#6 - Wie sollten ergotherapeutische Gruppenbehandlungen gestaltet sein, um das Wohlbefinden der Klient*innen zu fördern?

Ergotherapeutische Gruppenangebote so gestalten, dass Klient*innen die Inhalte in ihren Alltag übertragen und ihr Wohlbefinden steigern können? Das klingt traumhaft! Daniel stellt eine Studie aus Japan vor, die dieses Thema experimentell untersucht hat.

Geschichten aus dem Alltag: Sarah und Sara besteigen den Ergo Gipfel in Zürich. Daniel erklärt, was eigentlich das Gegenteil von Evidenzbasierung ist. Und Sarah testet das ET Pro als Dokumentationstool.

Lust auf mehr Evidenz für dein Team?

Die Studie dieser Folge ist: Noguchi, T., Kyougoku, M., Kawakami, T., Nishimoto, Y., & Kashihara, K. (2021). Effect of occupational therapy program to promote well-being in people with experiences of mental illness – Quasi-experimental study. Occupational Therapy in Mental Health, 37(4), 386–402.

Zedel, J., & Chen, S.-P. (2021). Client’s experiences of occupational therapy group interventions in mental health settings: A meta-ethnography. Occupational Therapy in Mental Health, 37(3), 278–302.

Intro: Hintergrundmusik, die sich langsam steigert. Eine Stimme sagt: Evidenz auf die Ohren, der Podcast für evidenzbasierte Ergotherapie. 

00:00:35 Sara Mohr : Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge Evidenz auf die Ohren. Und ich sitze heute zum Glück nicht alleine im virtuellen Raum, sondern bei mir sind…

00:00:40 Sarah Bühler: Sarah Bühler. 

00:00:47 Daniel Nicht: Und Daniel Nicht.

00:00:49 Sara Mohr : Und mein Name ist Sara Mohr. Hallo ihr beiden, wie geht es euch? 

00:00:57 Daniel Nicht: Ladies first. 

00:00:59 Sarah Bühler: Gute Woche gehabt bis jetzt. 

00:01:02 Sara Mohr: Sehr schön wollen wir direkt starten mit unseren Geschichten aus dem Alltag?

00:01:07 Daniel Nicht: Ja gerne. Ich hab ja den letzten Podcast ausgesetzt, deswegen habe ich noch einen Nachtrag, das ist ja schon länger her. Ich bin über das Gegenteil der Evidenzbasierung gestolpert. Ist euch schonmal die Eminenzbasierung begegnet? Ja, Sarah nickt, sehr schön und ich dachte mir, wenn wir schon einen Podcast über Evidenzbasierung machen, dann sollten wir auch schon mal die Eminenzbasierung gesprochen haben. 

00:01:36 Sara Mohr: Wollen wir auch einfach einen Partnerpodcast über Eminenzbasierung machen? Wie würde der aussehen? 

00:01:46 Sarah Bühler: (lacht) Aber da könnte ich viele Leute einladen. 

00:01:50 Daniel Nicht: Also ich glaube, schwierig wäre das nicht ein paar sehr von sich eingenommene Menschen zu finden, die eine Meinung vertreten können. Aber was ist denn eigentlich Eminenzbasierung? Entweder ernst oder halb scherzhaft gemeint und die Bezeichnung für eine Expertenmeinung und wird als Gegenbegriff zu Evidenzbasierung verwendet. Also es kann eine Expertenmeinung sein. Ein*e Expert*in setzt sich Kraft seiner*ihrer Autorität, weil er*sie irgendwie Professor*in ist oder sonst irgendwas über eine gut begründete Empfehlung oder Lehrmeinung hinweg. Ne also es gibt Forschung oder Leitlinien, die irgendwas empfehlen, aber diese Person sagt aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen etwas anderes, das wäre dann quasi Eminenzbasierung, die falsch verwendet wird. Dann gibt es noch den neutralen Part, den kennen wir teilweise auch aus Leitlinien, wenn es zum Beispiel keine Studien oder Daten zu einem Thema gibt. 

00:03:06 Sara Mohr: Mhm, dann muss man sich auf die verlassen, die die Erfahrung da haben, ja. 

00:03:13 Daniel Nicht: Und da ist es dann aber meistens so, dass die Eminenzbasierung dann in einer Gruppe stattfindet, also dass eine Gruppe von Fachleuten zu einer Meinung kommen, und das fällt dann auch noch unter Eminenzbasierung. Wenn es keine Datenlage dazu gibt genau, und da ist es dann halt auch sinnvoll auf diese Menschen zu hören. 

00:03:51 Sara Mohr: Soll ich euch mal meine schönste Eminenzbasierungs-Geschichte erzählen, die mir passiert ist? Das ist schon ganz lange her, ich bin vor Jahren hatte ich, als ich angefangen habe zu arbeiten als Ergo hatte ich so einen Ausschlag an den Handgelenken bekommen, der nicht weg ging und bin damit zu meinem Hausarzt gegangen. Der heute nicht mehr mein Hausarzt ist, aus folgenden Gründen: er sagte mir nämlich, dass dieser Ausschlag ganz eindeutig davon kommt, dass ich so viel Desinfektionsmittel benutze, und ich solle auch mal überlegen, ob dieses Desinfektionsmittel nicht über die Haut in mein Gehirn gelangt und da Schäden verursacht und er wisse nämlich, dass ganz viel medizinisches Personal überproportional oft im Alter dement wird und das liegt an den Desinfektionsmitteln und deshalb würde er sich zum Beispiel auch nicht zwischen den Patienten die Hände desinfizieren. 

00:04:43 Sarah Bühler: Da ist er ja bei dir genau richtig! 

