#16 - Wie gelangen Therapieinhalte in den Alltag?

Heute sprechen wir über Gründe, warum der Alltagstransfer in der Ergotherapie so oft scheitert und was wir tun können, um Veränderungen im Alltag möglich zu machen. Dazu zieht unsere heutige Studie Theorien aus der Lernpsychologie heran und gibt uns 6 konkrete Prinzipien an die Hand.
 
Geschichten aus dem Alltag: Sarah gestaltet ein ergotherapeutisches Sozialkompetenztraining und Sara ist noch 99 Tage in Australien.

Lust auf mehr Evidenz für dein Team?

Die Studien dieser Folge sind:
Babulal, G. M., Foster, E. R., & Wolf, T. J. (2016). Facilitating transfer of skills and strategies in occupational therapy practice: Practical application of transfer principles. Asian journal of occupational therapy, 11(1), 19–25. 
 
Peny-Dahlstrand, M., Hofgren, C., Lindquist, B., Bergqvist, L., Himmelmann, K., Opheim, A., Sjöwall, D., Brock, K., & Öhrvall, A.-M. (2022). The Cognitive Orientation to daily Occupational Performance (CO-OP) Approach is superior to ordinary treatment for achievement of goals and transfer effects in children with cerebral palsy and spina bifida – a randomized controlled trial. Disability and Rehabilitation, 45(5), 822–831. 
 
Weiterführende Literatur gibt es hier:
Gerstenmayer, J., & Mandl, H. (2001). Methodologie und Empirie zum Situierten Lernen. Swiss Journal of Educational Research, 23(3), 453–470.
 
Qvortrup, A., Wiberg, M., Christensen, G., & Hansbøl, M. (Hrsg.). (2016). On the Definition of Learning. University Press of Southern Denmark.
 
Schmohl, T. (2021). Situiertes Lernen. In T. Schmohl & T. Philipp (Hrsg.), Handbuch Transdisziplinäre Didaktik (1. Aufl., S. 301–312). transcript Verlag.

Intro: Hintergrundmusik, die sich langsam steigert. Eine Stimme sagt: Evidenz auf die Ohren, der Podcast für evidenzbasierte Ergotherapie. 

00:00:20 Sara Mohr: Hallo und herzlich Willkommen zu einer neuen Folge Evidenz auf die Ohren, eurem Podcast für evidenzbasierte Ergotherapie mein Name ist Sara Mohr, und bei mir ist wieder die liebe Sarah Bühler. Hallo. Einen schönen guten Tag, lass uns doch direkt starten mit einer Geschichte aus dem Alltag, wo mir jetzt gerade auffällt, dass ich mir gar keine überlegt habe. Ich hoffe du hast dir eine überlegt? 

00:00:47 Sarah Bühler: Auch nicht, aber mir fällt was ein und zwar haben wir ja die soziale Kompetenz Gruppe gestartet. 

00:00:54 Sara Mohr: Ergotherapeutisches Sozialkompetenztraining?

00:00:57 Sarah Bühler: Genau, und das ist super, super anstrengend. Aber auch total cool. 

00:01:06 Sara Mohr: Ja, wieviele Kinder habt ihr da so? 

00:01:08 Sarah Bühler: In der Gruppe 6 Kinder. 

00:01:10 Sara Mohr: 6 Kinder und die Eltern haben gleichzeitig auch irgendwie noch Programm, ne?

00:01:15 Sarah Bühler: Es geht anderthalb Stunden und davon ist eine Viertelstunde Elternberatung. Wir sind 2 Therapeutinnen. Ja und das macht mir echt Spaß. Macht mir richtig Spaß, fordert mich richtig raus, aber danach bin ich ganz schön platt, ich musste die Einheit danach bisschen verschieben, zeitlich erstmal durchschnaufen, n Kaffee trinken.

00:01:41 Sara Mohr: Hast du den Pause eingebaut dazwischen.

00:01:46 Sarah Bühler: Die schaffen mich. 

00:01:48 Sara Mohr: Ja also 6 Kinder auf einem Haufen, selbst wenn man zu zweit ist, ne wie teilt ihr euch das auf? 

00:01:56 Sarah Bühler: Einer macht die Bepunktung und so die Rückmeldung beziehungsweise auch da haben wir die Kinder aufgeteilt, also es wird ja relativ konsequent positiv verstärkt und die Kinder können während den Einheiten immer Punkte sammeln, für sich an Regeln halten oder Aufgaben erledigen. Genau und einer bereitet inhaltlich vor. 

00:02:20 Sara Mohr: Das klingt cool und wie lange läuft das insgesamt? 

00:02:23 Sarah Bühler: Es 17 Einheiten, davon 3 Elternabende und 14 Einheiten mit den Kindern. Ja, und das war jetzt heute die dritte Einheit mit den Kindern und hat sächlich hat eine Mama auch zurückgemeldet, dass ein Kind auch schon Strategien im Alltag anwendet. Cool ja, es wird doch jedes Mal über die Ziele gesprochen und auch eben wie man das im Alltag üben kann.

00:02:55 Sara Mohr: Da teaserst du schon ein bisschen unser Folgen-Thema heute an, wenn es darum geht, Strategien aus der Therapie im Alltag anzuwenden. Sehr schön. Ja, cool, wenn das schon nach der dritten Einheit beobachtet wird, ist das Kind cool und scheinbar hat die Mama auch ein Auge für das ist natürlich auch toll, wenn ihr das ausfällt, überhaupt. 

00:03:13 Sarah Bühler: Ja, es war ja ihr gar nicht so bewusst, sie hat nur dann gesagt, dass das Kind gesagt hat, ich bin jetzt einfach mal mutig und probiere das aus und das hatten wir besprochen, dass es viel darum geht, Sachen auch mal auszuprobieren, auch wenn man vielleicht noch gar nicht genau weiß, wie es dann ausgeht, ob man gewinnt oder verliert? Ob da, wenn man klingelt, direkt das Kind an der Tür steht oder die Mama und was man sagen kann.

