen Fokusgruppen-Interviews war auch was ist denn der Bedarf? Haben wir denn einen Bedarf an digitalen Medien, um uns interdisziplinär auszutauschen und die Leute haben gesagt: Ja! Trotz der ganzen Barrieren. Ist durchaus ein Bedarf und dann haben die quasi ein Wunschkonzert gemacht: Okay, wenn sie jetzt ab morgen digitale Medien gäbe für den Austausch, was müsste das denn können? Wie müsste es denn funktionieren, dass ihr das gut einsetzen könntet? Und das ist eigentlich das wirklich spannend wird. Ein großer Einsatzbereich haben alle gesagt, wäre für die digitale Aktenführung, das ist ja auch so das, was wir jetzt eigentlich hauptsächlich hier besprochen haben, dass man Einsicht in die Dokumentation der anderen Berufsgruppen hat. Aber auch digitale Terminorganisation und das finde ich sehr spannend, wenn ich an meine Hausbesuchsleute denke und ich manchmal wirklich gerne wüsste, wann kommt denn da der Physiotherapeut oder Physiotherapeutin, weil ich würde gerne mal mit denen zusammen eine Einheit machen und wenn ich das einfach sehen könnte… Wenn ich anrufe in der Physiotherapie Praxis und versuche rauszukriegen, wann die Physiotherapeutin bei der Frau Müller ist… Und dann ändert die den Termin Tags vorher doch noch mal… Das finde ich sehr spannend, aber das liegt einfach daran, weil ich immer super gerne interdisziplinär und co-therapeutisch arbeite und gearbeitet habe, und dafür wäre das ein Traum. Genau also digitale Terminorganisation. Außerdem haben sich die Therapierenden gewünscht, dass es ein einfaches Kommunikationstool da drin gibt, also sowas wie einen Chat oder ein Forum, in dem sich Therapierende austauschen können. Und da dachte ich, so etwas habe ich mir noch gar nicht überlegt, wie findet ihr das? Findet ihr das gut?
00:47:32 Sarah Bühler: Auf jeden Fall.
00:47:33 Daniel Nicht: Ich glaube, die Frage ist, in welcher Form. Und mit welchem Ziel. Ich habe ein Problem und möchte Informationen dazu bekommen von meiner Peer Group oder von anderen Professionellen? Oder möchte ich zu einem bestimmten Patienten kommunizieren ne also sowas, wie du jetzt gesagt hast ne Terminabsprache oder sowas mit anderen Therapeut*innen oder ähnliches? Also für mich wäre es jetzt tatsächlich, da es ja quasi für Informationen schon andere Formen von Foren gibt, ja interessant in den Austausch und Kontakt mit anderen treten zu können.
00:48:10 Sara Mohr: Um den einen Klienten.
00:48:16 Sarah Bühler: Also voll cool, sowas praktisch wie WhatsApp zu haben, ne wo man einfach kurz schreiben kann, das kam mir gerade in den Kopf, dann schick ich das an die Therapeutin, die mitbehandelt, gucke, was kommt zurück, dass da auch nicht sowas wieder aufgebauscht wird, was viel Zeit braucht. Der oder die antwortet kurz, oder man sagt dann hey, lass uns telefonieren, dann und dann. Oder Videochat also ich setze auch echt auf die Videobehandlung, die jetzt dann auch hier kommt, dass dadurch der Austausch nochmal viel leichter wird, ja. Weil wir uns einfach per Video austauschen können, wenn es dann noch eine Abrechnungsposition für den Austausch gäbe…
00:48:54 Sara Mohr: Ja ja, das ist ein bisschen, was du meintest auch Daniel, dass man sich gezielt mit einzelnen Therapierenden und dann zu einzelnen Klient*innen austauschen könnte.
00:49:05 Daniel Nicht: Ja also, ich hab jetzt gerade überlegt wie könnte das aussehen, quasi WhatsApp, aber nicht dass du Gruppen hast oder sowas, sondern dass du quasi deine Patient*innen hast und dass das wenn du quasi auf den Patienten gehst, quasi in den Chat gehst, wo alle, die an diesem Patienten quasi angebunden sind, das mit lesen können, dass du sagen kannst. An den Physiotherapeut wann bist du da oder was machst du gerade mit der Person? Was ist dein Therapieziel oder so weiter oder was planst du in 2 Wochen oder könntest du keine Ahnung nächste Woche 2 mal kommen, anstatt nur einmal, ich hab Urlaub.
