#2 - Verbessert das Einbeziehen der Eltern die Therapieergebnisse in der Ergotherapie?

Sollten die Eltern in der Therapie dabei sein? Welche Vor- und Nachteile kann das für die ergotherapeutische Behandlung bringen? Sarah stellt einen Artikel vor, der das Elterncoaching beim CO-OP Ansatz für Kinder mit UEMF untersucht hat. Soviel können wir schonmal verraten: Es ist nicht so einfach wie gedacht!

Lust auf mehr Evidenz für dein Team?

  • Saras Aufreger über die Berichterstattung des MDR über diese Studie
  • Sarahs Geschichte aus dem Alltag: Den Informationsbogen bei Aufnahme ins Krankenhaus für Menschen mit Demenz gibt es hier zum Download
  • Die heutige Studie zum Elterncoaching im CO-OP Ansatz von Araujo et al. (2021) findet sich hier
  • Und hier gibt es die deutsche UEMF Leitlinie
  • Die Broschüre „Tolpi lernt Seifenblasen pusten“ von Vanessa Kroll gibt es hier zum kostenlosen Download
 
Araujo, C. R. S., Cardoso, A. A., Polatajko, H. J., & de Castro Magalhães, L. (2021). Efficacy of the Cognitive Orientation to daily Occupational Performance (CO-OP) approach with and without parental coaching on activity and participation for children with developmental coordination disorder: A randomized clinical trial. Research in Developmental Disabilities, 110, 103862.

Intro: Evidenz auf die Ohren. Der Podcast für evidenzbasierte Ergotherapie. 

Sara Mohr: Hallo und herzlich willkommen zur 2. Folge von Evidenz auf die Ohren, dem Podcast für evidenzbasierte Praxis in der Ergotherapie. Heute hat Sarah uns eine Studie mitgebracht. 

Sarah Bühler: Genau. 

Sara Mohr: Aber bevor wir damit anfangen, starten wir vielleicht mit Geschichten aus dem Alltag. Hast du uns eine Geschichte mitgebracht aus deinem Alltag? Was gibt es Neues? 

Sarah Bühler: Ich habe tatsächlich eine Geschichte mitgebracht. Und zwar beschäftige ich mich momentan viel mit dem Thema Demenz, da ich einfach viele Klient*innen haben. Daher mache ich in der Praxis viel Angehörigenberatung und Ziel ist dabei immer die Angehörigen zu entlasten oder auf möglich eintretende Situationen vorzubereiten. Jetzt ist es so, dass im Laufe der Demenzerkrankung gerade auch aufgrund des Alters es häufig doch mal zu einem Krankenhausaufenthalt oder einem Aufenthalt in der Pflegestation kommt. Wie gesagt aufgrund des Alters, oder unterschiedlichen anderen Erkrankungen. 

Sara Mohr: Es gibt doch auch diese Möglichkeit, wenn die Angehörigen Entlastung wollen, dass die Menschen mit Demenz vorübergehend in eine Pflegeeinrichtung gehen kann, ne? Dass die Angehörigen sich Urlaub nehmen können und so, wie heißt das genau? 

Sarah Bühler: Ich kann ich dir gar nicht so genau sagen, wie das jetzt genau heißt. 

Sara Mohr: Dünnes Eis des Halbwissens…ja sprich mal weiter vielleicht finde ich das noch raus. 

Sarah Bühler: Auf jeden Fall kam ich mit Angehörigen ins Gespräch und uns ist aufgefallen-. Ich hatte vorher noch nie so wirklich darüber nachgedacht, dass man wegen einer Demenz nie ins Krankenhaus kommt, sondern immer wegen einer anderen Erkrankung. Was bedeutet, dass die
Demenz so das Beiwerk ist und also die Nebendiagnose und dadurch das Personal häufig gar nicht so unbedingt im Umgang mit Menschen mit Demenz geschult ist. 

Sara Mohr: Ja, das kann ich mir vorstellen. 

Sarah Bühler: Jetzt kommen diese Menschen mit einer Demenz im Krankenhaus in eine völlig neue Umgebung. Werden aus ihrem Umfeld, ihren Routinen gerissen und das führt häufig eben doch nochmal zu herausforderndem Verhalten. Jetzt war die Überlegung wie kann man da die Pflege
unterstützen? Und es gibt bei der Alzheimer Gesellschaft einen Informationsbogen. Der is relativ kurz, 2 Seiten und das sind so die wichtigsten Informationen drauf, die aber das Leben eigentlich aller Beteiligten ein bisschen erleichtern. 

Sara Mohr: Kurzzeitpflege heißt das, ich habe gerade geguckt. Das wusste ich auch. Okay, ja, da gibt es einen Bogen, Entschuldigung für die Unterbrechung. 

Sarah
Bühler: Genau der erfasst einmal allgemeine Infos, aber auch Kontaktdaten, Einschränkungen zusammen. Und dann, was ich ganz wichtig und auch spannend finde, ist die Mobilität, also kann der Patient noch aufstehen, weil ja eventuell eine Weglauf- oder Hinlauftendenz bestehen kann. Aber auch Gewohnheiten im Tagesablauf, also wird vor dem Frühstück Zähne geputzt, wird danach Zähne geputzt, so Kleinigkeiten eben, wo man die Dinge, die dem Klienten oder der Klientin wirklich wichtig sind, nochmal festhalten kann. Auch kann der Klient oder die Klientin alleine
essen und trinken. Wie sind Einschlafgewohnheiten? Was ist bei der Körperpflege zu beachten? Kann er sich selbst an- und auskleiden? Gibt es Hilfsmittel? Also solche Dinge werden da ganz kurz und prägnant abgefragt und ich finde, dass es ein Stück weit auch Aufgabe der ambulanten Therapie sein kann, das vorzubereiten oder zumindest darauf hinzuweisen, dass es sowas gibt und dann eben, wenn so eine Situation eintrifft, es allen Beteiligten zu erleichtern. 

Sara Mohr: Also, ich entweder gebe ich das den Angehörigen und die füllen das gemeinsam mit der Person aus oder ich mache das sogar zum Therapieinhalt und setze mich mit denen zusammen hin und wir füllen das gemeinsam aus und die können diesen Bogen dann quasi bei der Aufnahme im
Krankenhaus oder im Pflegeheim abgeben, quasi an die Pflegekräfte oder wie ist das gedacht? 

Sarah Bühler: Genau so ist das gedacht also einige Krankenhäuser haben das auch bei der Aufnahme. Ich hatte hier jetzt nochmal Kontakt mit der AWO und die haben mich auch nochmal darauf hingewiesen, dass es da auch einen ganz großen Schulungsbedarf gibt in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern. 

Sara Mohr: Ja, meine Oma war selber vor ein paar Tagen im Krankenhaus – ist alles gut, sie ist wieder zu Hause, aber da war auch nochmal die Herausforderung auch für das Krankenhauspersonal. Jetzt ist das eine Frau jenseits der 80 und es besteht keine Demenzdiagnose aber nicht jeder der Demenz hat, hat ja auch unbedingt schon die Diagnose. Also einzuschätzen inwieweit kann die Person die Informationen verarbeiten, die hier gegeben werden, inwieweit stimmen die Informationen, die die Person mir gibt? Es gibt ja auch Menschen mit beginnender Demenz, die das noch unglaublich gut maskieren. Aus der Not heraus einfach um diese
Stigmatisierung zu vermeiden, aber wo dann vielleicht auch ein Informationsgespräch auf einem ganz anderen Niveau geführt werden muss, weil das Verständnis natürlich eingeschränkt ist. Und das einzuschätzen in der kurzen Zeit, die du dann hast im Krankenhaus – die Tendenz geht
ja auch dahin, dass du immer kürzer im Krankenhaus bist, also du wirst operiert und am besten am nächsten Tag schon wieder entlassen – das ist glaube ich wirklich schwierig. Ich glaube das wirklich angenehm, wenn man dann so einen Bogen hat und dann nicht so im Blinden rumtasten muss,
was die Person jetzt kann oder nicht kann, weil die Zeit da Assessments zu machen oder das gezielt zu evaluieren hat die Pflege ja auch nicht. 