00:03:42 Sara Mohr: Wie lieb! Ich bin jetzt mal mutig, ich probier das mal aus. Ja cool, das ist doch eine sehr positive Geschichte aus dem Alltag sehr schön. Jetzt habe ich immer noch keine, in meinem Alltag ist momentan gar nicht so viel los außer große Dinge. Denn wir planen ja wieder zurückzukommen nach Deutschland dieses Jahr und das geht jetzt ganz schnell ich habe letzte Woche oder vorletzte Woche war ich so naiv und habe mal gezählt, wie viele Tage es noch sind in meinem Kalender und dann waren es genau auf den Tag 99 Tage, als ich gezählt hab. Das hat sich gleichzeitig sehr aufregend und sehr traurig angefühlt. Ich bin ja nicht gut mit so großen Veränderungen, also Übergängen finde ich immer anstrengend. Ja, und das wird jetzt so ein bisschen hier Thema die nächsten 99 Tage oder schon viel weniger mittlerweile. Genau und dann warten neue spannende Dinge und dann, Sarah, wenn ich in Deutschland bin können wir zeitgleich den Podcast aufnehmen! Ich muss nicht mehr so früh aufstehen und du musst nicht mehr so lange aufbleiben. 

00:05:08 Sarah Bühler: Das klingt entspannend. 

00:05:08 Sara Mohr: Das ist toll. Eine ganz neue Ära der Qualität erwartet euch, wenn wir beide mal ausgeschlafen sind im Podcast. (lacht) Der größte Challenge wird, glaube ich sein, wir sind hier angekommen vor etwas über 3 Jahren mit jeder 23 Kilo Gepäck. Und wir planen so auch wieder zu gehen. Das heißt, wir müssen hier jede Menge Sachen loswerden, du hast ja meine Wohnung gesehen. Unter anderem 75000 Pflanzen. Und das fällt mir immer am schwersten, das fiel mir auch in Deutschland schwersten zurückzulassen meine Bücher und meine Pflanzen und ich habe meine Pflanzen alle ganz lieb. 

00:05:52 Sarah Bühler: Komm, die sind bei mir gut untergekommen!

00:05:55 Sara Mohr: Genau, ich habe sie ganz bewusst an ganz liebe Menschen gegeben! Meine Bücher habe ich natürlich in Kisten eingelagert, die habe ich nicht weggegeben. Es wird viel ausgemistet in den nächsten Wochen und weggegeben. 

00:06:13 Sarah Bühler: Schön, das finde ich immer befreiend. 

00:06:15 Sara Mohr: Ja, am Ende wird es befreiend, der Prozess wird nervig. Ich weiß nicht jeder, der schon mal was auf ebay Kleinanzeigen verkauft oder verschenkt hat… 

00:06:25 Sarah Bühler: Ich stelle nur noch Sachen vor die Tür. Also auch für ebay Kleinanzeigen. Ich verschenke nur noch Sachen. 

00:06:33 Sara Mohr: Die stellst du vor die Tür und dann wird es abgeholt oder nicht? 

00:06:35 Sarah Bühler: Ja, oder auch nicht genau. 

00:06:39 Sara Mohr: Ja, ich muss mal gucken hier ist mit vor die Tür stellen halt schwierig, weil wir ja in einem Mehrparteienhaus wohnen, aber ich wollte hier im Haus auch mal fragen, ob einfach jemand aus dem Haus das haben möchte. Wir haben eine Facebook Gruppe für alle Parteien, die hier wohnen. Ja, n bisschen süß hat ein Nachbar angefangen und dann quasi jedem von uns einen Zettel im Briefkasten gelegt. Mit dem QR Code zu der Gruppe. Das war ganz süß und dann halt immer, wenn irgendwas ist, wenn einer irgendwie in Urlaub fährt und möchte, dass die Nachbarn Blumen Gießen oder wenn irgendwas mit Parkplätzen ist oder so, dann läuft das über die Gruppe ist ganz putzig hier. Und da habe ich gedacht, da inseriere ich auch unsere Sachen, weil, dann kriegt es auch jemand, der nebenan wohnt und der einfach rüberkommen muss und das abholen. So ist‘s glaub ich stressfreier mal sehen. Genau das ist mein Alltag gerade. Aber genug davon. 

00:07:32 Sarah Bühler: Ja, du hast uns mal wieder eine Studie mitgebracht oder ein Thema? 

00:07:36 Sara Mohr: Ich hab sogar 2 Studien mit einem Thema. Das Thema haben wir angetragen bekommen und zwar von der lieben Imke @ErgoIris auf Instagram. Ich erzähle vielleicht ein bisschen die Geschichte dazu, wie dieses Thema zustande kam. Vor ein paar Tagen hat Imke einen Beitrag gepostet auf Instagram mit dem Titel: Kann man die Konzentration spielerisch verbessern? Fragezeichen. Imke ist Ergotherapeutin und arbeitet hauptsächlich in der Pädiatrie. Sarah holt schon Luft bei dieser Frage. Das ist sehr gut, weil du die Pädiatrie Expertin hier bist. Vielleicht frage ich dich erstmal was sagst du denn dazu? Kann man die Konzentration spielerisch verbessern? 

00:08:51 Sarah Bühler: Natürlich kann man die spielerisch verbessern, bin ich ganz fest davon überzeugt. Die Frage ist, ist es im Alltag abrufbar? 

00:08:58 Sara Mohr: So und da bist du mit Imke auf einer auf einer Schiene, glaube ich. Dieser Transfer von konzentrationsförderndes Spiel spielen und dann kann ich mich besser in der Schule konzentrieren, das funktioniert leider nicht. So und dann hat dieser Beitrag heiße Diskussionen ausgelöst. Da haben ganz viele Leute Angst bekommen, dass sie jetzt keine Spiele mehr spielen dürfen mit den Kindern, das war jetzt etwas polemisch formuliert. 