00:04:47 Sara Mohr: Vielen Dank auf Wiedersehen, das war mein letzter Termin hier. 

00:04:53 Alle lachen.

00:04:55 Sara Mohr: Da hat er gesagt in dem Moment „ich habe die Erfahrung gemacht, ich weiß, die wissenschaftliche Lage sieht anders aus, aber ich weiß, das liegt am Desinfektionsmittel und Menschen werden überproportional oft dement, weil sie Desinfektionsmittel benutzen.“ Das war ein negatives Beispiel, aber wie du sagst, es kann ja auch sein, wenn sich mehrere Expert*innen zusammensetzen und es gibt eben einfach in dem Moment noch keine Forschung, dann kann es ja eine gute Sache sein. 

00:05:21 Daniel Nicht: Ein positives Beispiel für Eminenzbasierungist zum Beispiel in Leitlinien da gibt es ja auch die Expertenmeinungen, oder die Expertenempfehlung. 

00:05:33 Sara Mohr: Genau, die setzen sich ja möglichst aus Expert*innen aus verschiedenen Bereichen zusammen, oder? Das heißt, da sitzt er nicht nur ein Arzt und sagt das, sondern da sind dann auch Patient*innenvertretungen und sowas.

00:05:46 Sarah Bühler: Im besten Fall, ja. 

00:05:49 Sara Mohr: Okay, ja, vielen Dank Daniel, das war eine sehr spannende Geschichte aus dem Alltag. 

00:05:54 Daniel Nicht: Habt ihr noch was dabei? 

00:05:57 Sara Mohr: Ich habe noch eine kleine Geschichte, ich wollte ein bisschen Werbung machen, und zwar sind Sarah und ich eingeladen zum Ergo Gipfel in Winterthur, in der Schweiz, da ist die ZHAW, die richtet den ergo Gipfel aus jedes Jahr, und der ist dieses Jahr praktischerweise vollkommen online. Deshalb kann ich auch aus Australien teilnehmen und Sarah aus Deutschland. Sarah und ich halten einen Vortrag im Basislager. Ich finde das sehr schön wie der Kongress strukturiert ist. 

00:06:34 Sarah Bühler: Das passt so zu unseren Themen mit Wandern und unserem Unterwegssein. 

00:06:41 Sara Mohr: Genau, unsere Bachelorarbeit hat ja auch so ein bisschen das Thema Wandern und Gipfelbesteigung immer so ein bisschen begleitet deshalb passt das perfekt zu uns. Und die Teilen das Programm quasi auf in das Basislager und danach kommen die Erstbesteiger und dann am Ende sind die Gipfelstürmer, das sind dann die die ganz großen Tiere, die sprechen. Sarah und ich sprechen im Basislager. Das tolle ist, im Basis Lager kann man mit uns auch diskutieren wir halten nämlich nur einen ganz knackigen 5 Minuten Vortrag und danach haben wir 20 Minuten Zeit für Austausch und Gespräche und da freue ich mich sehr drauf. 

00:07:16 Sarah Bühler: Ja, ich auch. 

00:07:23 Sara Mohr: Wir sprechen über unsere Studie, die wir gemacht haben und über Ergo Unterwegs und der findet statt am 5 März, das ist ein Samstag. Ich packe einen Link in die Shownotes, da könnt ihr nochmal schauen, aber wir freuen uns, wenn da Leute kommen, die uns kennen. 

00:07:45 Daniel Nicht: Also als Empfehlung, ich habe den Bachelorvortrag von den beiden gesehen und ich kann nur sagen es ist definitiv sehr sinnvoll und gut investierte Zeit, den beiden zuzuhören. 

00:07:55 Sarah Bühler: Vielen Dank! Ja meine Geschichte aus dem Alltag, ja, tatsächlich hatten Daniel und ich ein bisschen eine ähnliche Idee, und zwar gibt es das ET Pro. Ich wurschtel mich da gerade momentan so ein bisschen durch und da ist morgen Abend – Das ist wahrscheinlich jetzt zu knapp für unsere Hörer – ein Austauschtreffen und ich freue mich total darauf, wo man gemeinsam diskutiert und schaut was wird schon umgesetzt? Also das stelle ich mir vor. Wo man noch mal Fragen stellen kann an die Gruppe. Genau ja, da freu ich mich sehr drauf. Ich habe mich in meinen Kalender ganz fett eingetragen und hoffe, dass ich das morgen nicht vergesse. 

00:08:42 Sara Mohr: Das ET Pro ist dieses neue Dokumentationstool, oder?

00:08:50 Sarah Bühler: Genau das wird von der Projektgruppe vom DVE entwickelt. Und ist ganz cool, weil es sich so ein bisschen am CPPF orientiert und die Doku damit in der Ergotherapie einheitlicher werden soll, damit man dann also ist meine Vermutung auch besser Daten erfassen kann, weil momentan macht ja jeder seine Doku so ein bisschen wie er will. Natürlich haben wir Vorgaben von den Krankenkassen, was drin sein soll, aber dadurch kann man dann eben bestimmte Sachen auch besser untersuchen und ich glaube, das wird wichtig auch im Hinblick auf die Blankoverordnung. 

00:09:21 Sara Mohr: Aha, spannend, oh ja, da bin ich da, berichtet im nächsten Podcast gerne, wie das Treffen war.

00:09:28 Daniel Nicht: Ich habe auch vom ET Pro gehört, hatte allerdings noch nicht die Zeit, mich damit auseinanderzusetzen. Dementsprechend habe ich überlegt, ob ich mich da morgen auch mal rein reinsetze und mal zuhören und mal einfach nochmal einen anderen Zugang dazu zu bekommen. Aber mit deinen Argumenten das ist natürlich noch viel sinnvoller es zu etablieren.