Sarah Bühler: Nee, das ist absolut unrealistisch. 

Sara Mohr: Ja, spannend. Ich hätte sowas auch gern für mich, wenn ich mal ins Krankenhaus muss, dass da alles auf Papier steht und ich das nicht noch alles erklären muss. Ja cool und ist das übersichtlich, also müssen die dann da 20 Seiten lesen, oder wie ist es aufgebaut?  

Sarah Bühler: Nein, das sind 2 Seiten ganz kurz und knapp. Theoretisch kann man das sogar an die Tür hängen oder auf den Nachttisch hängen. Das ist frei verfügbar bei der Alzheimer Gesellschaft. 

Sara Mohr: Cool, wir machen einen Link in die Shownotes. Sehr schön. Das war deine Geschichte aus dem Alltag. 

Sarah Bühler: Das war meine Geschichte aus dem Alltag. 

Sara Mohr : Ich habe einen Aufreger aus dem Alltag. Ich wollte, eigentlich- ich habe ein paar coole Bücher gelesen und wollte eigentlich über Bücher sprechen, aber ich bin gestern über einen Artikel gestolpert und habe mich so geärgert, dass ich dachte, du kriegst das jetzt ab. Und zwar bin ich noch nicht mal über die Studie selber gestolpert, sondern ich bin über einen Artikel gestolpert vom MDR. Unter der Kategorie Wissen und der Artikel hat die Überschrift “Autismus kann durch richtige
Frühförderung bei Kindern verringert werden”. Und das wurde so n bisschen gestern durch die sozialen Medien getrieben und da bin ich darüber gestolpert und dachte… 

Sarah Bühler: Ok willst du meine Meinung dazu hören? 

Sara Mohr:  Ich würde jetzt gerne schon deine Meinung dazu hören, ob dich das schon genauso triggert wie mich. 

Sarah Bühler: Ich glaube, es triggert mich auf eine andere Weise. Also ich habe ja total viel im integrativen Kindergarten mit autistischen Kindern gearbeitet. Und arbeite jetzt aktuell gerade mit Kindern, die lange keine Diagnose hatten und jetzt in der Pubertät sind. Das macht schon einen Unterschied. 

Sara
Mohr: Ja, da bin ich vollkommen bei dir, da bin ich vollkommen bei dir.
Was mich aufregt, es wird vielleicht ein bisschen klarer, wenn ich
sage, dass ist die Überschrift. Oben in der Browserzeile steht dann die
Headline “Autismus durch Therapie der Eltern verhinderbar”. 

Sarah Bühler: Das geht ja nicht, das ist doch Schmarrn. 

Sara Mohr: Boah, also schon mal so im Subtext ne, wenn dein Kind autistisch ist, bist du wahrscheinlich selber schuld. Boah, und dann natürlich auch schon im Titel dieses ja, wir haben jetzt eine ganz einfache Methode gefunden, wie der Autismus verringert werden kann, also…. Ich dachte, das lese ich mir mal durch, ist kein langer Artikel. Und sie waren so fair auch noch zu der Originalstudie zu verlinken, und dann habe ich mir die Originalstudie auch angeschaut. Keine lange Studie ist auch offen verfügbar, Open Access, kann man sich angucken, ist eine Studie, die im JAMA veröffentlicht wurde, also hochgradig publiziert, ist auch eine sehr gute Studie, aber es ist ganz spannend, was aus dieser Studie gemacht wurde in diesem Artikel, der dann darüber berichtet. Also es geht weiter mit dem Untertitel “Wenn die Eltern potenziell autistischer Kleinkinder frühzeitig lernen, wie sie mit den Besonderheiten der Kinder umgehen können, wird später deutlich seltener Autismus diagnostiziert”. So es geht also weiter an die Eltern, sie sind verantwortlich. Und dann geht es auch noch darum es gibt dann seltener die Diagnose. Jetzt ist
die Frage ist das denn das Ziel, dass man es seltener diagnostiziert? Also das fängt schon an mit diesem Framing “Autismus ist was Fürchterliches und es ist besser, wenn du die Diagnose nicht hast.” 

Sarah Bühler: Mhm ja, und das ist eigentlich total schade, weil gerade mit der Diagnose ja auch Chancen einfach für Behandlungen oder für Unterstützung kommen. 

Sara Mohr: Ja, da geht es weiter und dann kommt der Nachsatz noch “Das zeigt eine spektakuläre Studie”. Eine spektakuläre Studie finde ich immer gut, das vermittelt so den Eindruck, so mit dieser einen Studie wurde die Welt verändert. Und dann habe ich gedacht gut, diese spektakuläre Studie gucke ich mir mal an. Das ist tatsächlich eine gut gemachte Studie, und die finde ich gut gemacht, weil sie ihre Limitationen auch ganz deutlich kommunizieren. Aber ich erkläre vielleicht also ganz kurz was haben Sie gemacht? Es ist eine Studie von Forschenden aus Großbritannien und Australien. Und es haben um die hundert Kinder teilgenommen. In 2 Gruppen aufgeteilt, eine Gruppe war die Kontrollgruppe, die haben ganz normal ihre Behandlung bekommen und die
andere Gruppe war die Interventionsgruppe. Was wichtig ist zu wissen, diese Kinder waren alle sehr jung. Das waren Kinder zwischen 9 und 15 Monaten, das heißt, sie waren in einem Alter, wo man Autismus noch nicht diagnostizieren kann. Die die frühesten Autismus-Tests sind ab 3 Jahren
möglich und dann ist es auch noch schwierig eine sichere Diagnose zu stellen. Aber das waren Kinder, bei denen man gesagt hat, da besteht auch in diesem jungen Alter schon einen Verdacht, dass die autistisch sein könnten. 

Sarah Bühler: Was war das für ein Verdacht? 

Sara Mohr: Zum Beispiel, wenn ein Geschwisterkind oder ein Elternteil bereits Autismus diagnostiziert hat, weil es ja auch genetische Einflüsse da gibt, genau oder weil eben schon mit 15 Monaten Verhaltensauffälligkeiten bestanden, dass man gesagt hat, ok das könnte autistisch sein. Sodann wurden diese 2 Gruppen aufgeteilt. Wurden über 2 Jahre hinweg beobachtet, das heißt bis sie 3 Jahre alt waren und mit 3 Jahren wurde dann quasi eine offizielle Autismus Diagnostik durchgeführt und geguckt: Wer von diesen Kindern hat denn jetzt eine Autismus Diagnose bekommen und wer nicht? Die eine Gruppe hat wie gesagt, in diesen 2 Jahren, wenn die zur Ergo, Physio, Logo oder Kinderpsychologen gehen wollten haben die das gemacht. Sie konnten ihre Therapien wahrnehmen wie, wann und wo sie wollten. Und die andere Gruppe hat eine
Behandlung bekommen, die nennt sich iBASIS-VIPP. Die haben die Eltern gecoacht. Die Eltern haben in diesem Zeitraum 10 Einheiten bekommen, in denen Videoaufnahmen von der Interaktion, Eltern, Kind besprochen wurden. Haben diese Videoaufnahmen mit denen besprochen haben geschaut, wie sie besser auf ihre Kinder eingehen können. Die Eltern haben zum
Beispiel gelernt, dass nur, weil ein Kind nicht Blickkontakt aufnimmt, das nicht unbedingt heißt, dass es kein Interesse hat. 

Sarah Bühler: Dann geht man auch emotional ganz anders damit um. 