00:49:41 Sara Mohr: Ja, und wisst Ihr, was ich da ganz spannend finde, weil ich glaube, da sind wir wieder beim Thema Datenschutz und Patient*innenrechte. Das werden Chats sein, falls es sowas jemals gibt, bei dem die Klient*innen mitlesen dürfen. Bei dem die Lesen dürfen, was über sie geschrieben wird, weil die haben natürlich das Recht auf diese Informationen. Und das finde ich eigentlich ein ganz guten Kontrollmechanismus. Ich weiß nicht, Daniel? Bei psychiatrischer Klientel kann das komplexer sein als ich jetzt mit meinen Neuro Leuten oder?
00:50:26 Daniel Nicht: Also ich, ich würde da vorsichtiger mit sein, ja. Ich würde mich wirklich fragen wieviel nutze ich davon und bei wem würde ich das nutzen, wenn ich jetzt klassische depressive Person habe, wäre das wahrscheinlich weniger problematisch, als wenn ich eine Person behandele, von der ich weiß, dass sie schon mehrfach psychotisch rückfällig war. Zum Beispiel mit Verfolgungswahn.
00:50:53 Sara Mohr: Oh ja, ja.
00:50:55 Daniel Nicht: Da kann sowas dann sehr schwierig sein, glaube ich, wenn die Person alles mit lesen kann und wenn ja auch sehr viel Platz zum Interpretieren bleibt, ne wir wissen alle, wenn wir was in den Chat schreiben, kann das auch missverstanden werden also da wäre es dann glaube ich sehr wichtig, dass das kein whatsapp ist ne das ist, sondern das da wirklich der Schreibstil auch ein anderer ist. Das ist ein informativer, professioneller Chat.
00:51:25 Sarah Bühler: Ja, ich glaub auch, dass man da auf jeden Fall geschult sein muss.
00:51:30 Daniel Nicht: Und also auf jeden Fall sehr viel gesunden Menschenverstand mitbringen sollte, was man wie schreibt ne und was, was die Person, was alle anderen Personen vielleicht raus interpretieren.
00:51:39 Sara Mohr: Ja, das ist tatsächlich… Vielleicht bin ich da auch ein bisschen zu radikal mit meiner Forderung. Das ist sicherlich was, was man abwägen und diskutieren muss.
00:51:47 Sarah Bühler: Also ich schreibe Emails wirklich viel. Ich nutze E-Mail wie WhatsApp. Mittlerweile, um mit anderen Therapeut*innen zu sprechen auch mit Ärzt*innen, die gehen ja nicht ans, also bis man die ans Telefon kriegt das ist schon echt schwierig. Grad, wenn ich da ein Gespräch brauche, schreibe ich eine E-Mail: dann und dann bin ich zu erreichen. Und das funktioniert echt gut eigentlich.
00:52:08 Daniel Nicht: Ja also, ich mach das auch eher über Mail oder Telefonate.
00:52:12 Sara Mohr: Aber auf jeden Fall, so ein Kommunikationstool wäre schon toll, wenn es das irgendwie offiziell Datenschutz rechtlich abgesichert unkompliziert gebe. Unkompliziert ist das Stichwort.
00:52:26 Daniel Nicht: Mein Highlight wäre ja, wenn Rezepte digital werden.
00:52:28 Sara Mohr: Aber das kommt doch, das eRezept soll doch kommen.
00:52:31 Daniel Nicht: Ja, und ich hoffe darauf und ich baue darauf, denn das ist ein riesiger Aufwand, die ja auch immer irgendwie abzuändern und all das zu machen, wenn man das digital machen könnte, wäre das deutlich einfacher, glaube ich.