00:09:50 Sarah Bühler: Ich berichte nächste Woche und ja ich glaube, es ist wirklich sinnvoll und super wichtig. Aber ich find Umstellungen brauchen immer Kraft und Zeit. Ich muss mich immer wieder selbst strukturieren und Ziele setzen, was ich jetzt davon wie umsetze und bis wann? 

00:10:23 Sara Mohr: Das kostet immer einmal diese Anfangsenergie. 

00:10:27 Sarah Bühler: Für mich ist tatsächlich das Dranbleiben schwierig. Dann hat man mal eine Woche, die stressiger ist oder in der man ein bisschen weniger Zeit hat, neue Ablaufe in den bestehenden Zeitablauf zu integrieren ist schwierig. Weil man Dinge nachschauen muss, das Dokument dann manchmal nicht funktioniert oder ich nicht weiß, wo ich es speichern soll.

00:10:44 Sara Mohr: Ich bin sehr gespannt, was du berichtest. Sehr schön, liebe Leute, wollen wir mit der Studie anfangen, die Daniel uns mitgebracht hat?

00:10:54 Daniel Nicht: Ja bitte. Also ich habe eine Studie mitgebracht die, die Wirkung eines Ergotherapie Programms zur Förderung des Wohlbefindens bei Menschen mit psychischen Erkrankungen untersucht. Im weiteren Verlauf werden wir nicht vom Wohlbefinden, sondern von Wellbeing sprechen. Für mich ist das irgendwie der Fachterminus dafür geworden. Deswegen mag ich dabei bleiben. 

00:11:42 Sarah Bühler: Okay. 

00:11:45 Daniel Nicht: Woher kommt diese Forschung? Aus Japan. Sie wurde im August 2021 im Occupational Journal veröffentlicht. 

00:11:53 Sara Mohr: Also frisch. 

00:12:00 Daniel Nicht: Bei der Studie handelt es sich um eine Quasi-Experimental Studie, weil ich nicht genau weiß, was das ist, habe ich die Frage, an Sara Mohr weitergegeben. 

00:12:13 Sara Mohr: Ich kann sowas auch nicht stehen lassen, wenn ich da lese, eine Quasi-Experimental Studie. Dann ist da sofort dieses Männchen auf meiner Schulter, das sagt: „Du weißt gar nicht genau was eine Quasi-Experimental Studie ist.“ Also habe ich es ganz banal gegoogelt. Wie der Name schon sagt, ist es quasi wie eine experimentelle Studie. Es ist ähnlich wie ein RCT. Also eine Studie, nur das sie nicht randomisiert ist. Das heißt also in unserem Standardexperiment haben wir ja 2 Gruppen, eine Kontrollgruppe, einen Experimentalgruppe und wir vergleichen die miteinander und die Leute werden den Gruppen per Zufall zugeordnet. Einfach um dafür zu sorgen, dass die Forschenden das nicht beeinflussen und damit wir gleiche Bedingungen in beiden Gruppen haben, sonst könnte ich ja einfach als Forscherin sagen naja, ich nehme jetzt einfach die ganzen Leute, die ein bisschen gesünder sind. Die nehme ich in meine Interventionsgruppe, dann haben die nachher auch bessere Ergebnisse, um das zu vermeiden randomisiert man normalerweise und das machen dann Computerprogramme. Die haben einen Algorithmus, der die Leute dann zufällig zuordnet, damit das niemand beeinflussen kann. Bei einer Quasi-Experimental Studie fällt diese Randomisierung weg und meistens haben die Forschenden dafür einen guten Grund. Zum Beispiel, dass du eine „natürliche Gruppe“ untersucht, also eine Gruppe, die eben halt so schon besteht und die du jetzt nicht künstlich aufteilen möchtest, weil du dadurch irgendwas verzerrst. Du kannst dir damit gezielt eine bestimmte Gruppe angucken. Das ist der Vorteil. Der Nachteil ist, diese Studien sind nachher nicht so aus aussagekräftig wie RCTs. Der Grund ist, dass du nicht genau sagen kannst, ah ja, wir haben jetzt bessere Ergebnisse wegen dieser Sache, die wir untersucht haben. Es können bei dieser Gruppe noch ganz andere Faktoren reingespielt haben, die du nicht mehr kontrollieren kannst, weil du nicht randomisiert hast, zum Beispiel bestimmte Eigenschaften, die diese Gruppe noch hat, an die du gar nicht gedacht hast. Trotzdem glaube ich, das ist eine Form von Studien, die man, wenn man so unter „realen Bedingungen“ in forscht, ganz gut benutzen kann, ohne eben randomisieren. Warum haben sie bei dieser Studie denn nicht randomisiert, Daniel? 

00:14:54 Daniel Nicht: Die Studie hat auf Station stattgefunden. Die normale Gruppe hat normale Ergotherapie erhalten und die Interventionsgruppe hat eine Sondereinheit pro Woche erhalten. In dieser Sondereinheit stand in der Ergotherapie das Thema Wellbeing im Fokus. Was das genau bedeutet? Darauf komme ich gleich noch zu sprechen. Randomisiert wurde nicht, da die Bereitschaft teilzunehmen gebraucht wurde. Also wir haben quasi die Menschen, die bereit waren, diese Zusatzgruppe mitzumachen in die Zusatzgruppe gepackt und die anderen halt nicht. 

00:15:38 Sara Mohr: Das heißt, Sie haben die Leute gefragt wo wollt ihr lieber hin, in welche Gruppe? Ah okay, ja gut, das ist wahrscheinlich also ein ethischer Aspekt. Du kannst nicht einfach bestimmen, so du musst jetzt diese Therapie machen, sondern du musst die Leute einfach fragen möchtest du das gerne oder nicht? 