00:09:35 Sarah Bühler: Spielen wir denn in der Therapie? 

00:09:40 Sara Mohr: Ich kann dir sagen ja, ich habe früher vor 10 Jahren, als ich angefangen habe zu arbeiten, war das durchaus gang und gäbe. Und ich habe mich ja nie auf die Pädiatrie spezialisiert, mich irgendwie eingelesen. Das war in der Praxis so angeflogen kam, was man nicht vermeiden konnte, wo ich ganz ehrlich ich finde Kinder toll, aber ich hatte nie die große Leidenschaft für Pädiatrie auch. Und dann hat man auch mal ein Spiel gespielt, haben Kolleg*innen auch so gemacht. Mit dem Argument, bei dem Spiel muss sich das Kind konzentrieren und dann lernt es, sich besser zu konzentrieren und dann kann es sich auch bei anderen Sachen konzentrieren, aber da möchte ich jetzt mal ein Fragezeichen hintendran packen eigentlich. Jetzt komme ich nicht mehr drum, jetzt muss ich mich einlesen. Ich habe mich auf die Suche nach Evidenz zu dem Thema gemacht. Ich hab erst mal nach Occupational Therapy, Board Game und Generalisation oder Transfer gesucht, also Ergotherapie, Spiele und Generalisation oder Transfer. Weil ich dachte, vielleicht hat jemand eine Studie gemacht zu Spielen in der Ergotherapie hätte ich wohl gut gefunden, aber dazu habe ich nichts gefunden leider. Dann habe ich schweren Herzens aus meiner Suchstrategie die Board Games rausgenommen und habe eben einfach speziell nach Studien gesucht mit pädiatrischer Klientel, wo es um Transfer oder Generalisation geht. Und rate, welche ergotherapeutische Behandlungsmethode dann in den Studien auftauchte? 

00:11:30 Sarah Bühler: Natürlich CO-OP, was denn sonst? 

00:11:33 Sara Mohr: Einmal weil es zum CO-OP einfach viele gute Studien gibt, ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass da eine aufploppt. Dann aber auch, weil das eine der wenigen Studien waren, die sich überhaupt mit dem Thema Transfer beschäftigen. Über CO-OP haben wir auch eine Folge gemacht, hat Sarah erzählt da zu Elternberatung im CO-OP hört euch die doch mal an, an dieser Stelle. Und wir sprechen auch gleich noch mal kurz übers CO-OP. Aber bevor wir weitergehen, würde ich gerne kurz einmal Begriffe aufdröseln, und zwar die Begriffe Transfer und Generalisierung. Ich selber benutze es im Alltag oft synonym, aber es ist nicht dasselbe habe ich gelernt. Sarah, wie machst du das? 

00:12:42 Sarah Bühler: Im Alltag unterscheide ich das nicht. Also es sind auch beides, finde ich Worte, die für Eltern schwierig sind. Die auch zu weit weg sind, sondern also ich probiere es immer am Problem zu benennen. Also klappen Hausaufgaben jetzt ja oder nein? Oder wie klappen jetzt ohne Aufstehen? 

00:13:06 Sara Mohr: Ja, ich glaube, man fragt nicht im Elterngespräch „Wie gelingt ihnen denn die Generalisierung der Therapieinhalte?“ dann weiß niemand, was man da jetzt meint. 

00:13:13 Sarah Bühler: Genau ja, dann können Sie das auch noch woanders anwenden, oder? Ja, und das ist super, schwierig, superschwierig ist die Generalisierung. 

00:13:35 Sara Mohr: Ich glaube, die Generalisierung ist der Heilige Gral der Ergotherapie. Okay, lass uns mal kurz auseinandersetzen mit den Begriffen. Der Begriff Transfer beschreibt die Fähigkeit, dass ich Skills aus einem Kontext in einen ähnlichem Kontext übertragen knn, also zum Beispiel, wenn ich im Wohnzimmer bin, meine blauen Turnschuhe kann ich mir da binden und dann kann ich jetzt auch, weil ich das gelernt habe, mir meine roten Turnschuhe in der Umkleidekabine beim Sport binden so. Transfer meint also, dass ich meine Fähigkeiten in unterschiedlichen Kontexten anwenden kann. Generalisierung ist noch eine Nummer größer. Generalisierung heißt ich weiß, was ich brauche, um ein Problem zu lösen oder um gut zu lernen, also ich weiß zum Beispiel beim Schuhe binden habe ich einen Merkspruch und der hilft mir, dass ich mir den Ablauf gut merken kann. Merksprüche können eine generalisierte Lernstrategie sein. Zum Beispiel, wenn ich dann in einer ganz anderen Situation bin, z.B. beim Fahrradfahren lernen kann ich versuchen, ob mir auch da ein Merkspruch hilft mir die Abläufe beim Fahrradfahren besser zu merken. 

00:14:43 Sarah Bühler: Und das ist ja, das große Ziel von CO-OP Ziel Plan Tu Check. 

00:14:47 Sara Mohr: Genau als generalisierte Strategie. 

00:14:48 Sarah Bühler: Jetzt auf verschiedene Situationen anzuwenden, also auf verschiedene Sachen, die ich lernen möchte. 

00:14:53 Sara Mohr: Ja und wenn ich eben mal ein paar gute Generalisierungsstrategien für mich entdeckt habe, die für mich gut funktionieren, dann kann das einen riesigen Unterschied für meine Selbständigkeit im Alltag machen, weil ich mir ganz viele Dinge selber erarbeiten kann und nicht wegen jedem Pups in die Ergo laufen muss, sondern ich habe das gelernt, selber diese Probleme zu lösen. Deshalb, so der Heilige Gral. Wie ist das denn bei dir, Sarah, was hast du denn zuletzt Neues gelernt? 