00:52:49 Sara Mohr: Das stimmt. Letzter Punkt beim Wunschkonzert: Wir hätten gerne digitale Medien zum interdisziplinären Austausch bei denen Zugriff und Nutzung einfach sind. Damit eben gerade auch die Gruppe, von der wir es vorhin hatten, die da eben vielleicht nicht so akzeptierend gegenübersteht und einfach nicht so viele Erfahrungen hat mit digitalen Medien da jetzt nicht überfordert ist und sich da irgendwie komplex einloggen muss. Mit 3 Pins, 4 TANs und 5 Passwörtern. Sondern dass es eben einfach in der Handhabung ist. Ja, zusammenfassend die Auseinandersetzung mit dem Thema Digitalisierung läuft noch im Gesundheitswesen und sie läuft aus Sicht der Therapierenden auf einem Niveau, wo noch viele Bedenken und Vorsicht artikuliert werden, so das Ergebnis. In der Studie sagen alle interdisziplinäre Zusammenarbeit und Austausch ist wichtig. Aber alle sagen auch, es scheitert leider aktuell oft und größter Förderfaktor aktuell muss einfach noch die eigene Motivation der Therapierenden sein. Fand ich ganz spannend sich das so mal anzugucken und ich glaube, das deckt sich so ein bisschen mit dem wie wir es auch empfinden. Nachdem ich die Studie gelesen hatte, dachte ich so ja cool, ich weiß eigentlich gar nicht so mega viel wie denn so aktuell der Stand der Digitalisierung ist. Ich weiß eAkte wird diskutiert, eRezept wird diskutiert, aber wie ist denn da die aktuelle Lage? Habt ihr Lust auf einen kurzen Abriss wie der aktuelle Stand der Digitalisierung im Gesundheitswesen in Deutschland ist?
Ich hab da nämlich eine sehr schöne Übersicht gefunden wie es überhaupt, wie sich Digitalisierung entwickelt hat in Deutschland. Ich packe den Link in die Shownotes. Hier in Australien wurde es ziemlich von oben übergestülpt. Hab ich gelesen, also da wurde irgendwann beschlossen so es hat jetzt wieder eine eAkte, keine Diskussion. In Deutschland ging es nach dem bewährten Schema. 3 Schritte vor 2 zurück und ist fing wohl 2001 an. Um 2001 rum gab es wohl einen großen Skandal weil der Pharmakonzern Bayer ein Medikament vom Markt nehmen musste. Nachdem da Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aufgetreten sind und 50 Menschen dran gestorben sind. Und da kam ihm die Diskussion auf ok, wenn wir eben Informationen besser austauschen würden, digital austauschen würden, hätte man eben gesehen, dass die Patient*innen diese anderen Medikamente nehmen und es wäre gar nicht zu der Fehleinnahme gekommen. Das war 2001 und daraufhin haben sich dann die Spitzenverbände im deutschen Gesundheitswesen hingesetzt und haben gesagt es soll die elektronische Gesundheitskarte geben das ist die, die wir heute alle im Portemonnaie haben, also Krankenkassen Karte. Da hieß es dann darauf sollen die Medikationen von allen Patient*innen gespeichert werden. Dazu gab es dann 2004 also dann nochmal 3 Jahre später das GKV Modernisierungsgesetz und wie gesagt die Einführung war geplant 2006. 2011 wurde dann die erste rausgegeben. Das finde ich eine sehr schöne Lücke in dieser Historie. Erinnern wir uns vielleicht noch dran? Das war dann eine Krankenversichertenkarte, wo dann ein Lichtbild mit drin war, da musste man damals einmal in Passfoto an die Krankenkasse schicken.
00:56:51 Daniel Nicht: Ja, daran erinnere ich mich.