00:15:51 Sarah Bühler: Als du das Quasi-Experiment erklärt hast, habe ich mich gefragt, ob das was an der Ethik ändert. Also ob man dann auch einen Ethikantrag usw. stellen muss.

00:16:02 Daniel Nicht: Sie haben einen Ethikantrag gestellt.

00:16:09 Sara Mohr: Ja, weißt du, was du oft machen musst, wenn du jetzt zum Beispiel sagen wir mal, wir erforschen ein Medikament. Die eine Gruppe bekommt ein Placebo und die andere Gruppe das Medikament und dann muss ich das nachher umdrehen, wenn ich merke das Medikament wirkt. Dann muss nachher die Kontrollgruppe auch das Placebo bekommen. Einfach aus ethischen Gründen. Ich kann denen nicht das Medikament vorenthalten. Das kann natürlich jetzt bei Daniels Studie anders sein. Aber wenn die jetzt gemerkt hätten, o nein, unser Programm, das wir da anbieten, ist super toll und hilft den Leuten total, wäre eigentlich gut, wenn die andere Gruppe auch die Möglichkeit hätte an dem Angebot teilzunehmen. Wäre halt doof gewesen, wenn du sagst, okay, die Leute haben sich entschieden, die einen hatten Lust drauf, die andern hatten keine Lust drauf.

00:17:12 Daniel Nicht: Nein, ich kann dir folgen. So wie ich das verstanden habe, haben sie den Leuten natürlich erklärt, was in der Studie passiert, was die Inhalte sein werden, also nicht einfach gefragt hast du Lust? Also da hat schon eine Aufklärung stattgefunden, was da passieren wird und so weiter. Genau, aber was war denn die Forschungsfrage? Die grundlegend Frage war: Wirkt ein Ergotherapieprogramm zur zusätzlichen Förderung des Wellbeings bei psychisch kranken Menschen?

00:17:42 Sarah Bühler: Was genau bedeutet denn jetzt Wellbeing? 

00:17:44 Daniel Nicht: In der Studie ist es definiert nach Law (1988), als der wahrgenommene Zustand der Harmonie in allen Aspekten des eigenen Lebens. 

00:18:01 Sara Mohr: Nochmal, die Harmonie in allen Aspekten meines Lebens. 

00:18:16 Daniel Nicht: Dann definieren sie Wellbeing noch als das Gleichgewicht zwischen den Ressourcen einer Person, psychisch sozial und physisch und den Herausforderungen psychologisch, sozial und physisch. 

00:18:34 Sara Mohr: Ah, das ist ja eine sehr ergotherapeutische Definition. Ich habe Skills und in der Umwelt gibts halt Betätigungen, die ich gerne machen möchte und reichen meine Skills für diese Betätigung, oder? 

00:18:49 Daniel Nicht: Wir haben das Ganze ein bisschen zusammengefasst. Daher wird Wohlbefinden in dieser Studie als einen Zustand eines Gleichgewichts mit den Herausforderungen in einem guten, körperlichen, geistigen und sozialen Zustand, mit oder ohne Krankheit definiert. 

00:19:05 Sara Mohr: Mit oder ohne Krankheit? Das finde ich einen wichtigen Punkt. 

00:19:08 Sarah Bühler: Und das hört sich für mich schon fast, so ein bisschen wie Flow an. Also ist das dann nicht der Zustand, in dem man Flow erlebt? Also, wenn ich absolute Harmonie in allem habe und meine Skills dann noch dem Level meiner Aufgaben matchen. 

00:19:27 Sara Mohr (lacht): Willst du dazu was sagen oder soll ich als Flow Mensch dazu sprechen? 

00:19:32 Daniel Nicht: Ich lasse dich als Flow Mensch sprechen. 

00:19:37 Sara Mohr: Das kann durchaus sein, also wenn meine Skills die Herausforderungen matchen, dann kann ich Flow haben. Was beim Flow noch dazukommt ist, dass ich ein klar definiertes Ziel brauche. Nur weil ich mich wohlfühle, nur weil ich gerade ein hohes Maß an Wellbeing habe, habe ich nicht automatisch Flow. Bei Flow entsteht ja oft in so krassen herausfordernden Situationen. Also, ich bin am Klettern und ich weiß, da ist immer die Gefahr, dass ich abstürze, das ist eine Challenge oder keine Ahnung ich…

00:20:10 Sarah Bühler: OK, also hier fehlt die Challenge. 

00:20:12 Sara Mohr: Naja, da kann ja durchaus eine Challenge sein.  Wenn ich mir jetzt vorstelle, du hast eine psychische Erkrankung, dann kann es eine Challenge sein, morgens aufzustehen. Ich weiß aber nicht unbedingt, ob du dann zwangsläufig Flow hast, wenn du es dann schaffst aufzustehen. Ich würde es wagen, dass zu bezweifeln. Also Flow ist etwas sehr Seltenes, aber es geht in die Richtung. Ich habe bei der Definition auch dran gedacht, ist spannend. 

00:20:42 Daniel Nicht: Also was wir hier auch nochmal vielleicht berücksichtigen müssen, ist der kulturelle Kontext. Also wir reden jetzt hier aus dem europäischen Kontext, und die Studie ist ja im japanischen Kontext gemacht worden. Das heißt, Wellbeing kann da auch noch mal ganz anders erlebt werden. Vor allem unter Aspekten wie mich vielleicht die Kultur sieht, dass ich ein guter Mensch bin, dass ich Dinge erledigt habe oder ähnliches. Kann das noch mal eine andere Wertigkeit haben.