00:15:26 Sarah Bühler: Ich habe etwas Neues gelernt, eine Übung mit dem Hund. Mhm und ich bin ja also was Koordination angeht, wirklich wirklich schlecht. Und ich musste den Hund um ein Hütchen schicken, in dem der Hund entweder rechts oder links sitzt, wenn er rechts sitzt, musste ich zuerst mit dem rechten Bein nach vorne das ist das Zeichen für den Hund er darf los, dann führe ich ihn mit dem rechten Arm Richtung Gegenstand. Er muss rumlaufen und wenn er zurückkommt, muss ich mit dem linken Arm ein Leckerli werfen. Hohe koordinative Ansprüche. Für mich war es schwierig, irgendwas hat immer nicht funktioniert, dann habe ich die Leckerlis in der falschen Hand oder ich hatte in beiden Händen Leckerlis mit beiden Händen geworfen. Ach, es war es war katastrophal, ich musste das abends zu Hause dann nochmal trocken ohne Hund üben. 

00:16:30 Sara Mohr: Hm ja. 

00:16:33 Sarah Bühler: Genau, aber das habe ich gelernt ja, Mhm und ich habe es auch nur gelernt, weil ich ein direktes Feedback bekommen habe also genau in der Situation, sonst hätte ich glaube, nicht gewusst, was zuerst kommt, ich hätte nur gewusst, wie es zum Schluss aussehen soll. 

00:16:51 Sara Mohr: Okay, also, es war für dich hilfreich, dass du das in der Situation gemacht hast und es war jemand da, der dir gesagt hat hier guck mal. Ja, ja sehr gut, das merken wir uns. 

00:17:02 Sarah Bühler: Und natürlich die Kommentare von meinem Mann, der dabei war. 

00:17:07 Sara Mohr: Die waren hilfreich, oder…? (lacht)

00:17:10 Sarah Bühler: Die waren schon also sie waren berechtigt und sie waren letztendlich auch hilfreich. Es ist schon okay, schon gut, wenn jemand sagt „langsam langsamer“. 

00:17:22 Sara Mohr: OK ja. Sehr gut, wir merken uns mal Feedback in der tatsächlichen Situation kann hilfreich sein zum Lernen, kommt nämlich später nochmal. Ich musste die Tage auch was Neues lernen. Wir haben ein neues Computerprogramm auf der Arbeit, ist inhaltlich total langweilig, aber ist für die Arbeit wichtig und es gab ein Meeting, wo dann alle Leute kamen und es hieß hier so und so, das ist das neue Programm so und so sieht es aus, so und so funktioniert es Tip top jeder kann das jetzt benutzen. Ha ha und dann saß ich vor meinem Computer und konnte es natürlich nicht benutzen, nur weil die mir das einmal auf dem Bildschirm gezeigt hat, wenn du es dann tatsächlich machen sollst… also als sie mir das gezeigt hat, war mir das alles klar, ne. Wenn ich das dann aber selber machen muss ich finde das nicht mehr genau das ist hoffnungslos, ich wusste nicht mehr wo muss ich jetzt was in welcher Reihenfolge angeben? Und ich habe eine ganz liebe Kollegin, zu der ich immer mit allen Fragen gebh, bei denen ich mir sehr doof vorkomme und die mir aber dann netterweise das Gefühl gibt, gar nicht doof zu sein, die hab ich gefragt, wann sie das nächste mal Zeit hat und dann habe ich mit ihr zusammen dran gesetzt, sodass Sie immer wieder diesen Input geben konnte. Jetzt kommt das, dann kommt das, das machst du so, weil so und siehe da, das hat ne halbe Stunde nur gedauert und dann war es mir klar, aber dann habe ich eben einmal in der Situation ausprobiert ja. Das heißt dieses Abstrakte vorher besprechen hat nicht gereicht, damit ich das tatsächlich in meinen Alltag transferieren konnte. Und das ist so ein bisschen dieses ganze Thema des Alltags Transfers. Das ist natürlich in der Ergotherapie immer präsent. Wir wissen, dass es wichtig ist. Aber das ist tatsächlich in der Therapie zu verankern, habe ich so ein bisschen das Gefühl das fällt manchmal so ein bisschen hinten runter, oder man geht davon aus, dass es automatisch passiert und das gleiche Gefühl hatte ich, als ich nach Studien dazu gesucht habe. Denn auch in Studien wird sich dieses Thema Transfer und Generalisierung total selten angeguckt. Auch in ergotherapeutischen Studien.  Ich habe eine Studie gefunden als ich noch nach Spielen gesucht habe, ich natürlich ganz viel gefunden. Zu Virtual Reality Spielen wie wirkt sich das aus, wenn ich in einem Virtual Reality Spiel Gleichgewicht trainiere bei Kindern mit Spina bifida und wirkt sich das positiv auf deren Gleichgewichtsleistungen aus? 

00:20:03 Sarah Bühler: Nicht auf den Alltag?