00:56:54 Sara Mohr: Ja, und das war quasi die erste Generation der elektronischen Gesundheitskarte damals. 2015 gab es das eHealth Gesetz.Da ging es hauptsächlich darum, dass jetzt das eingeführt wird, was ursprünglich 2003 mal angedacht war, dass es einen elektronischen Medikationsplan gibt, dass es einen elektronischen Arztbrief gibt, dass es auch Videosprechstunden geben soll, die über diese Telematikinfrastruktur verwaltet werden, eine elektronische Patientenakte, ein elektronisches Patientenfach. Und wenn wir das alles elektronisch haben wollen, hieß es dann okay, dann brauchen wir auch einen elektronischen Arztausweis und einen elektronischen Heilberufsausweis für die Logos, die Physios, die Ergos und die Podologen. 2016 in Kraft getreten. Und dann hieß es okay, Ihr müsst Teile davon, nämlich dieses Versichertenstammdatenmanagement das musste bis 2018 eingeführt werden. Wir haben 2 Jahre Zeit, Leute. 2017 wurde die Frist verlängert, um ein halbes Jahr, weil man gesehen hat, das haut nicht hin. 2018 wurde die Frist nochmal verlängert, und zwar bis 2019 für die Ärzt*innen und die Psychotherapeut*innen und letztes Jahr ist eigentlich am 1. Januar das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation in Kraft getreten und das sieht vor, dass Patientinnen und Patienten flächendeckend digitale Angebote nutzen können. Das habt ihr bestimmt mitbekommen, dass jetzt eben auch Apps als Gesundheitsanwendungen verschrieben werden können. Außerdem war unter anderem in diesem Gesetz auch, dass die elektronische Patientenakte flächendeckend zur Verfügung steht. Bis zum 30. September letztes Jahr beziehungsweise bis Ende Dezember. Letztes Jahr mussten sich Apotheken und Krankenhäuser jetzt endlich mal wirklich alle an die Telematikinfrastruktur anschließen. Dann gab es das Patienten Datenschutzgesetz. Dieses Patienten Datenschutzgesetz betrifft auch das eRezept, dass du angesprochen hast Daniel. Weil es da ja auch um sehr sensible Daten geht, die dann eben digital gespeichert werden. Die aktuelle Lage ist, dass die Hebammen, die Physiotherapeut*innen und die Pflegeeinrichtungen sich seit dem 1. Juli schon an die Telematikinfrastruktur anschließen können. Das heißt, die können das schon nutzen. Witzig finde ich, dass die Physios dafür eigentlich so einen elektronischen Heilmittelerbringerausweis brauchen. Den gibt es aber noch gar nicht.
00:59:57 Sarah Bühler: Ja, das dauert ja noch.
01:00:00 Sara Mohr: Ja, aber sie können sich schon mal anschließen. Können Sie dann halt nicht nutzen. (lacht) Ihr könnt es nicht sehen aber Daniel macht ein what the **** Gesicht? Genau seit dem 1. Januar dieses Jahrs müssen alle Krankenkassen, alle privaten und alle gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte anbieten. Also ich wurde nicht informiert, dass ich eine elektronischen Patientenakte haben kann in Deutschland.
01:00:37 Daniel Nicht: Ich auch nicht. Also meine Krankenkasse hat eine App. Da kann ich schon sehr viele schöne Sachen machen, ne ich zum Beispiel meine Krankmeldung konnte ich einfach einscannen, fertig, 2 Tage später habe ich einen Brief bekommen. Ja, da gibt es auch irgendwelche Gesundheitssachen und Informationen und Austausch und direkt Chat usw. Aber und auch welche Medikamente oder welcher medizinische Aufenthalt und sowas ich hatte, das kann ich alles einsehen aber.
01:01:07 Sara Mohr: Vielleicht ist das schon die elektronische Patientenakte.
01:01:09 Daniel Nicht: Aber zum Beispiel jetzt ein Bericht von einem Arzt oder sowas steht da alles noch nicht drin.
01:01:15 Sara Mohr: Weißt du ob Andere darauf zugreifen können auf die Informationen, die du da speichern kannst?
01:01:21 Daniel Nicht: Würde mich wundern. Also, ich wäre dazu nicht gefragt worden.
01:01:32 Sara Mohr: Das steht doch dann immer in den akzeptieren sie die AGB. Niemand liest die AGB. Daniel Wir haken das doch alle ab und klicken auf einverstanden.
01:01:47 Daniel Nicht: Ich kenne Menschen, die das nicht tun, ich kenne Menschen, die lesen.
01:01:50 Sara Mohr: Wow nee, außer unseren eigenen Datenschutzbestimmungen habe ich noch keine anderen gelesen (lacht). Genau also Situation ist theoretisch ist es ab 1. Juli möglich, aber praktisch ist es eben noch nicht möglich. Aktuelle Prognose ist das Heilmittel in elektronischer Form, also das eRezept soll verpflichtend ab Juli 2026 kommen also in 5 Jahren. Im Januar 2026 ein halbes Jahr vorher, sollen sich alle Heilmittelerbringenden verpflichtend angeschlossen haben an die Telematikinfrastruktur.
01:02:33 Daniel Nicht: Das wird interessant.
01:02:34 Sara Mohr: Die technischen Voraussetzungen dafür sollen bereits 2023 abschließend geschaffen sein. Wir dürfen also gespannt sein.
01:02:45 Daniel Nicht: Ich brauche auf jeden Fall diese Informationen. Ich glaube, ich muss das jetzt schon mal bei mir ans Laufen kriegen, damit es in 6 Jahren funktioniert.