Sara Mohr: Genau. 10 Coaching Sessions haben die Eltern bekommen. Nur die Eltern, mit den Kindern wurde nicht gearbeitet und dann hat man eben als die Kinder 3 Jahre alt waren, diese Autismus Diagnostik macht. Und was kam raus? Bei der Kontrollgruppe, das heißt die Kinder, die die üblichen Therapien bekommen haben, haben 20,5% eine Autismus Diagnose bekommen. Also 9 von 44 Kindern. Und bei der Gruppe, wo die Eltern gecoacht wurden, haben nur 3 von 45 Kindern also nur 6,7% die Autismus Diagnose bekommen. Das heißt nur ein Drittel oder 2 Drittel weniger als in der Kontrollgruppe. Krasse Ergebnisse auf jeden Fall. Aber ich wiederhole nochmal, das waren dann insgesamt nachher bei der Auswertung 89 Kinder. Und die Autoren schreiben selber, dass die Effekte klein waren und die klinische Signifikanz unklar ist. Es ist also nicht klar. Das sind Ergebnisse, die wir im Experiment sehen, es lässt sich aber auf Basis von unserer einen kleinen Studien nicht sagen, ob das da draußen “in der echten Welt” auch ein Effekt ist, den wir sehen würden. Dieser Punkt wird in dem Artikel vom MDR nicht angesprochen. Und das finde ich, das ist schon Verzerrung. In dem Artikel vom MDR wird dann auch noch gesagt ja, die sagen schon, man darf jetzt aufgrund dieser einen Studie keine überzogenen Erwartungen haben. “Diese Therapie wird wahrscheinlich Autismus nicht heilen.” Und das ist was, wo man vielleicht mal die Betroffenen fragen sollte, also Menschen mit Autismus, die meistens gar nicht so scharf drauf sind, dass ihr Autismus geheilt wird. Also das ist ja wieder dieses Narrativ von “Oh, du hast eine Behinderung! Du hast ein Leiden und bist ein ganz armer Mensch, dir geht es ganz schlecht. Wir müssen dich heilen, wir müssen deine Symptome wegtherapieren.” Anstatt Neurodiversität einfach anzuerkennen und eben zu schauen ok, wo entsteht denn dieses Leiden? nämlich nicht aufgrund der Neurodiversität,
sondern aufgrund der Normvorstellungen der Gesellschaft! Das war das, was mich so aufgeregt hat. Kann man das nachvollziehen? 

Sarah Bühler: Ja. 

Sara Mohr: Ich hatte noch einen Punkt, den ich ansprechen wollte. Genau, auf Twitter wurde das auch so ein bisschen diskutiert im Bezug zu diesem Artikel, da wurde sich ganz fürchterlich aufgeregt. Dann wurde eben das Ergebnis diskutiert, dass am Ende weniger Kinder diese Diagnose bekommen haben. Das könnte ja auch nur zeigen, dass diese Kinder gelernt haben, besser zu maskieren. Und sich einfach gesellschaftskonform zu verhalten, damit aber vielleicht die Verhaltensweisen, die sie eigentlich bräuchten, die sie eigentlich gerne zeigen wollten, unterdrücken. Das ist so ein bisschen ein Thema, das schwierig ist. Also ich beschäftige mich noch nicht so lange damit. Ich bin demletzt auf die Theorie gestoßen, dass man sagt, viele Verhaltensweisen, die wir so als “typisch autistisch” deuten, also zum Beispiel keinen Blickkontakt aufnehmen oder sowas, das ist ja so ein Klischee, ne? Das muss überhaupt nicht für alle Menschen mit Autismus gelten, aber es gilt so als ein Klischee und dass das gar nicht unbedingt ein Symptom des Autismus selbst ist, sondern ein Copingskill, zum Beispiel um visuelle Reizüberflutung zu
vermeiden. Ne, also ich möchte mich vielleicht ganz besonders darauf konzentrieren, was du sagst, das heißt ich möchte auditiv ganz besonders aufmerksam sein und das kann ich vielleicht nicht, wenn ich visuell, jetzt auch noch von deiner Mundbewegung abgelenkt werde oder in die
Augen gucken muss. Das heißt, wenn ich dann jemanden zwinge oder jemandem dahin therapiere, Menschen immer in die Augen zu gucken, kriegt diese Person vielleicht in dem Moment ständig diese Reizüberflutung, diesen Overkill von Infos, Infos, Infos, die das Gehirn gar nicht- 

Sarah Bühler: Aber also macht man das? 

Sara Mohr: Naja, wir haben ja Verhaltenstherapie für Autist*innen natürlich. Hauptsache, du verhältst dich gesellschaftskonform. 

Sarah Bühler: Das finde ich echt schwierig. 

Sara Mohr: Ich finde das auch sehr schwierig. Weil eben ja der Ansatz ja viel mehr sein sollte, und ich weiß das auch ganz viele Kolleginnen-. Die Diskussion wird viel in Amerika geführt, wo ja diese
Verhaltenstherapie ABA, wo die Kinder quasi konditioniert werden, dieses aber sehr verbreitet ist. Und ja, die Kinder quasi einfach trainiert werden wie Hunde bestimmte Verhaltensweisen zu zeigen. Was natürlich absolut abgrundtief menschenrechtsverletzend ist schlussendlich. Genau,
aber jetzt bin ich von dem Thema weggekommen. Entschuldigung. Also interessante Studie, keine “spektakuläre” Studie. Es geht nicht darum, eine Heilung für Autismus zu finden, das sagen die Autor*innen auch in keinem Satz, nirgendwo in dieser Studie steht das. Im Gegenteil, was die
Autoren und Autorinnen am Ende sagen, ist, dass sie glauben, dass es diesen Unterschied zwischen den beiden Gruppen eben gab, weil vielleicht die Kinder in der Interventionsgruppe, wo viel Wert daraufgelegt wurde, dass die Eltern Kind Interaktion gut und positiv gestaltet ist, dass
diese Kinder vielleicht eher in der Lage waren, positive Lernerfahrungen zu machen und positive Beziehungen zu ihren Eltern aufzubauen und sich deshalb anders entwickeln konnten als die Kinder, bei denen eben kein Fokus daraufgelegt wurde. 

Sarah Bühler: Ja, kann ich mir gut vorstellen. 

Sara Mohr: Ja und vor allem wir müssen uns nochmal erinnre, wir reden über Kinder – das geht nämlich schnell vergessen – ganz am Anfang haben sie ja gesagt, das sind keine Kinder mit einer Autismus Diagnose denn wir können in diesem Alter die Diagnose gar nicht stellen, das sind einfach
Kinder. 

Sarah Bühler: Bei denen eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht. 

Sara Mohr: Ja, aber es ist nicht bestätigt und dann ist einfach das Ergebnis, ok, Kinder profitieren davon, wenn sie eine positive Beziehung zu Ihren Eltern haben. OK. 

Sarah Bühler: Das ist interessant, dass du darauf zu sprechen kommst, denn das ist auch ein Thema in meiner Studie, die ich vorstelle. 

Sara Mohr: Ich habe schon gedacht ich bau dir so ein bisschen die Brücke zur Elternarbeit. 

Sarah Bühler: Genau inwieweit die elterliche Beziehung tatsächlich das Outcome der Kinder beeinflusst oder Lernerfahrungen generell. 

Sara Mohr: Ja sehr schön, ich möchte nur noch ganz kurz das Fazit ziehen. Fazit 1 ist, wenn man so einen Artikel liest, also jetzt nicht die Studie, sondern den Artikel jetzt hier, in diesem Fall vom MDR und da sind Schlagwörter drin, wie spektakuläre Studie, revolutionäre Forschung, wäre ich prinzipiell erstmal vorsichtig, denn eine einzige Studie hat sehr, sehr selten so einen großen Effekt. Dann macht es Sinn, sich immer nochmal die Originalquelle anzugucken, gerade wenn die
Ergebnisse “zu gut, um wahr zu sein” klingen. Und das Dritte ist: es macht immer Sinn, sich auch mal anzugucken, was denn die Expert*innen dazu sagen? Und die Expert*innen sind in diesem Fall autistische Menschen und die Eltern von autistischen Kindern. Und wie finden die eigentlich diese Studie und waren die beteiligt an der Durchführung der Studie? Und was sagen die denn dazu? Und dann hilft es, das ein bisschen einzuordnen und das war mein Aufreger. 