00:21:11 Sara Mohr: Ah ja, das ist ein interessanter Punkt. 

00:21:16 Daniel Nicht: Kommen wir nochmal zurück zur Studie. Was wurde denn jetzt eigentlich in der Studie gemacht? Es wurden 2 Gruppen gebildet, allerdings nicht randomisiert. Die Teilnehmenden durften selbst wählen. Die Gewichtungen männlich und weiblich waren etwas unterschiedlich. Ich glaub 11 zu 18 und 13 zu 14, irgendwie sowas aufgeteilt. Der Altersdurchschnitt war sehr ähnlich. Insgesamt reden wir von 57 Teilnehmenden. 

00:22:07 Sara Mohr: Pro Gruppe, oder? 

00:22:08 Daniel Nicht: Insgesamt. Pro Gruppe waren es 28 und 29, glaube ich. Die Kontrollgruppe hat den normalen Stationsalltag mitgemacht und die normale Ergotherapie. Die Interventionsgruppe hat zusätzlich zu diesem Programm das Zusatzangebot gemacht. Zur Auswertung wurden die Tools PANAS, RAS und APO15 angewendet davon habe ich in der Studie nicht so viel gesehen.

00:22:47 Sara Mohr: Was haben sie mit den Assessments denn gemessen? 

00:22:51 Daniel Nicht: Also quasi soziales Verhalten, Veränderung der Emotionen und Bedeutung und Engagement.

00:23:05 Sara Mohr: Okay, alles so psychische Faktoren. 

00:23:09 Daniel Nicht: Bei einer Studie in der Psychiatrie kann das passiert. 

00:23:13 Sara Mohr: lacht

00:23:21 Daniel Nicht: Und ja, was hat denn jetzt das Zusatzangebot zu bieten? Einmal pro Woche für eine Stunde, mit nicht mehr als 10 Personen und die Therapierenden, die das Angebot durchgeführt haben, waren auch extra geschult. Und die Inhalte dieser Stunde waren dann: Selbstevaluation der Stärken und Informationen über positive Betätigungen. Und dazu wurden dann auch Hausaufgaben gegeben, die nach der Einheit gemacht werden konnten oder aber auch in der normalen Ergotherapie. Das finde ich ganz interessant. Sie haben quasi die Möglichkeit gehabt, das, was sie in dieser Zusatzstunde besprochen wurde, dann in der normalen Ergotherapie auch durchzuführen. 

00:24:11 Sara Mohr: Okay, wenn es vielleicht Probleme damit gab und das einfach eigenständig als Hausaufgabe zu schwierig war, oder? 

00:24:16 Daniel Nicht: Genau. Es wurde dann, wenn wieder eine Einheit stattgefunden hat, darüber reflektiert, über die Hausaufgaben. Wenn sie nicht funktioniert haben, dann wurde individuelle Hilfe von Therapierenden, angeboten. Also die Lernmaterialien haben sich an dem APO15. Da wurden verschiedene Themen, bearbeitet wie zum Beispiel Dankbarkeit. Der Durchführungszeitraum war ein Monat. Das heißt, wenn wir jetzt von Wochen ausgehen, gab es nur 4 solcher Termine.

00:25:02 Sarah Bühler: Hm, das ist kurz. 

00:25:07 Sara Mohr: Das ist kurz. Da musst du das gut koordinieren, dass die Leute die Hausaufgaben auch wirklich zu Hause umsetzen. 

00:25:13 Sarah Bühler: Gut, aber wenn ich jetzt an das Kliniksetting denke, ist das okay.

00:25:17 Daniel Nicht: Genau das ist ein Kliniksetting also. 

00:25:23 Sarah Bühler: Da kann man schon glaube ich, gezielt nachfragen. Man sieht die Leute ja öfter. 

00:25:29 Sara Mohr: Ja, hast du denn ein Beispiel für die Hausaufgaben? Ich kann mir die Inhalte noch nicht so richtig vorstellen. Was war denn so eine Hausaufgabe? 

00:25:39 Daniel Nicht: Zum Beispiel, dass sie 5 Dinge abends aufschreiben sollten, für die sie dankbar waren.

00:25:49 Sara Mohr: Okay, danke. 

00:26:12 Daniel Nicht: Dann ist jetzt die Frage was hat sich verändert? Was waren die Ergebnisse der Studie? Die Forschenden haben herausgefunden, dass die positiven Emotionen sich verbessert haben. Die Bereitschaft, um Hilfe zu bitten und das Erreichen von Zielen sich verbessert hat. Also im Bereich der positiven Emotionen konnte die stärkste Veränderung beobachtet werden.

00:26:35 Sara Mohr: Die Leute hatten mehr positive Emotionen in ihrem Alltag. 

00:26:45 Daniel Nicht: Sie beziehen sich in den Ergebnissen auch darauf, dass eine frühere Studie gezeigt hat, dass Menschen mit Schizophrenie aber durchweg mehr negative und wenig positive Emotionen erleben als die gesunde Kontrollgruppen. Dementsprechend ist zum Beispiel diese Veränderung von positiven Emotionen gerade interessant. Das hatte ich noch nicht gesagt, Schizophrenie was das Hauptkrankheitsbild der Studie.

00:27:16 Sara Mohr: Ah, das war jetzt meine Frage, waren denn gemischte Krankheitsbilder in einer Gruppe, oder? 

00:27:22 Daniel Nicht: Gemischt, aber von den jeweiligen Gruppen waren mindestens 20 Teilnehmende an Schizophrenie erkrankt und der Rest waren dann Persönlichkeitsstörung, Depressionen, und weitere Erkrankungen. 

00:27:36 Sara Mohr: Ah ja okay, dann ist es ja ein tolles Ergebnis, wenn sich besonders dieser Bereich verändert hat. 