01:02:55 Sara Mohr: Jetzt schon mal alle überzeugen, dass es nichts Gefährliches ist und nicht beißt.
01:03:04 Sarah Bühler: Es ist ein Prozess.
01:03:07 Sara Mohr: Ja, das klingt auch alles hier. Ich habe mich das so ein bisschen gefragt. Wie schwierig ist das denn, sich an diese Telematikinfrastruktur anzuschließen? Das klingt so schwierig, aber eigentlich du kannst so n Connector bestellen, wo du dann deinen elektronischen Heilmittelerbringerausweis reinsteckst, damit du dich identifizierst und wenn dann deine Klient*innen zu dir kommen, haben die ihr Kärtchen, dass sie an der anderen Seite reinstecken und dann hast du Zugriff auf die Informationen.
01:03:35 Sarah Bühler: Und dann braucht es nur ein Gerät.
01:03:37 Sara Mohr: Angeblich ja. Natürlich ist es im Endeffekt wahrscheinlich noch tausendmal komplizierter, weil du musst natürlich auch die Verbindung muss ja eine sichere Verbindung sein, dann muss alles über Server laufen, die in Deutschland stehen und die sicher sind und tralala und zu denen musst du eine sichere Verbindung aufbauen also du kannst dich nicht einfach in irgendeinem Wifi dann wahrscheinlich einwählen, sondern…Dafür gibt es aber Experten, die dann zu einem kommen und das für einen auch machen und die Kosten dafür sollen komplett die Krankenkassen übernehmen.
01:04:09 Sarah Bühler: Okay.
01:04:10 Sara Mohr: So ist der Gedanke. Genau so viel zum chaotischen Stand der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen. Was machen wir jetzt damit?
01:04:25 Sarah Bühler: Abwarten, Tee trinken, keine Panik kriegen.
01:04:27 Daniel Nicht: Uns darauf vorbereiten, finde ich.
01:04:29 Sara Mohr: Wie willst du dich vorbereiten?
01:04:31 Daniel Nicht: Ja, also auf meiner Arbeit brauchen tatsächlich Sachen ein bisschen länger. Also ich bin in einer großen Klinik, das heißt sowas wie das eRezept kommt sollte ich auf jeden Fall schon mal an bestimmten Stellen fallen lassen. Es gibt bei uns ein übergeordnetes Zusammentreffen von mehreren Kliniken der Ergotherapeut*innen da könnte man das auch mal einfach mal schon mal briefing mäßig fallen lassen, das auch irgendwann kommt. Das es uns alle ambulant betreffen wird, wer das irgendwie nutzt, ne und zum Beispiel wir entscheiden gerade auch was für ein Dokumentationssystem wir eigentlich haben wollen, weil alle Kliniken irgendwie so ihr eigenes hausgemachtes machen und dementsprechend wollen wir uns da auch qualitativ zusammenschließen und quasi einheitlich arbeiten. Da könnte jetzt zum Beispiel ein zusätzlicher Aspekt sein wie ist das dann mit Digitalisierung? Ne, wir werden bald ja so eine Information haben von einem Anbieter, da könnte man auch mal fragen, wie er sich das dann mit der digitalen Akte vorstellt, ob sie da schon Pläne haben, wie zum Beispiel eine Schnittstelle ermöglichen wollen in einem Programm ne, also das war jetzt einer von denen, die Du vorhin genannt hast von den Anbietern.
01:05:49 Sara Mohr: Mhm ich finde das eigentlich ne gute Einstellung ich glaub einerseits schon mal so ein bisschen so den Weg ebnen, so dass niemand nachher schockiert ist, wo kommt denn dieses Rezept her? Sondern, ne, wir wussten ja schon immer, das kommt jetzt bald ne das frisst uns nicht. Wir können uns darauf vorbereiten. Aber auch aus Professionssicht vielleicht auch möglichst früh ein bisschen in diesen Diskurs einzubringen, weil was ich mich auch gefragt habe: Die Physios sollen das erproben, warum denn jetzt die Physios? Da muss ja irgendwo ein Physiotherapeut irgendwo an der richtigen Stelle gesessen haben und im richtigen Moment gesagt haben hier wir testen das, wir sind dabei, wir finden das cool. Und die Ergo? Wir haben nicht hier geschrien.
01:06:36 Sarah Bühler: Wir haben halt niemand im Bundestag sitzen.