Sarah Bühler: Okay ja, so einen Aufreger hatten wir doch schon mal, wenn ich mich richtig erinnere, wo aus einer Originalstudie was ganz anderes gemacht wurde. 

Sara Mohr: Ja, was war denn da? 

Sarah Bühler: Ich glaube, es ging um Sturzprävention. 

Sara Mohr: Ah ja, Oh ja. Da rege ich mich vielleicht nächstes Mal auf. Da ging es darum, dass die Physios die Helden der Sturzprävention sind und das es reicht einfach nur ein bisschen Krafttraining zu machen und schon fällt keiner mehr hin, ja. Auf jeden Fall nichts gegen die Physios! ihr wurdet instrumentalisiert in dieser Studie. Reden wir nächstes Mal drüber. 

Sarah Bühler: Okay, du bist durch und dann würde ich zu der Studie kommen, die ich rausgesucht habe. Und zwar geht es um das Thema CO-OP Ansatz und UEMF, oder DCD. 

Sara Mohr: Magst du noch mal sagen, was die ganzen Abkürzungen ausgesprochen heißen? 

Sarah Bühler: Genau also einmal UEMF ist die Umschriebene Entwicklungsstörung der motorischen Funktionen DCD developmental coordination disorder, praktisch dasselbe auf Englisch. Genau also der CO-OP Ansatz ist ein kognitiv orientierter Ansatz, bei dem die Kinder lernen, verschiedene
Handlungen in Handlungsschritte zu zerlegen und sich zu überlegen was ist das Ziel? Einen Plan machen, den Plan ausprobieren und dann überprüfen, hat der Plan funktioniert und wenn er nicht funktioniert hat, wieder anpassen. 

Sara Mohr: Das ist dann dieses Ziel Plan Tu Check. 

Sarah Bühler: Genau Ziel, Plan, Tu, Check. Und was ganz wichtig dabei ist, die Kinder entwickeln den Plan selbst mit Unterstützung des Therapeuten oder der Therapeutin. 

Sara Mohr: Ist schön, was da manchmal für Pläne bei rauskommen. 

Sarah Bühler: Ja, indem sie durch eine Entdeckung begleitet werden. Also wir stellen Fragen, die eben ermöglichen, dann einen Plan zu machen oder Ideen zu entwickeln, um Pläne zu machen. 

Sara Mohr: Genau also man gibt als Therapeut*in oder auch als Eltern nicht vor, naja, um den Reißverschluss zuzumachen, musst du das da unten reinstecken und dann hochziehen. 

Sarah Bühler: Sondern man fragt eher, wie könnte man das denn machen? Und dann wird man immer ein bisschen genauer. Also dann wo muss denn das eine Teil rein und auch da ist finde ich wichtig, die Kinder, die Teile benennen zu lassen. 

Sara Mohr: Niemand weiß, wie die Teile von einem Reißverschluss in Wirklichkeit heißen. Niemand weiß das. 

Sarah Bühler: Ja, und aber wenn die Kinder, die selbst benennen, dann wissen sie, was gemeint ist. Und da kommen manchmal ganz merkwürdige Sachen raus. 

Sara Mohr: Ich überlege gerade, Reißverschluss war öfter ein Thema bei den UEMF bei Kindern und ich überlege, ich stand immer vor dem Gedanken, niemand weiß, wie das richtig heißt. Aber ich weiß gerade auch nicht mehr, wie die Kinder das genannt haben. Das eine war einmal das
Zieh-Teil. 

Sarah Bühler: Du hast ein Zieh-Teil und das Spitze. 

Sara Mohr: Ja ja, Reißverschlüsse sind echt nicht so einfach, versucht das mal! Aufgabe für die Zuhörenden zu Hause versucht das mal für eine Schleife binden am Schuh. Wie nennt man die Teile einer Schleife? Ja cool genau und dann lernen die Kinder quasi: Ich habe die Möglichkeit
mir so Pläne zu machen und diese Pläne kann ich nicht nur für den Reißverschluss benutzen, sondern auch für andere Dinge, die ich schwierig finde. 

Sarah Bühler: Genau also es geht dann darum, diese globale, also man nennt eine globale Strategie, dieses Ziel Plan Tu Check eben auch auf andere Aktivitäten oder Betätigungen oder Handlungen, was auch immer zu übertragen. Genau, und zwar ja, der Titel ist ziemlich lang. 

Sara Mohr: Soll ich dich zwingen, die Zunge zu brechen und den auszusprechen? 

Sarah Bühler: Ich probiere es also ok. Efficacy of the Cognitive Orientation to daily Occupational Performance (CO-OP) approach with and without parental coaching on activity and participation for children with developmental coordination disorder: A randomized clinical trial. Also was untersucht wurde, ist die Wirksamkeit des CO-OP Ansatzes mit oder ohne elterliche Begleitung bzw dem Coaching und das wurde dann geschaut, inwieweit sich die Aktivität und die Partizipation der Kinder mit einer UEMF verändert. 

Sara Mohr: Also der einzige Faktor, der sich quasi verändert hat war, sind die Eltern mit dabei oder nicht beim CO-OP Ansatz? 

Sarah Bühler: Also man muss unterscheiden zwischen dem traditionellen CO-OP Ansatz, wo die Eltern ja auch dabei sind, allerdings 3 Einheiten. Und in dieser Studie zusätzlich noch 4 Elterncoachings in Gruppen à 60 Minuten.  

Sara Mohr: Parallel quasi zu der Therapie, die die Kinder bekommen haben. 

Sarah Bühler: Genau parallel zur Therapie, die die Kinder bekommen. 

Sara Mohr: Okay. Ich bin ja Fan von Elternarbeit. 

Sarah Bühler: Mhm ich auch genau und die Elternarbeit ist auch ein Schlüsselelement im CO-OP Einsatz, bisher haben aber wenige Studien untersucht, inwieweit es Sinn macht, wie lange oder wie oft die Eltern dabei sind und wie sich das eben auf die Ergebnisse der Kinder auswirkt. 

Sara Mohr: Im traditionellen Ansatz ist es so, dass die Eltern irgendwie die ersten ein 2 Einheiten dabei sind, damit sie so mitkriegen, wie funktioniert CO-OP und so, ne? Und dann sind sie am Ende nochmal dabei, oder? 

 Sarah Bühler: Genau ja. 

 Sara Mohr: Okay. 

 Sarah Bühler: So genau was haben wir jetzt genau gemacht, also die haben insgesamt 22 Kinder zwischen 7 und 12 Jahren mit dem Zufallsprinzip in 2 Gruppen aufgeteilt `a 11 Kinder, eine experimentelle Gruppe das ist die Gruppe, die eben noch das Elterncoaching hatte. Und eine aktive
Kontrollgruppe, was bedeutet die haben Therapie nach dem CO-OP Ansatz bekommen aber ohne dieses zusätzliche Eltern Coaching. Getestet wurden dann die- 

 Sara Mohr: Wie viele Kinder waren das? 

 Sarah Bühler: Insgesamt 22 also eine relativ kleine Stichprobe. 

 Sara Mohr: Wahrscheinlich auch echt schwierig für so eine Art Studie so viele Kinder zusammenzukriegen und Eltern dann auch noch dazu. 

 Sarah Bühler: Genau. Es wurden dann unglaublich viele Assessment gemacht, auf die ich gar nicht alle eingehen möchte, sowohl mit den Kindern als auch mit den Eltern. Ich kann da schon paar aufzählen, also es wurde der M-ABC 2 gemacht, der Five Digit Test, der Tower of London Test, der COPM und auch noch einige andere. 

Sara Mohr: Das heißt, wir haben wirklich komplett motorische Entwicklung, kognitive Entwicklung und Alltagskompetenz. Einmal rundum alles erhoben, nicht schlecht. 

 Sarah Bühler: Genau, zu 3 unterschiedlichen Zeitpunkten wurden die Messwerte erhoben, einmal vor der Intervention, direkt nach der Intervention und dann wurde noch ein Follow up gemacht. 