00:20:04 Sara Mohr: Ja, sondern genau nicht auf das Gleichgewicht im Alltag, also können die Kinder danach besser Fahrrad fahren oder können danach besser auf einem Bein stehen, oder sich die Schuhe binden? Nee, sondern haben die danach bessere Gleichgewichtsleistungen, die in abstrakten Assessments abgetestet wurden. Ja natürlich, wenn ich eine bestimmte Leistung abstrakt trainiere, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die abstrakt besser wird, ja, aber die haben sich halt nicht angeschaut, ob sich dadurch irgendwas an den Alltags Fähigkeiten dieser Kinder verändert hat. Ja und so wie das in diesen Studien so dieses Thema Alltags Transfer n bisschen hinten runterfällt so kommt es mir eben auch manchmal in der Ergotherapie vor. Ich möchte dazu mal, ich stell das mal als Hypothese in den Raum und ich möchte mal so ein Gedankengang durchgehen, wie das überhaupt entsteht, dass ich mir denke: Ach, der passiert schon automatisch und stopp du mich doch mal, wenn ich jetzt gleich eine Aussage mache, wo du sagst in dem Moment, da lehnst du dich jetzt n bisschen weit aus dem Fenster, das ist nicht mehr evidenzbasiert. Wenn ich mich zurückerinnere an die Anfänge meiner Berufstätigkeit, da habe ich mit Kindern gespielt. Dann war da schon so ein bisschen der Gedankengang OK als Therapeutin kann es für mich wichtig sein, dass ich im Sinne auch von einem Bottom Ansatz Bescheid weiß über die Körperfunktionen und die Fähigkeiten von meinen Klient*innen. Also ich muss wissen, wo deren Defizite auch liegen und wie ich die trainieren kann. Bis hierhin ja, kann wichtig sein, dann ist der nächste Gedankengang. Es gibt ja so ganz basale Zusammenhänge gerade beim Thema Konzentration, die rein auf Funktionsebene gut funktionieren, also zum Beispiel wissen wir Bewegung ist gut für die Konzentration. Es gibt Zusammenhänge zwischen der Muskelspannung und der Konzentration. Es gibt Zusammenhänge zwischen der Sitzposition und der Konzentration. Bis hierhin auch noch okay. Ja, da gibt es irgendwie Zusammenhänge. Und dann ist der Gedankengang für Kinder ist natürlich spielen eine wahnsinnig wichtige Betätigung und Kinder lernen ganz viel durch spielen. 

00:22:19 Sarah Bühler: Und die lernen, auch wenn sie interessiert sind. 

00:22:22 Sara Mohr: Genau, ja sehr gut. Kinder sind interessiert zu spielen.

00:22:23 Sarah Bühler: Und lernen dadurch häufig ja sogar besser. 

00:22:32 Sara Mohr: Und dann ist der nächste Gedankengang für mich: Es gibt Brettspiele, bei denen muss ich mich konzentrieren und es gibt auch Brettspiele, für die brauche ich zum Beispiel eine gute visuelle Wahrnehmung oder für die brauche ich eine gute Impulskontrolle. Für die brauche ich diese grundlegenden Fähigkeiten. Bis hierhin auch noch alles toppi und dann kommt der Gedankengang. Ich kann also davon ausgehen, dass ich mit dem Kind Brettspiele spielen kann, um die Konzentration zu verbessern und dann klappen auch die Hausaufgaben besser? 

00:23:07 Sarah Bühler: Nee, das funktioniert so leider nicht. 

00:23:10 Sara Mohr: Ja, dann kommt nämlich der Punkt Transfer ja, der Transfer funktioniert so nicht. Als ich angefangen habe, mich einzulesen zu diesem ganzen Thema Transfer kamen ganz viele Infos gar nicht so aus der Ergotherapie, sondern aus der Pädagogik und Bildungswissenschaften, Bildungspsychologie und diese ganzen Sachen sehr spannend, sehr, sehr großes Feld und ich hab nur angefangen, mich da einzulesen, wenn ihr liebe Zuhörenden dazu mehr lesen wollt: Die Links sind in den Show Notes. Aber ich hatte das Gefühl, dass ich nochmal studieren müsste da, das war echt viel natürlich nochmal entlehnt aus einem anderen Fachgebiet natürlich ist ne, aber vielleicht überlegen wir kurz dieser letzte Schritt, der Transfer, woran kann der Scheitern? Warum klappt es denn nicht? Warum? Warum passiert der denn nicht automatisch? Sarah, Idee? 

00:24:13 Sarah Bühler: Also ich glaube, ein Ding ist, dass wir uns auch noch mal das Klientel angucken müssen, mit der wir arbeiten und da ist so das ist viele meiner Klient*innen sind Kinder mit ADHS. Und da ist ja schon auch ein Teil der Erkrankung oder ein Teil wie das Gehirn funktioniert, ist anders und es ist ja so, dass die auch häufig so einen Hyperfokus haben, also das was total was denen wichtig ist, das funktioniert auch da können sie sich konzentrieren. Es ist ja nicht so, dass die sich nicht konzentrieren können, also per se, sondern Sachen, die interessant sind, funktionieren. Die muss ich auch in der Regel nicht üben. Bei Spielen sind die auch in der Regel total gut. Aber Hausaufgaben machen halt meistens keinen Spaß und Schule macht auch oft keinen Spaß und dann ist es schwierig, die Konzentration aufrechtzuerhalten oder dafür Strategien zu finden. Und da brauche ich Strategien dann wie schaffe ich es denn, wenn mich was nicht interessiert, trotzdem dranzubleiben, mich darauf einzulassen oder auch wie kann ich denn gut lernen?

00:25:27 Sara Mohr: Ja, mit dem wie mein Gehirn eben funktioniert wie kann ich denn damit dann gut lernen ja, das mit dem Spiel spielen, ja, da sprichst du schon ganz wichtige Sachen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns vorher überlegen müssen, woran Transferleistungen scheitern und das erste ist und das klingt erst mal so negativ…

00:25:32 Sarah Bühler: Genau was brauche ich dafür? 

00:25:45 Sara Mohr: Aber die Fähigkeiten unserer Klient*innen, also, wir müssen uns erst mal die Frage stellen können Kinder das überhaupt? Können Kinder Wissen, Gelerntes, Erfahrungen alleine von einer Situation auf eine völlig andere Situation übertragen? Können sie allein Transfer und Generalisierung einsetzen? Und da ist – genau, Sarah schüttelt den Kopf – und da ist die Entwicklungspsychologie und die Lernforschung sich da ziemlich einig und sagt Nein. Gerade Grundschulkinder sind noch nicht in der Lage. Du musst dann Informationen abstrahieren und eigenständig in neuen Kontext reflektieren.  Das sind superkomplexe Gedankengänge und die Betonung liegt hier auf eigenständig; die Kinder können das nicht eigenständig, wenn ich den Transfer begleite, wenn ich kindgerecht erkläre, wenn ich das Kind dazu befähige, da aktiv mitzumachen, dann kann das natürlich gelingen, aber begleitet. Und eigenständiges Abstrahieren und Übertragen in neue Kontexte,  sagt eben die Entwicklungspsychologie, das fängt so an ab dem 12. Lebensjahr da beginnt das langsam, das so Leistungen möglich sind, natürlich wie immer bei diesen Entwicklungsstufen, bei dem einen früher bei dem anderen später.