00:27:37 Daniel Nicht: Sie haben ein Beispiel genannt für diese positiven Emotionen. Eine teilnehmende Person habe gesagt: „Ich habe ein Gefühl der Erfüllung, wenn ich Hausaufgaben gemacht habe.“ Die Forschenden der Studie nehmen daher an, dass das Erlernen einer Beschäftigung zur Förderung des Wohlbefindens die Motivation erhöht und das Verhalten bei den Hausaufgaben beeinflusst. Das bedeutet, dass die Erfahrungen im ergotherapeutischen Programm zur Förderung des Wohlbefindens dazu beigetragen haben, die Teilnehmenden zu motivieren sich Ziele zu setzen und zu erreichen. Es ist zwar keine faktische Aussage, also hier ist jetzt nicht die Signifikanz gegeben oder sowas, sondern auch wie wir es oft kennen, handelt es sich um qualitative Ergebnisse. Was sie auch in der Diskussion sagen ist, dass von den 11 gemessenen Parametern sich nur 3 verändert haben.  Grund sei, dass entweder die Messinstrumente nicht fein genug waren, für alle anderen Bereiche oder dass man da dann auch nochmal genau hinschauen müsste für weitere Wellbeing Angebote.

00:29:34 Sara Mohr: Da kommt ja auch nochmal der Punkt, dass das ganze nur 4 Wochen lief, also 4 Termine. Das ist natürlich wirklich ein kurzer Zeitraum, um da jetzt krasse Veränderungen zu erwarten. Bei Leuten, die stationär wegen einer psychischen Erkrankung gerade aufgenommen sind.

00:29:50 Sarah Bühler: Ja, einmal die Woche, eine Stunde Input, den man dann so gut wie möglich selbstständig umgesetzt hat, zwar nochmal Hilfe anfordern konnte… Das ist nicht viel Zeit, um neue Verhaltensweisen zu lernen und zu manifestieren. 

00:30:21 Daniel Nicht: Genau. Was sie noch diskutiert haben ist zum Beispiel, dass noch unklar ist, zu welchem Zeitpunkt und welche Diagnose die Teilnehmenden von dem Angebot profitieren. Ob man bei depressiven Personen das Ganze eher später macht oder bei schizophren erkrankten Personen eher früher. Also das ist irgendwie noch nicht so ganz klar, wann dieses Angebot wirklich am besten bei einer Erkrankung anzuwenden ist.

00:31:10 Sara Mohr: Ja, aber ich finde das es an sich ein spannender Ansatz ist. Ich hab ja ganz wenig Erfahrung mit psychiatrischer Klientel. Ist es denn was Außergewöhnliches so ein Zusatzangebot, dass die da gemacht haben? Also, dass sie sagen, eine Einheit pro Woche und wir sprechen über positive Betätigungen und ihr setzt die dann um?

00:31:37 Daniel Nicht: Nicht so richtig. Ich habe mich ein bisschen erinnert gefühlt an Action over Inertia, beziehungsweise man kennt das in Deutschland unter „Handeln gegen Trägheit“. Es hat mich auch an das Metakognitive Training erinnert. Das wird gerne im depressiven Setting angewendet. Ich kenne das aber immer nur als eigene Dauergruppen. Eine Reflexionsgruppe zu Betätigung zu implementieren, das kannte ich so noch nicht. Allerdings habe ich ja damals mit meinen 2 Kolleginnen in der Bachelorarbeit für eine Nachsorgefruppe für Handeln gegen Trägheit geforscht, und da sind wir ja auch auf sowas ähnliches gekommen. Handeln gegen Trägheit als Nachsorge in großen Abständen zur Implementierung von Verhaltensänderungen anzuwenden. Aber halt nach einem stationären Aufenthalt. 

00:33:03 Sara Mohr: Ja, sehr spannend. Ich muss noch ein Geständnis machen zu dieser Studie. Ich versuche mir ja immer bevor ihr eine Studie vorstellt, mir das nicht im Detail anzugucken. Als ich aber auch diese Studie geklickt habe, wurde mir eine andere Studie vorgeschlagen, die dazu super gut passt. Eine andere Forschungsgruppe hat sich die Klient*innenperspektive angeguckt. Ihr wisst, wie ich bin, wenn so eine Studie bei mir vorbeifliegt, muss ich sie lesen. Die Forschenden haben sich angeschaut, wie Klient*innen Ergotherapie im stationären Setting in der Gruppe empfinden.

00:33:54 Sarah Bühler: Was für Ergotherapie, also was für Angebote? Also das finde ich jetzt schon wichtig, ob da Speckstein gemacht wird oder ob das andere Angebote sind. Das finde ich schon relevant. 

00:34:08 Sara Mohr: Okay, ich erzähl euch kurz davon. Jetzt muss ich genau reinschauen warte, warte, warte. 

00:34:21 Sarah Bühler: Warte mal, was kam denn raus? Das hast du bestimmt beim Überfliegen gesehen?

00:34:24 Sara Mohr: Pass auf. Die haben Folgendes gemacht die haben- Daniel darf ich da reingrätschen deinen Text? Die haben, eine Meta-Ethnographie gemacht, das heißt, sie-

00:34:45 Sarah Bühler: Haben was gemacht? Ich weiß nicht, was das ist. 

00:34:48 Sara Mohr: Ja, I know. Deshalb erkläre ich es, die haben mehrere Studien genommen, die sich angeguckt haben, wie Klient*innen Ergotherapiegruppen beim Handwerk, Ergotherapiegruppen zur Reflektion, Ergotherapiegruppen zu tralala empfinden aber alles im psychiatrischen Setting. 