01:06:39 Sara Mohr: Ja, weiß ich nicht, wo das beschlossen wird, aber auf jeden Fall finde ich gut, sich da frühzeitig einfach ein bisschen in den Diskurs reinzumischen oder zumindest Up to date zu sein.
01:06:50 Daniel Nicht: Vor allen Dingen, weil es ein interdisziplinäres Angebot ist, ne da sollten auch ich weiß nicht ob das sehr verallgemeinert ist oder realistisch gedacht ist aber dann sollte auch jede Profession auf jeden Fall mal eine Meinung dazu abgegeben haben, oder Verbesserungsvorschläge.
01:07:06 Sara Mohr: Deshalb ist es gut, wenn man das Update ist und es eben nicht irgendwann heißt so “Übrigens ihr solltet eigentlich schon seit einem Jahr angeschlossen sein. Wie siehts denn aus?” Ich glaube, dass man, wenn man bis zu dem Punkt abwartet, dann hat man hat man nichts vom Prozess.
01:07:23 Daniel Nicht: Und schön wäre auch so eine Beta-Funktion in so einem Testlauf mal mit dabei zu sein. Das finde ich auch cool.
01:07:26 Sara Mohr: Wenn du gerne der Praxisinhaber sein möchtest, bei dem dann auf einmal morgens der Computer ausfällt? Sowas möchtest du gerne?
01:07:46 Sarah Bühler: Ich hab ja nur noch Sachen elektronisch, ne wenn bei mir der Computer ausfällt, kann ich zumachen.
01:07:52 Sara Mohr: Kannst du nicht so improvisieren und dann machst du halt mal Dokumentation händisch und trägst später nach, aber das ist super viel Arbeit…
01:07:59 Sarah Bühler: Natürlich. Aber Telefonnummern, jemand anrufen?
01:08:04 Sara Mohr: Das stimmt.
01:08:05 Sarah Bühler: Ja, aber in der Regel funktioniert es ja. Wir wollen jetzt keine Angst vor der Technik machen, das funktioniert ja in der Regel und ich muss sagen, ich profitiere davon jetzt viel am PC zu haben und das Tablet zu nutzen also ich finde es echt angenehm.
01:08:30 Sara Mohr: Ja, und wie cool wäre, wenn das noch ausgebaut werden würde? Dass man einfach viel mehr darüber machen könnte, wenn der Tag kommt, wo ich keine Rezepte mehr zur Änderung faxen muss, mache ich 3 Kreuze im Kalender.
01:08:42 Daniel Nicht: Du dann hätte ich auf jeden Fall sehr viel mehr Zeit qualitativ und professionell zu arbeiten. Also wenn ich die Zeit, die ich für Rezepte und Abänderung aufbringen muss in Studien und qualitatives also in meine Fortbildung quasi stecken würde, das wäre ein definitiver Gewinn.
01:09:08 Sara Mohr: Wir sehen der Zukunft freudig entgegen.
01:09:13 Sarah Bühler: Ja und schließen damit.
01:09:16 Sara Mohr: Ich danke dir sehr, dass du dabei warst lieber Daniel, das war sehr schön.
01:09:20 Daniel Nicht: Vielen Dank, dass ich da sein durfte.
01:09:22 Sara Mohr: Liebe, Zuhörende, wenn ihr uns Feedback geben möchtet, wenn ihr uns eine Studie schicken möchtet, die wir uns angucken sollen, wenn ihr eine Fragestellung aus der Praxis habt, wenn ihr uns sagen wollt, was ihr blöd fandet oder was ihr toll findet – eigentlich nur, wenn ihr uns sagen wollt, was ihr toll findet, dann schreibt uns eine Email an Info@Ergo-unterwegs.de oder kontaktiert uns bei Instagram oder bei Twitter. Oder über unsere Homepage oder bei Facebook. Wir sind erreichbar, wir freuen uns auf eure Rückmeldung.
01:09:54 Sarah Bühler: Ganz digital!
01:09:57 Sara Mohr: Ihr könnt uns einen Brief schreiben, aber Fax geht leider nicht, es tut mir herzlich leid. Wie schön es wäre, wenn wir jetzt einen Brief von euch kriegen! Kann, bitte irgendjemand, der diese Folge hört uns seinen Brief schreiben? Ich verspreche, wir lesen den dann in der nächsten Folge vor! Okay, dann vielen dank ihr beiden, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Dann hören wir uns in 2 Wochen. Tschüss.
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