00:26:57 Sarah Bühler: Ja und deshalb ist es wichtig, die Eltern dabei zu haben, in der Therapie die müssen Expert*innen werden für ihre Kinder, um einen Transfer oder Generalisierung zu ermöglichen. 

00:27:14 Sara Mohr: Ich merke schon, wie dieses Thema dein Thema ist. Und auch wenn wir jetzt mal außerhalb der Pädiatrie gucken wir fokussieren uns natürlich bei diesem Podcast heute viel auf die einfach, weil die Frage aus der Pädiatrie raus kam aber das gilt genauso für andere Klientel, was Transferleistungen angeht viele von meinen neurologischen Klient*innen haben natürlich auch neuropsychologische Einschränkungen, die zum Beispiel das Gedächtnis betreffen, oder die Exekutivfunktion. Das schränkt auch Transferleistungen ein. Auch bei psychiatrischer Klientel können Diagnosen wie zum Beispiel Depressionen können negativen Einfluss auf die Gedächtnisleistungen, auf die Konzentration haben und auch das kann es mir erschweren, so etwas zu transferieren auf andere Kontexte. Da fängt es schon an, dass Transfer einfach eben nicht von sich aus einfach so funktioniert. Der zweite Grund, warum der Transfer nicht automatisch passiert ist, Lernen ist kontextgebunden. Und das haben wir eben schon gesehen, als du erzählt hast, wie du das neu gelernt hast. Die Übung mit dem Hund du hast gesagt, das hat mir total geholfen, dass in der Situation jemand mir Feedback gegeben hat, denn so lernen wir auch normalerweise. Wir lernen in dem Kontext, in dem wir das Gelernte brauchen, also ich bringe da immer bei dem Thema das Beispiel Fahrradfahren und du lernst halt Fahrrad fahren, indem du dich auf ein Fahrrad setzt und versuchst, Fahrrad zu fahren und lernst nicht, indem Du ein Buch über Fahrradfahren liest und du lernst es auch nicht, indem du auf einem Bein stehst, um dein Gleichgewicht zu verbessern. Du lernst das Fahrradfahren im Kontext, in dem Fahrradfahren normalerweise stattfindet. Und klar als Erwachsene sind wir dann irgendwann vielleicht in der Lage, sowas auch ein Stück weit zu übertragen. Aber eben auch nur ein Stück weit. Es ist immer abhängig, Lernen ist immer an den Kontext gebunden, immer an die Umwelt gebunden und zwar nicht nur an die physische Umwelt, sondern zum Beispiel auch unsere soziale Umwelt. Mit wem führe ich das zusammen aus? Wer gibt mir Feedback, wer ist da, während ich es durchführe? Ich lerne am besten in dem Kontext, in dem ich dann nachher auch umsetzen oder anwenden möchte und letzter Punkt, das wissen wir auch alles ist alles Basics: Lernen geht leichter, wenn es eine Bedeutung für mich hat. 

00:29:41 Sarah Bühler: Ich muss das verstehen. 

00:29:43 Sara Mohr: Ich muss verstehen, warum das jetzt wichtig ist, was ich hier gerade tue. Worum es hier gerade geht? Und das kennen wir alle, wenn uns was wichtig ist, wenn uns irgendwie vielleicht emotional berührt oder so, dann nimmt das mein Gehirn viel leichter auf und ich kann es auch später viel leichter abrufen. Schönes Beispiel: Sarah, merk dir doch bitte mal den folgenden Satz „Nerho eid fua Znedive“. Ich sage es nochmal, damit es dir besser merken „Nerho eid fua Znedive“.

00:30:18 Sarah Bühler: Nee, ist das Elbisch oder was soll das sein? 

00:30:25 Sara Mohr: Das ist, wenn ich dir jetzt sage, was es ist, dann kannst du es dir wahrscheinlich besser merken. Es ist Evidenz auf die Ohren rückwärts. Du könntest es jetzt abrufen, jetzt hat diese Lautabfolge eine Bedeutung du kannst das mit etwas verknüpfen und der Abruf könnte funktionieren, weil du wusstest ja OK, ich müsste es vielleicht schreiben oder im Kopf andersrum vorstellen und dann könnte ich sagen.

00:30:51 Sarah Bühler: Ja, ich muss das aufschreiben. Aber ich hätte eine Strategie ja. 

00:30:56 Sara Mohr: Genau du hättest eine Strategie, aber solange es für dich keine Bedeutung hat, ist das Gehirn so NÖ, Sorry NÖ, mach ich nicht. Also die Fähigkeiten unserer Klient*innen, Lernen im Kontext, und Lernen mit Bedeutung. Das sind so die 3 Sachen, wenn die nicht da sind, dann scheitert eben Transfer, dann passiert es nicht automatisch heißt nicht, dass es unmöglich ist, aber passiert nicht automatisch. 

00:31:01 Sarah Bühler: Und ist super anstrengend. Für alle Beteiligten. 