 Sara Mohr: Und die Intervention an sich waren die üblichen 10 Einheiten oder wieviel haben die gekriegt? 

 Sarah Bühler: Das kann ich dir so genau gar nicht sagen, ich meine 10 Einheiten, müsste ich nochmal nachgucken. Genau, aber die haben auf jeden Fall gleich viel bekommen. Zusätzlich war nur das Eltern Training. Genau was jetzt rauskam ist ganz spannend eigentlich. Es gab kaum signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Direkt nach der Intervention war zwar die Zufriedenheit bei den Kindern in der Interventionsgruppe signifikant höher, im Follow up dann aber nicht mehr. 

 Sara Mohr: Ah ja, okay, das heißt die Kinder, wo die Eltern mit gecoacht wurden, haben direkt nach der Intervention gesagt ja, ich finde, ich bin besser geworden in meinen Alltagsfähigkeiten, oder nein, ich bin zufriedener. Okay und das hat aber nicht so lange angehalten scheinbar. 

 Sarah Bühler: Genau das hat nicht lange angehalten, der Effekt hat sich praktisch in Follow up aufgehoben. Genau im Follow Up war es so dass die Kontrollgruppe signifikant höhere Werte in den Transfer Goals erreicht hatte. 

 Sara Mohr: Was sind noch mal die Transfer Goals beim CO-OP? 

 Sarah Bühler: Die Transfer Goals wurden gemessen mit der PQRS Skala. 

 Sara Mohr: Sind das die Ziele, an denen du nicht in der Therapie selber arbeitest? 

 Sarah Bühler: Genau also die Transfer Goals, das sind die Ziele, die die Kinder zwar benennen, an denen aber nicht direkt in der Therapie gearbeitet wird. 

 Sara Mohr: Das heißt setzen die, die nach der Intervention um oder schon zu Hause parallel zur Therapie? 

Sarah Bühler: Das weiß ich nicht. 

 Sara Mohr: Okay, also nimm Follow up, nachdem die Intervention und alles vorbei war und ein bisschen Zeit ins Land gegangen war, dann waren die Kinder, wo die Eltern nicht gecoacht wurden, scheinbar besser in der Lage die Therapieinhalte zu transferieren auf ihren Alltag. Das ist jetzt aber ein trauriges Ergebnis. 

 Sarah Bühler: Was die Autor*innen dann davon ableiten, ist das ein zusätzliches Elterncoaching nicht zu einer signifikanten Verbesserung der Betätigungsperformanz oder der Partizipation der Kinder im Vergleich zum traditionellen CO-OP Ansatz führt. Was wir hier vielleicht noch mal erwähnen müssen. Es gab keine Gruppe, die keine Therapie bekommen hat, also es wird davon ausgegangen, aufgrund der Studienlage generell zum CO-OP Ansatz, dass der CO-OP Ansatz wirksam ist. 

Sara Mohr: Da gibt es ja auch viele Studien zu. Okay, das ist jetzt tatsächlich schon ein bisschen unbefriedigend. Ich hätte jetzt gerne gehört, dass es so viel mehr bringt, wenn die Eltern mit dabei sind. 

Sarah Bühler: Ja, aber da kommen wir in der Diskussion gleich nochmal drauf. Weil das führen die eventuell auf den Erziehungsstil der Eltern zurück. Da wir hier sehr engagierte Eltern hatten. 

 Sara Mohr: Haben die das auch getestet? Wie findet man denn raus, wie engagiert die Eltern sind? 

 Sarah Bühler: Das haben die auch getestet, ja, da hatten die auch 2 Fragebögen, wo die geguckt haben, wie der Erziehungsstil der Eltern ist und der war bei den Eltern, die teilgenommen haben, relativ optimal, bei allen bei beiden Gruppen. 

 Sara Mohr: Also generell haben die Eltern, die an dieser Studie teilgenommen haben, einen sehr engagierten, Erziehungsstil an den Tag gelegt? Ja, okay, das ist ja auch einfach so ein Bias. Ja, sagen wir mal du hast jetzt Eltern, die nicht so Bock auf diese ganze Therapiesache haben und so, dann bist du auch nicht jemand, der an einer Studie teilnimmt. Man rekrutiert halt die Teilnehmenden, die auch Lust haben, an einer Studie teilzunehmen. 

 Sarah Bühler: Okay, was auch noch ein Outcome ist, dass beide Gruppen direkt nach der CO-OP Intervention sowohl bei den Kindern als auch bei den Eltern signifikante Verbesserungen in der Betätigungsperformanz und der Zufriedenheit geteilt werden konnten. Und das kennen wir ja auch schon von anderen Studien. 

 Sara Mohr: Ja, das ist, weil CO-OP einfach auf die Betätigungsperformanz wirkt. 

 Sarah Bühler: Ja, genau jetzt kommt das Spannende an der Studie. Was die noch herausgefunden haben, ist, dass es signifikante Unterschiede in beiden Gruppen nach der Intervention gibt, auf die motorischen Fähigkeiten bezogen. Also die haben auch den M-ABC 2 gemacht und im Vergleich zu vorher gibt es hier signifikante Unterschiede. 

 Sara Mohr: Zwischen den beiden Gruppen oder von vom Anfang der Studie zum Ende der Studie? 

 Sarah Bühler: Vom Anfang zum Ende der Studie in beiden Gruppen genau. Und da war man sich ja immer nicht so sicher. Dazu gibt es noch relativ wenig, inwieweit sich der CO-OP Ansatz tatsächlich auf die motorischen Fähigkeiten auswirkt. 

Sara Mohr: Das hatte ich tatsächlich generell bei UEMF jetzt nicht auf dem Schirm. Magst du kurz nochmal erklären was bei UEMF Kindern das Problem ist, weshalb die so schlecht sind motorisch? 

 Sarah Bühler: Dazu gibt es ja wenig Studien, die das so genau wirklich sagen, oder man weiß es noch nicht so genau, aber die Vermutung ist, dass die Kinder nicht in die Automatisierung der motorischen Fähigkeiten kommen und sich daher die motorischen Fähigkeiten tatsächlich nur schwierig verbessern lassen. Aber halt die Betätigung, indem man Kompensationen erlernt über die kognitiven Strategien. 

 Sara Mohr: Das heißt, es sind Kinder, die nicht vom Übungseffekt profitieren, die nicht aus Fehlern lernen. Weil sie ihre Handlungspläne vermutlich nicht abspeichern können, ist das nicht die Theorie? Das heißt, ich kann nicht meinen Handlungsplan wieder abrufen und gucken, oh, der hat nicht geklappt was kann ich denn vielleicht verändern? Das passiert nicht automatisch. Sondern ich muss das wirklich kognitiv machen, weil ich sonst nicht verstehen kann, was ist denn gerade schiefgelaufen? Warum hat denn diese Handlung nicht funktioniert? Und das sind dann auch Kinder, bei denen es nicht hilft zu sagen “du musst mehr üben” oder “du musst dich mehr konzentrieren” oder  

Sarah Bühler: Oder guck besser hin, weil das Kind schon nicht mehr weiß, wie der Handlungsplan vorher war. 

Sara Mohr: Gut, das Kind braucht dann eben eine kognitive Strategie, das heißt es lernt ja im CO-OP Ansatz wie zerlege ich mir eine Handlung in einzelne Schritte, die ich mir merken kann und dann mache ich mir einen Plan und dann folge ich diesem Plan. 

 Sarah Bühler: Tatsächlichen oder auch wie entdecke ich die Handlung? Und dafür gibt es ja dann auch wieder verschiedene Strategien, um sowas zu entdecken und da muss man ja auch wieder gucken, was passt individuell zu dem Kind? 

 Sara Mohr: Für mich hieß das immer so automatisch ja klar, dann wird das Kind auch motorisch besser, aber das ist ja nur meine Annahme. Nur weil das Kind dann die Handlung ausführen kann, weil es für diese Handlung einen Plan hat und auch in der Lage ist, sich für andere Handlungen
Pläne zu entwickeln, heißt aber nicht, dass sich die motorischen Fähigkeiten verbessert haben. Ach genau, und das haben wir jetzt herausgefunden, dass sich das doch verbessert? 