00:35:10 Daniel Nicht: Wollen wir diese wunderbare Studie wirklich gerade im Schnellverfahren verfeuern, wollen wir dazu nicht eine eigene Folge machen? Das ist so viel schöner. 

00:35:19 Sara Mohr: Kann man zusätzlich machen. Ich will hier gar nicht so tief reingehen. Vielleicht können wir tatsächlich die nochmal bringen, die ist nämlich wirklich schön. Dann gehe ich nur kurz auf die Ergebnisse ein, weil das einfach gut zu dem passt, was du gerade gesagt hast, Daniel. Ganz kurzer Spoiler für die Ergebnisse, und zwar haben die Klient*innen gesagt das, was uns eigentlich am meisten bringt in der Gruppe ist, dass wir etwas tun, eine Betätigung tun. Und zwar nicht allein, sondern mit anderen, die vielleicht gleiche oder ähnliche Probleme haben. Diese Verbindungen in der Gruppe waren ihnen wichtig und das hatte einen Einfluss auf meine Gefühle. Das hat einen Einfluss auf meinen Selbstwert und das hat einen Einfluss darauf, dass ich mich zugehörig fühle, zu einer Gruppe und das sind ja die positiven Emotionen, die du eben auch angesprochen hast, Daniel. 

00:36:11 Daniel Nicht: Da kann ich übrigens aus meinem Therapiealltag, genauso wie du sagst, nur zustimmen. Allein die Tatsache, dass andere auch etwas tun in der Gruppe empowert schon etwas zu tun und generiert ein Zugehörigkeitsgefühl und das ist ein sehr starker Motivator. So erlebe ich das. Schön, dass es die Patient*innen auch so sehen. 

00:36:51 Sara Mohr: Das finde ich halt spannend an diesen Gruppenangeboten, die du machst. Du bekommst da diesen Austausch hin, den ich in der Einzelergotherapie, die ich ja 99% der Zeit mache, nicht hinbekomme. Die Leute sehen, da sind andere Leute, die haben vielleicht auch das Problem. 

00:37:11 Daniel Nicht: Der Peer-Faktor immer total genial. Das Betroffene sich mit anderen Betroffenen dann auch Connecten und merken, dass sie die gleichen Probleme haben, nicht alleine stehen, sich viel verstanden fühlen.

00:37:32 Sara Mohr: Dann wären auch Lösungen sich austauschen. Gerade als selbst betroffene Person kommst du auf Ideen oder Lösungen, da kommen Therapeut*innen nicht drauf. Ja, cool, sehr spannende Studien. Was nehmen wir jetzt mit aus der Studie? Wollen wir schon 3 Do’s und 3 Dont’s machen? Was mache ich, wenn ich morgen so ein ergotherapeutisches Gruppenangebot im stationären Setting anbieten muss? 

00:38:02 Daniel Nicht: Ok, also wenn ich das jetzt in meinen Alltag integrieren müsste, würde ich es auf jeden Fall machen. Ich würde mich nicht gegen sperren. Das ist keine vergeudete Zeit, sondern etwas, das ich als sinnvoll erachte und die Therapiezeit wert ist. 

00:38:32 Sarah Bühler: Wenn ich jetzt an diese Hausaufgaben denke, an dieses Beispiel sich abends 5 Dinge zu überlegen, für die man dankbar ist, dann klingt das machbar, man muss dazu nicht aufstehen, man kann im Bett liegen, man kann an die Decke starren und man kann trotzdem überlegen. 

00:38:49 Sara Mohr: Ja, da hätte ich gerne mehr Beispiele. Finde ich ganz spannend. 

00:39:05 Sarah Bühler: Ich habe diese Woche Achtsamkeits- und Dankbarkeitskarten in meiner Praxis aufgehängt. Das ist ein Kartenset und da ist immer so eine Sache, für die man an diesem Tag achtsam sein soll. 

00:39:26 Sara Mohr: Hm, also zum Beispiel wie mein Essen schmeckt oder wie es draußen aussieht? 

00:39:30 Sarah Bühler: Genau ja zum Beispiel. 

00:39:33 Daniel Nicht: Eine Sache, zum Beispiel aus dem MKT, die man da auch anwenden könnte, wäre dass man Bohnen oder Kaffeebohnen oder sonst irgendwas in seiner rechten Hosentasche packt und immer wenn man ein positives Erlebnis hat, nimmt man eine und packt sie in die linke Hosentasche und am Ende des Tages gucken wir mal, wie viele Bohnen denn in die linke Hosentasche gewandert sind. 

00:39:52 Sara Mohr: Oh, das ist schön. Ich habe dieses Jahr angefangen, Tagebuch zu schreiben. Abends. Also jetzt keine Romane, sondern einfach nur abends kurz was war über den Tag und am Ende der Woche schreibe ich mir immer auf, was Tolles in dieser Woche passiert ist. Dann geh ich das alles nochmal im Kopf durch und packe es auf eine Liste. Und dann sind es so viele tolle Sachen, die einem eigentlich über die Woche passieren, die aber so untergehen im Alltagstrott, weil man nicht drauf achtet. 

00:40:37 Sarah Bühler: Ja, ich schreib das immer in mein Bullet Journal. 

00:40:41 Sara Mohr: Hast du so ein richtiges, so ein fancy Bullet Journal? 

00:40:45 Sarah Bühler: Das ist beim mir sehr clean.  

00:40:59 Daniel Nicht: Ich mach das anders, ich habe einmal die Woche einen Skypetermin mit einem meiner besten Freunde und da bilanzieren wir. 

00:41:09 Sara Mohr: Das ist auch toll. 