00:31:25 Sara Mohr: Ja ja. Ich würde sagen, ich haue jetzt dazu mal die erste Studie raus. Die erste Studie, die ich gefunden habe, wie gesagt, es taucht ganz viel CO-OP auf, wenn man nach dem Thema Transfer in der Ergotherapie sucht, einfach weil das CO-OP eines der wenigen ergotherapeutischen Behandlungskonzepte ist, die eben dieses Thema Transfer ganz groß schreiben. Transfer und Generalisierung und ich habe eine Studie gefunden, ein RCT, also eine randomisiert kontrollierte Studie aus dem Jahr 2022 und die haben sich angeschaut, ob Kindern mit Zerebralparese und Spinat bifida nach einer CO-OP Intervention der Transfer auf untrainierte Fähigkeiten oder Alltags Handlungen besser gelingt als Kindern, die einfach quasi Standard Ergotherapie erhalten haben. Sie hatten 2 Gruppen. Insgesamt waren es 38 Kinder. Die waren zwischen 8 und 16 Jahren alt, im Durchschnitt 12 Jahre alt. 

00:32:44 Sarah Bühler: Mhm ja, ist ein gutes Alter. 

00:32:47 Sara Mohr: Ja ne, da kann man gut mit CO-OP arbeiten auch. Mit allen Kindern wurde erstmal das COSA durchgeführt und das COPM und dann noch verschiedene neuropsychologische Testung. Und anhand des COPM wurden dann für jedes Kind 4 Betätigungsprobleme festgelegt, die für dieses Kind individuell aktuell wichtig waren. Die haben sich also natürlich unterschieden bei diesen 38 Kindern. Und eines dieser 4 Betätigungsprobleme wurde festgelegt als das „untrainierte Ziel“. Daran arbeiten wir nicht. 

00:33:23 Sarah Bühler: Aber es war für die auch wichtig von Bedeutung. 

00:33:25 Sara Mohr: Ja, es war für die auch wichtig. Genau das wurde eben später benutzt, um zu gucken klappt denn der Transfer auch auf diesem wichtigen Bereich, ohne dass wir den in der Therapie trainiert haben? Dann wurden sie in 2 Gruppen aufgeteilt mit jeweils ungefähr 20 Kindern, die eine Gruppe hat CO-OP bekommen 11 Einheiten mit den Kindern und den Bezugspersonen und da wurde eben an den anderen 3 Betätigungsproblemen gearbeitet mittels CO-OP Ansatz. Die Kontrollgruppe hat quasi Standard Ergotherapie in Anführungszeichen bekommen, das heißt mit den Kindern wurde Ergotherapie ohne den CO-OP Ansatz durchgeführt. Den Therapeut*innen wurde vorher gesagt hier, das ist das vierte untrainierte Betätigungsproblem bitte kümmert euch nicht darum, macht ansonsten bitte eure Behandlung, wie sie sonst auch machen würdet. In der Gruppe das war dann super individuell, da wurden unter anderem Hilfsmittel verordnet und erprobt, es wurden Eltern beraten, es wurden Fähigkeiten trainiert. Und nach 11 Einheiten wurde wieder mit allen Kindern das COSA gemacht mit allen Kindern das COPM und mit allen Kindern die neuropsychologischen Assessments vom Anfang. Und die Ergebnisse zeigen…Was zeigen Sie wohl? Sarah gähnt schon? 

00:34:51 Sarah Bühler: Schuldigung es ist spät bei mir. 

00:34:56 Sara Mohr: Sowohl die trainierten Betätigungsprobleme als auch das untrainierte Betätigungsproblem war nach diesen 11 Einheiten in der CO-OP Gruppe hat sich die Performance signifikant stärker verbessert und die Zufriedenheit der Kinder hat sich da signifikant stärker verbessert als in der Standard Ergotherapie in Anführungszeichen. Gut, diese Studie sagt uns jetzt erst mal, wenn wir uns spezifisch um das Thema Transfer und Generalisierung kümmern in unseren ergotherapeutischen Behandlungen, dann klappt das auch. Der Transfer klappt nicht automatisch, aber wir können was tun, damit er klappt. Und dann habe ich mir die Frage gestellt was muss ich denn machen? Was muss ich denn machen, damit der Transfer klappt? Und hierzu habe ich die letzte Studie für heute gefunden und ich gebe zu, die ist schon ein bisschen älter, aber ich habe tatsächlich nichts Neues gefunden. Die ist von 2016. Das heißt für euch liebe Ergos da draußen, die ihr gerade überlegt, ob ihr Eure Bachelor-, Master-, Doktorarbeit zu einem Thema schreibt: Es gibt echt wenig Studien zum Thema Transfer und Generalisierung. Vielleicht ist da eine Lücke oder auch ein großes Loch in der Evidenz? Genau von 2016 und ich fand die so toll, weil die haben genau so ein bisschen die Schlussfolgerungen, die wir gemacht haben. Es gibt da ganz viel Wissen eigentlich zu Transfer und Generalisierung in der Bildungspsychologie, in der Pädagogik und so, da gibt es da Studien und Evidenz wie eben Wissen und Fähigkeiten transferiert werden können und die haben sich diese Evidenz angeguckt und haben gesagt, OK, wie können wir das in den Ergo-Alltag übertragen? Was können Ergos tun damit Transfer gelingt und die haben 6 Prinzipien aufgestellt. Und das finde ich sehr übersichtlich und ich bin sehr stark versucht, diese 6 Prinzipien in einen Instagram Post zu packen. Ihr werdet diesen Post sowohl auf der Homepage von Ergo Unterwegs finden, als auch dann auf Instagram. Ich finde es immer schön wenn es eine klare Auflistung gibt, was kann ich denn jetzt machen? Prinzip Nummer 1: Die Klient*innen sollen wissen, was ein Transfer ist und wie er funktioniert. 

00:37:42 Sarah Bühler: Mhm das kann ich noch besser machen. 

00:37:46 Sara Mohr: Das ist was. Ich glaube, das machen wir oft unbewusst, ja. 

00:37:50 Sarah Bühler: Aber nicht zum Thema ja, also Mhm. 