 Sarah Bühler: Dass sich das verbessert, ja. Zudem haben die auch Tests gemacht, um die exekutiven Funktionen zu testen oder die nochmal mit im Blick zu behalten. 

Sara Mohr: Exekutivfunktionen sind komplexe und kognitiv abstrakte Denkweisen. 

 Sarah Bühler: Und auch hier gab es schon signifikante Verbesserungen. 

 Sara Mohr: Ja gut, aber das finde ich ist ja ziemlich straight forward. Ich bin ja beim CO-OP die ganze Zeit am vorausschauend denken und planen und meine Handlungen reflektieren, dass das die exekutiven Funktionen trainiert, klingt logisch. 

 Sarah Bühler: Ja, genau also, das ist das, was die gemessen haben. Jetzt diskutieren die natürlich ihre Ergebnisse. Mhm und wenn wir nochmal zurück zu den Eltern kommen, dass dieses Elterncoaching eben zu wenig signifikanten Verbesserungen geführt hat. Genau das wurde dann eben diskutiert, inwieweit der Erziehungsstil Einfluss auf das Betätigungsverhalten beziehungsweise den Erfolg der Kinder hat und wurde auch nochmal gesagt, dass eben in dieser Studie die Eltern sehr motiviert waren. Die hatten zudem auch einen sehr positiven Erziehungsstil oder elterliche Praktiken und das könnte teilweise sich auf das Ergebnis des Kindes ausgewirkt haben.  

Sara Mohr: Das heißt was leiten die daraus dann ab für die für die Praxis? Mach ich jetzt mit einem Kind, das zu mir kommt mit einer UEMF und ich möchte das gerne nach dem CO-OP Ansatz behandeln, nehme ich mir jetzt die Eltern mehr als dreimal dazu oder nicht? 

 Sarah Bühler: Das, sagen die, muss weiter untersucht werden, weil hier wurde jetzt lediglich eigentlich untersucht wie ist es, wenn die Eltern anwesend sind, aber nicht wie engagiert müssen die sein. 

 Sara Mohr: Ja, ich habe die Eltern ja schon gerne gerade bei CO-OP Sachen einfach am Rand sitzen und sie sollen den Mund halten, ne frech formuliert. 

Sarah Bühler: Ja, es fällt aber ganz vielen so schwer und dann sind die Kinder schon auch schnell deprimiert. 

 Sara Mohr: Ja ja, auf jeden Fall. Deshalb ist absolutes Redeverbot und wer reinredet, während sich das Kind am Konzentrieren ist, der muss halt draußen warten. 

 Sarah Bühler: Die Autor*innen verweisen dann noch auf andere Studien, die sie durchgeführt haben und empfehlen eben das es generell sinnvoll ist, familienzentrierte, betätigungsorientierte Ansätze und mehr Informationen über die begleitete Entdeckung zu geben. 

 Sara Mohr: Jetzt musst du mir erklären, was begleitete Entdeckung ist. 

 Sarah Bühler: Na, das ist das das Kind zu unterstützen, das selbst zu entdecken. Also das machst du ja beim CO-OP Ansatz, indem du Fragen stellst, genau und das eben wichtig sei, dass Engagement der Eltern zu fördern und dafür schlagen sie dann 4 Strategien vor. 

Sara Mohr: Okay, das heißt, wenn ich die Eltern habe, die die jetzt nicht soengagiert dabei sind, dann gibt es jetzt 4 klare Strategien, was ich mit den Eltern mache. 

 Sarah Bühler: Genau ja, und zwar ist die erste Strategie, durch Technologien ständig im Kontakt mit der Familie zu bleiben. 

 Sara Mohr: Was heißt das? 

 Sarah Bühler: Das heißt, dass wir an die Ergo-Hausaufgaben erinnern. 

 Sara Mohr: Ach okay, ja ich sehe, dass das Sinn machen würde. 

 Sarah Bühler: Genau auch nachzufragen haben Sie das schon gemacht? Wie sieht das aus? Ja, das ist ja im Praxis Alltag tatsächlich ein bisschen schwierig, allein schon wegen Datenschutz. Aber ich denke, das ist was, was kommen wird, dass man mehr erinnern muss. Ich lasse viele Eltern immer Erinnerungen ins Handy speichern. 

 Sara Mohr: Das ist ja auch eine Methode, dass sie sich eben selber daran erinnern können, das ist was. Was ich glaube, das macht in dem ganzen Kontext jetzt Sinn, wo wir sagen, der Einfluss der Eltern ist so wichtig, ne? Dann können wir aber auch nicht hingehen und einfach von den Eltern erwarten, dass sie immer super engagiert sind und in ihrem Alltag an nichts anderes denken als die Ergotherapie, Hausaufgaben und permanent nicht nur Mutter sind oder Vater, sondern auch Therapeut des Kindes sind. Sondern dann müssen wir tatsächlich sagen okay, dann müssen wir die Eltern aber auch echt supporten, dass sie das gewuppt kriegen. 

 Sarah Bühler: Mhm ja, zweite Strategie ist wir als Therapeuten sollen mit den Eltern gemeinsam verschiedene Möglichkeiten oder auch verschiedene Ergo-Aufgaben oder Hausaufgaben erarbeiten, die zur Routine der Familie passen. Was einfach zentral ist, wenn ich eine Aufgabe gebe, dann muss ich fragen ist das überhaupt machbar und wie ist es machbar? Wann könnte das machbar sein. Und auch ein ehrliches Feedback zuzulassen, zu sagen, das passt nicht zu uns, können wir nicht machen. 

 Sara Mohr: Ja und da auch vielleicht so ein bisschen die Erwartungen runterzuschrauben. Also es ist ja ein häufiges Thema Schuhe binden und ja klar, wir üben jetzt jeden Tag 3-mal Schuhe zubinden. Ja, sicher nicht. Also und ganz bestimmt nicht morgens, bevor das Kind in den Kindergarten muss, weil da sind alle im Stress und das wird rumgehetzt, ne und dann lieber ehrlich zu sein und zu sagen ne, wir schaffen es unter der Woche einfach nicht. Und dann weiß ich das aber auch als Therapeutin und dann ist es okay, wir machen das, aber dafür dann am Wochenende. 

 Sarah Bühler: Genau und also da finde ich es wichtig, die Zusammenarbeit und die Arbeit auf Augenhöhe, um so Dinge besprechen zu können und auch irgendwie und gemeinsam zu arbeiten. 

 Sara Mohr: Ich glaube, da ist es auch echt wichtig, gerade wenn wir jetzt von diesen super engagierten Eltern reden, da so ein bisschen den Druck rauszunehmen also es ist dann auch ok, wenn halt mal eine Woche nicht geübt wird. Also erstmal üben bringt eh nix bei UEMF Kindern, aber wenn jetzt mal eine Woche nicht an dem Ziel gearbeitet wurde, weil halt keine Ahnung das Geschwisterkind eingeschult wurde und da ganz viele neue Routinen gerade entstehen mussten und das einfach in den Hintergrund gerückt ist. Also ich finde, das ist ja auf der einen Seite Verantwortung zurückgeben. Aber auf der anderen Seite auch so ein bisschen zu sagen ja, es ist ok, also das Leben passiert halt und du kannst nicht jeden Tag hundert Prozent alles richtig machen und dann ist es aber mal so und dann kann ich als Therapeutin dann nämlich auch sagen ok, wir sind jetzt in der Therapie auf dem und dem Stand das hat gut geklappt hat und das und das wird noch verbessert. 

Sarah Bühler: Genau als dritte Strategie gibt es ein Booklet, das die Eltern daran erinnert, wie die begleitete Entdeckung unterstützt werden kann und ein Transfer oder eine Generalisierung dann im Alltag stattfinden kann. 