00:41:14 Daniel Nicht: Was auch noch umsetzbar ist und in der Studie Thema war, ist das um Hilfe bitten. Zum Beispiel im Team. Es wurde erarbeite wie um Hilfe bitten geht. Quasi wenn man nicht mehr weiterkommt, wenn etwas unklar ist, schneller um Hilfe zu bitten, dass das Ziel sein kann, dass man zweimal am Tag um Hilfe gebeten hat. Und wenn es nur ist, kannst du mir mal das Salz reichen? Oder in der Ergotherapie fragen, keine Ahnung, wo man Stift und Papier findet, wie auch immer. 

00:41:50 Sara Mohr: Was man im Stationsalltag einfach noch mal überlegen muss: Was kann ich hier für Betätigungen anbieten, die trotzdem relevant sind für die Klient*innen aber die im Stationsalltag funktionieren? Das ist wahrscheinlich ein Spagat.

00:42:06 Daniel Nicht: Genau, je nach psychiatrischem Setting. Es gibt ja das akute geschlossene, dann das normal stationäre offene und das Tagesklinische. Je nachdem, was man da abgeleitet aus dieser Studie jetzt gehört haben, anwenden möchte, muss man das aber auch glaube ich anpassen. Also im tagesklinischen Setting, da jetzt Menschen nach Hause gehen, kann man die Ziele natürlich anders setzen, als wenn es jetzt Klient*innen akut sind. Wir reden ja jetzt hier auch über einen schizophrenes Klientel hier. 

00:42:46 Sara Mohr: Eine Hypothese von mir: Wahrscheinlich würde diese Kombination, die die in der Studie hatten, ich habe die Gruppe und die Leute können aber einzelne Ergotherapie in Anspruch nehmen, um sie zu supporten bei diesen Hausaufgaben das würde wahrscheinlich bei einer akuten Klientel sehr viel Sinn machen, oder? 

00:43:04 Daniel Nicht: Bei einem complianten Klientel ja. Compliance bedeutet, dass du nur machst, was der*die Ärzt*in sagt und adhärent ist, dass du wirklich im Dialog mit dem*der Ärztin verstanden hast, warum du etwas tust und voll dahinter stehst.

00:43:31 Sara Mohr: Ah da wollen wir hin okay, okay. 

00:43:35 Daniel Nicht: Adhärenz ist quasi das beste Verhältnis zwischen therapierender und therapierter Person. 

00:43:44 Sara Mohr: Okay, also meinst du dieses Setting, was die jetzt in der Studie haben ist bei Klient*innen, die jetzt gerade akut sind und da einfach noch nicht wirklich in diesem Stationsalltag angekommen oder in einer guten therapeutischen Beziehung stehen wahrscheinlich zu hoch gegriffen. 

00:44:01 Daniel Nicht: Also, wenn sie gerade erst ankommen, noch hoch akut sind, medikamentös eingestellt werden müssen, sich auch erstmal noch an die Räumlichkeiten, das stationäre, den stationären Alltag und all das quasi gewöhnen müssen und auch an die Tatsache, dass sie jetzt mit fremden Menschen auf Station sind, da würde ich jetzt nicht sagen: Hey, erster Tag komm bei uns in die Ergotherapie! Das fände ich drüber, also ich glaub eine gewisse Zeit des sich einlebens, der Routinenentwicklung und auch der medikamentösen Einstellung würde ich annehmen, dass es notwendig ist und ich habe auch die Vermutung, dass es deswegen immer nur einen Monat war, den die untersucht haben. 

00:44:48 Sara Mohr: Damit die Leute quasi ankommen konnten und dann hat die Gruppe angefangen. 

00:44:52 Daniel Nicht: Also hier im europäische Stationsalltag bleiben Erkrankte in der Regel 6 Wochen, meistens oder auch ein bisschen länger, aber nicht allzu viel länger. Wenn es in Japan genauso ist, dann könnte man sagen eine Woche irgendwie ankommen, dann gucken, dass man in der Studie teilnimmt, dann einen Monat dabei sein und dann ist auch irgendwann Entlasszeit. 

00:45:18 Sara Mohr: Ja, das macht Sinn. 

00:45:25 Daniel Nicht: Damit würde ich diese Studie auf den Stapel der besprochenen Studien legen. 

00:45:34 Sara Mohr: Vielen Dank.

00:45:36 Sarah Bühler: Das war eine schöne Studie. 

00:45:40 Sara Mohr: Sehr schön, jetzt habe ich Lust, eine Gruppentherapie zu machen. 

00:45:52 Sarah Bühler: Ja, ich suche jemanden, der sowas anbieten möchte bei mir. 

00:45:57 Sara Mohr: Willst du noch eine Stellenanzeige schalten hier, Sarah? 

00:45:59 Sarah Bühler: Ich bin noch nicht so weit, muss mich und meine Praxis erstmal noch sortieren.

00:46:09 Sara Mohr: In diesem Podcast ist ein Raum, wenn du eine Stellenanzeige schalten möchtest. Wenn ihr Fragen an uns habt, uns Feedback geben möchtet, eine Studie habt, die wir uns angucken sollen oder auch ein Thema aus dem Therapiealltag habt, zu dem wir euch eine Studie raussuchen sollen, dann schreibt uns eine E-mail an info@ergo-unterwegs.de. Schaut auch auf unserer Homepage vorbei. Schreibt uns auf Twitter oder auf Facebook oder auf Instagram. Alle Links findet ihr in den Shownotes. Und dann bedanke ich mich bei Daniel und Sarah. 

00:47:01 Daniel Nicht: Das war mal wieder sehr schön mit euch. 

00:47:06 Sarah Bühler: Dann bis zum nächsten Mal! 

00:47:07 Sara Mohr: Tschüss. 

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