 Sara Mohr: Ach, das gibt es zu kaufen und zu verteilen oder was ist das für ein Booklet? 

 Sarah Bühler: Ich habe es bis jetzt tatsächlich noch nicht gefunden. Aber in der Studie war das auch Teil dieses Elterncoachings. 

 Sara Mohr: Aha, ok ist die Frage, ob es das schon auf Deutsch gibt. Ansonsten wie hieß denn dieses Büchlein auf Deutsch?  

Sarah Bühler: Das mit dem Tolpi? Das war das eine Broschüre, die man kostenlos rausgeben konnte, ne, die war bei einer Ergo Zeitschrift glaube ich drin, aber es gibt die PDF glaube ich kostenlos online. Da wird der CO-OP Ansatz erklärt, und zwar dieser Tolpi kann motorische Sachen nicht so toll und dann lernt er Ziel Plan Tu Check und dann läuft das so. 

 Sara Mohr: Ich finde, das reicht oft schon. Das muss jetzt gar nicht so eine hoch wissenschaftliche Info an die Eltern sein, die müssen ja wirklich nur Hands on wissen, was ist der Grundgedanke. 

 Sarah Bühler: Genau und das Vierte ist Videos und Nachrichten austauschen, um eben an die Hausaufgaben zu erinnern. 

 Sara Mohr: Was meinen die mit Videos austauschen? 

Sarah Bühler: Haben Sie nicht genauer, erläutert. Ja, ich sehe das kritisch, wir können das hier wegen Datenschutz ja nicht machen. 

 Sara Mohr: Ich meine du kannst Emails schicken… 

 Sarah Bühler: Ja. 

Sara Mohr: Na gut, das kommt vielleicht sehr auf den Einzelfall an, also es gibt ganz gewiss Eltern, die das brauchen und auch mögen. Es gibt aber ganz gewiss auch Eltern, also wenn mir jetzt jemand noch ständig Emails schreiben würde, ob ich jetzt meine Aufgaben gemacht habe, würde ich sagen kommt Leute jetzt hier ist aber auch mal gut. 

 Sarah Bühler: Ja, aber das ist gut zu wissen, dass die Möglichkeit, dass es sinnvoll sein könnte. Genau was auch noch diskutiert wurde, ist ja, dass die experimentelle Gruppe nach der Intervention die höhere Zufriedenheitsrate hatte. Und da haben sich die Autor*innen dann
gefragt, wie das zustande kam. 

 Sara Mohr: Waren nur die Kinder zufriedener oder auch die Eltern? 

 Sarah Bühler: Die Kinder waren zufrieden. 

 Sara Mohr: Die Kinder waren nach der Intervention, wo die Eltern auch gecoacht wurden, haben die gesagt ja, ich bin zufriedener mit dem, wie es klappt? Mhm, das ist ein schönes Ergebnis eigentlich, das ist doch eigentlich, was du willst. Und wie kam das zustande? Was haben die für Ideen? 

 Sarah Bühler: Die haben die Idee, also, die wurden ja auch nach einem bestimmten Ansatz gecoacht, nämlich dem Ocupational Performance Coaching. 

 Sara Mohr: Okay. 

 Sarah Bühler: Es war also ein Gruppen Coaching, das heißt, wir haben da eine emotionale Unterstützung erfahren, haben gemeinsam die Betätigungsprobleme ihrer Kinder analysiert und die Frage ist, ob das Einfluss auf die Wahrnehmung hat und dann den Umgang mit den Kindern. 

 Sara Mohr: Ah ja, das kann ich mir gut vorstellen. Ich hatte nicht sehr viele UEMF Kinder, aber das waren oft Eltern, die sehr unter Druck waren, die immer so ein bisschen dieses Gefühl mit sich herumgeschleppt haben. Klar irgendwas mein Kind hat mit irgendwas Probleme, kriegt Sachen nicht so gut hin wie andere Kinder und dann kam immer irgendwann der Satz “Aber mein Kind ist doch nicht doof!”. Und so ist es ja auch nicht! Nach außen wirken Kinder mit UEMF einfach wirklich tollpatschig und wirklich als, als würden sie nicht nachdenken über die Sachen. Dabei hat das überhaupt nichts mit der Intelligenz zu tun. 

 Sarah Bühler: Ja, ich muss nochmal korrigieren. Die Eltern waren auch zufriedener, also sowohl die Eltern als die Kinder. 

 Sara Mohr: Okay, und das kann daherkommen, dass die Eltern gelernt haben, okay, bin nicht alleine und es geht anderen Eltern auch so und es gibt andere Kinder, denen es auch so geht, ja, spannend. 

 Sarah Bühler: Genau ist aber wie gesagt, nur eine Vermutung und die sagen deshalb sollte man eben, sollte es weitere Studien geben, die nicht nur die Präsenz, sondern auch die Beteiligung der Eltern genauer betrachten, inwieweit eben das Engagement nochmal Einfluss darauf hat. 

 Sara Mohr: Ich bin ja eh generell, jetzt nicht nur auf UEMF und jetzt auch nicht nur auf Kinder bezogen, sondern ich finde, dass Austausch der Klient*innen untereinander so etwas Wertvolles ist, was wir noch viel zu wenig einsetzen. Also schlussendlich sind das ja die Expert*innen und schlussendlich ist es immer eine Möglichkeit für dieses Gefühl “Ich bin ich bin damit nicht alleine und es gibt andere Leute, die entweder das gleiche Problem haben oder die da Ideen zu haben”, oder? Ich finde, das ist was, was man viel mehr nutzen kann. Ich muss da immer dran denken,
ich hatte einmal einen Klienten. Ein relativ junger Mann nach Schlaganfall. Ich muss kurz einmal sagen, wenn wir hier über Klient*innen sprechen, die wir persönlich kennen, dann verfälschen wir
das immer, also wir ändern Zeitpunkt, wir ändern Alter, wir ändern Geschlecht, nennen nie Namen, das sind vielleicht gar nicht Leute, die wir selber behandelt haben, sondern die andere Leute behandelt haben.Vielleicht denken wir uns die auch willkürlich aus, einfach damit das
einmal geklärt ist, dass wir hier natürlich keine sensiblen Informationen rausgeben. Also diese Person bei mir in der Therapie hatte einen Schlaganfall und eine starke Lähmung einer Körperseite und hatte aber lange Haare und hat früher immer einen Pferdeschwanz getragen. Jetzt mach dir halt mal einen Pferdeschwanz mit einer Hand. Also in der anderen Hand war wirklich keine Funktion. Es war keine Chance die Haare so zusammenzukriegen.  Haare abschneiden für eine problemlosere Frisur war aber auch keine Option und ich habe keine Idee, wie man Pferdeschwanz mit nur einer Hand hinkriegt, ich kann das auch nur mit 2 Händen. Also haben wir uns hingesetzt und haben auf YouTube nach Videos gesucht. Und da gibt es Videos von Leuten, die entweder auch eine Lähmung auf einer Seite haben oder die nur mit nur einem Arm zur Welt kamen. Und allein zu sehen, dass es andere Leute gibt, die dasselbe Problem haben hat diesen Klienten so froh gemacht. Ich werde das nicht vergessen, wie er vor diesem Laptop saß und einfach so gelacht hat vor Erleichterung, dass er mit diesem Problem nicht alleine ist. Und das war ja, und das ist, was das, was ich als Therapeutin mit 2 gesunden Arm halt absolut nicht vermitteln kann, dafür brauche ich andere Leute, die das rüberbringen können. Ja so viel zum Austausch von Betroffenen.   

Sarah Bühler: Ja, genau, das war’s dann auch soweit ich kann nochmal kurz zusammenfassen. 

 Sara Mohr: Ja, bitte das war jetzt viel Input. 

 Sarah Bühler: Ja, also es war eine Studie mit insgesamt 22 Kindern, die Eltern der Kinder waren auch beteiligt. Es gab 2 Gruppen, die Kinder wurden zufällig den Gruppen zugeteilt. Eine aktive Kontrollgruppe, die den traditionellen CO-OP Ansatz erhalten hat und eine experimentelle Gruppe, da haben die Eltern zusätzlich zum traditionellen CO-OP Ansatz, ein Coaching von 60 Minuten viermal erhalten. Okay also, was rauskam war, dass es kaum Unterschiede zwischen Kontroll- und
Interventionsgruppe gab, lediglich in der Zufriedenheit, das hat sich aber im Follow up umgekehrt. 

 Sara Mohr: Und die Unterschiede waren nicht so groß? 

Sarah Bühler: Genau, die waren nicht so groß, auf jeden Fall. Daraus hat sich abgeleitet, dass das elterliche Coaching nicht notwendig ist. In der Diskussion hat sich dann aber oder hat man noch mal diskutiert, dass diese Eltern generell sehr engagiert waren und einen guten Erziehungsstil hatten. 

 Sara Mohr: Bei der Klientel ist es quasi gar nicht so relevant, ob du jetzt die Eltern nochmal extra coachst oder nicht? 

 Sarah Bühler: Genau, wenn sie engagiert sind. 

 Sara Mohr: Mhm okay, das heißt aber für mich jetzt in der Praxis, wenn ich das Gefühl habe, das fällt den Eltern schwer oder so, aktiv dabei zu sein, dann könnte das durchaus vielversprechend sein. Dann nochmal ein bisschen mehr Input auf Seiten der Eltern zu geben und vielleicht sogar
den Eltern die Möglichkeit zu geben, sich miteinander zu treffen und auszutauschen. 

 Sarah Bühler: Genau und man kann eben die 4 Strategien anwenden, die Eltern durch Technologien, mit denen in Kontakt zu bleiben, Hausaufgaben zu erarbeiten, um die Ergo Aufgaben an die Routine der Familie anzupassen und eben an die Hausaufgaben erinnern. 

 Sara Mohr: Und so ein Büchlein irgendwie eine Broschüre, die dann nochmal darüber informiert. 

 Sarah Bühler: Genau ja. Was die Studie auch noch rausgefunden hat, ist, dass sich die motorischen Fähigkeiten der Kinder tatsächlich signifikant verbessert haben. 

 Sara Mohr: Ach, das war ja der Punkt ja. 

 Sarah Bühler: Genauso wie die exekutiven Funktionen, was die Frage aufwirft, ob kognitiv basierte Interventionen Kinder mit einer UEMF unterstützen können motorisch besser zu werden. 

Sara Mohr: Dass sich tatsächlich doch die zugrunde liegenden Fähigkeiten verbessern, dass es nicht nur eine Kompensation quasi ist, sondern sichtatsächlich auch die motorischen Fähigkeiten verbessern, hm spannend. Aber da haben sie bestimmt gesagt dazu braucht es noch mehr Forschung, ne? 

Sarah Bühler: Genau ja, die genauen Wirkmechanismen und so muss man genauer untersuchen. Ebenso auch bei den exekutiven Funktionen. 

 Sara Mohr: Das wäre jetzt auch ein bisschen größenwahnsinnig, anhand von einer Studie mit 20 Kindern, daraus so eine Konsequenz zu ziehen. 

Sarah Bühler: Für mich stellt sich trotzdem auch noch so ein bisschen die Frage, ob nicht über diese Kompensationsstrategien oder dieses Ziel Plan Tu Check… Ich könnte mir schon vorstellen beim M-ABC geht es ja auch um dieses Ball werfen und diese Geschichten oder dieses Säckchen werfen.
Wenn ich da die Strategie habe, ich guck da genau hin und ich mach das erstmal langsam, dann schaue ich, wie das ist, dann probiere ich. So glaube ich, dass das einfach Auswirkungen haben könnte. Aber es ist praktisch in den motorischen Fähigkeiten sichtbar. 

Sara Mohr: Dass es quasi ein Transfer war, dass die Kinder eigentlich ja sehr kurzfristig in der Lage sind, dann die Strategien, die sie erarbeitet haben, direkt in der Testung zu übertragen. Das ist natürlich jetzt schwierig auseinander zu dröseln, was jetzt schlussendlich den M-ABC verbessert hat, ob es war, weil die Kinder Strategien entwickelt haben, oder ob es war, weil sie tatsächlich bessere motorische Fähigkeiten haben. 

 Sarah Bühler: Ja, das muss weiter untersucht werden. 

 Sara Mohr: Mhm ok was mach ich jetzt damit in der Praxis, Sarah? 

 Sarah Bühler: CO-OP anwenden und ich glaube, was ganz Wichtiges zu gucken, ob ein Kind eine UEMF hat oder nicht, also den M-ABC 2 zu machen und wenn das Kind unterhalb der 15. Perzentile ist, dann CO-OP anzuwenden, so wie es in den Leitlinien auch empfohlen ist. 

 Sara Mohr: Und auf die Eltern ein Augenmerk insofern haben, als das den zumindest grundlegend klar sein muss, was da jetzt gerade passiert in der Therapie und beim CO-OP und- 

 Sarah Bühler: Den Eltern auch zu sagen, aufhören zu Üben. 

 Sara Mohr: Ja und ein bisschen Druck rausnehmen. Ja sehr spannend also. 

 Sarah Bühler: Oder nicht aufhören zu üben, aber über Wiederholungen zu üben. 

 Sara Mohr: Ja, genau, “jetzt streng dich doch mal an”, “Noch 5-mal abschreiben, dann hast du es verstanden” oh Gott Kindheitstraumata kommen hoch. (lacht) Ja gut, das ist doch was wir auf jeden Fall für die Praxis mitnehmen können, sehr schön. Ich habe ja immer sehr gerne nach CO-OP gearbeitet, sowohl mit den mit Kindern als auch, ich habe es auch bei meinen erwachsenen Klient*innen teilweise angewendet. Weil es so spannend ist zu sehen, auf was für Lösungen die Leute kommen. Wo man niemals daran gedacht hätte, das so zu machen, aber du denkst nur ,gut okay, probieren wir das jetzt mal so und dann klappt es und dann ist immer der Moment, wo ich mir denke, “oh Mann, wenn ich das jetzt einfach vorgegeben hätte, wie ich es machen würde verpasst man einfach so viel!” Ich habe eine befreundete Physiotherapeutin und die sagt immer: “Es gibt 500 Arten von einem Stuhl aufzustehen. Und nur weil wir als Kinder irgendwann beigebracht bekommen, wie man das richtig macht, heißt nicht, dass wir die 499 anderen Arten von dem Stuhl aufzustehen, vergessen müssen.” 

 Sarah Bühler: Das ist echt ein cooles Zitat. 

 Sara Mohr: Also von daher, das ist doch das Spannende an der Ergotherapie, dass wir ungewöhnliche Wege finden können, wie man Sachen macht, wie man Reißverschlüsse zumacht, von Stühlen aufsteht. 

 Sarah Bühler: Ja, erinnere ich mich an einen Patienten mit einer Hemiparese, ja, und der hatte auch noch einen Neglect und er wollte auch unbedingt wieder seinen Reißverschluss zumachen. Und der kam auf die Idee, ein Schlüsselband einzuhängen in das Teil, das sich bewegt. Ach, wie nennen wir das denn jetzt? Das Schlüsselband da einzuhängen und dann mit dem Fuß drauf zu stehen, auf das Schlüsselband, damit das gespannt ist. Damit er damit den Schippel einfädeln konnte. 

 Sara Mohr: Ah, das ist auch gut, dann hast du mit dem Schlüsselband auch was, woran man ziehen kann. Für die nächste Folge recherchiere ich offizielle Bezeichnung für Reißverschluss Teile! 

Sarah Bühler: Ja mach das. 

Sara Mohr: Ja, wunderbar Sarah. Vielen Dank für diese Studie. Ich habe Sachen gelernt und ich freue mich darauf, wenn wir uns das nächste Mal hören. 

Sarah Bühler: Ja ich auch. 

Sara Mohr: Bis zum nächsten Mal! 

Sarah Bühler: Tschüss!

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