00:37:54 Sara Mohr: Genau also natürlich in der Sprachform, die für unsere Klient*in passt, kindgerecht zum Beispiel erklären oder auch einfach Erklärmodelle parat haben, die den Klient*innen klarmachen: Das Ziel hier ist, dass sie das, was wir hier machen und besprechen, im Alltag zu Hause anwenden, das ist das große Ziel der Ergotherapie. Dann kann ich bei einem Kind mit ADHS sagen, bei dem was wir hier gemacht haben hast du dich gut konzentriert und jetzt wollen wir mal schauen, wie du das geschafft hast, damit es auch bei anderen Sachen ZB bei den Hausaufgaben gut klappt, wie hast du das denn jetzt gerade geschafft? Das können so einfache Sätze sein, wie hast du das hier gemacht, wie können wir es schaffen, dass auch bei dieser anderen Betätigung klappt, das zu besprechen? Und das ist eigentlich so das grundlegende Prinzip und das funktioniert mit jeder Klientel guck mal, hier hat es geklappt, warum hat es geklappt, wie kannst du das übertragen? 

00:39:00 Sarah Bühler: Ja, und die Kinder haben echt tolle Ideen, wenn man sie fragt, was brauchst du jetzt? Ich sehe gerade du bist total unruhig. Was brauchst du gerade? 

00:39:14 Sara Mohr: Und dann kommen tolle Ideen, das ist schön. 

00:39:17 Sarah Bühler: Und dann ist aber auch die Frage kann man das auch in der Schule machen oder geht das nur hier? 

00:39:23 Sara Mohr: Man kann im Ergo Praxis Raum viel mehr tolle Sachen machen als in der Schule kann ich dir sagen. 

00:39:28 Sarah Bühler: In der Schule darf man ganz schön viel nicht. 

00:39:31 Sara Mohr: Da muss man kreativ werden. 

00:39:35 Sarah Bühler: Oder mit wem müssen wir das vorher noch absprechen, bevor wir das ausprobieren? Das ist auch immer eine Sache. 

00:39:41 Sara Mohr: Es ist wichtig zu klären, aber so gestaltet man den Transfer von Skills aus der Therapie in den Alltag. Soziale Umwelt haben wir ja auch gesagt. Zweites Prinzip: Die Klient*innen sollen sich ihrer eigenen Fähigkeiten bewusst sein, bevor sie erkennen können, dass ein Transfer erforderlich ist. Ich muss erstmal wissen, was ich selber kann und was ich nicht so gut kann, damit ich überhaupt sowas wie den Transfer verstehen und überhaupt erkennen kann im Alltag ach, das ist eine Situation, da kann ich die Strategie aus der Therapie überhaupt benutzen, dazu muss ich erstmal meine eigenen Fähigkeiten einschätzen können. Auch das, glaube ich, machen wir unbewusst in der Therapie, aber vielleicht macht es Sinn, noch mehr Fokus darauf zu legen. Ich glaube, das passiert schon ein Stück, wenn wir beim COPM Fragen wie gut klappt das denn? 

00:40:45 Sarah Bühler: Ja ja, wobei häufig sagen die Kinder dann ja, ich kann mich nicht konzentrieren und das ist ja ein riesen Begriff. Ja, und dann musst du runterbrechen ja, aber genau aber was bedeutet denn das? Und dann ja, aber das eine kannst du doch schon gut davon. 

00:40:52 Sara Mohr: Weil die das schon so oft gehört haben. 

00:41:00 Sarah Bühler: Und was ist denn das jetzt, was ist da tatsächlich schwierig? 

00:41:04 Sara Mohr: Ja, bei welchen Betätigungen ist halt das Problem? 

00:41:08 Sarah Bühler: Also bei Konzentration ist ja ein riesen Ding ja und ganz oft kommt dann raus ja, ich muss ruhig sitzen. Ja, und? Ja und muss man? 

00:41:24 Sara Mohr: Muss man das? So traurig, dass den Kindern schon so eingeprägt ist? 

00:41:25 Sarah Bühler: Ich muss zum konzentieren ruhig sitzen.

00:41:28 Sara Mohr: Ja, aber das passt ja schon zu diesem Prinzip welche Fähigkeiten sind denn da? 

00:41:37 Sarah Bühler: Gut genau also. Ich glaube, das ist total wichtig. Auch was bedeutet das letztendlich? 

00:41:44 Sara Mohr: Ja, ja und das da fand ich ganz spannend, als ich das gelesen habe. Da  dachte die Neuro-Tante in mir,ja das nennen wir Awareness, und es ist erstmal grundlegend in jeder neurologischen Therapie mit allen meinen neurologisch betroffenen Klient*innen. Ich muss das erarbeiten. Die Leute müssen wissen was kann ich, was kann ich nicht, sonst brauche ich gar nicht anfangen mit Dingen wie „Sie müssen beim Waschen auf ihren hemiplegischen Arm achten“, wenn da keine Awareness für die Erkrankung ist. So. Zum Beispiel das HoDT, die Handlungsorientierte Diagnostik und Therapie integriert ganz viel Awareness Training ganz hervorragend in den therapeutischen Prozess. Wenn sich da jemand mehr zu einlesen möchte. Also irgendwie, wie gut mir duschen gelingt, weiß ich halt erst wenn ich’s probiert hab zu duschen und dann danach mit jemandem gesprochen hab OK, das hat jetzt geklappt. Das war schwierig. Woran könnte das gelegen haben? So also ich muss selber in die Lage versetzt werden, einzuschätzen was kann ich denn gut und wo ist, wo fahren wir denn Sachen schwer? 

00:43:02 Sarah Bühler: Und das muss man aber auch lernen. Weil, da geht es wieder ums Aufdröseln. 

00:43:08 Sara Mohr: Ja, und Reflexionsfähigkeit. Und das können auch Kinder ab einem gewissen Alter natürlich auf einer kindgerechten Ebene. Aber das ist ja auch so ein bisschen was das CO-OP macht, ne wie gut hat mein Plan geklappt?

00:43:18 Sarah Bühler: Auf jeden Fall. Ja, aber man muss vorher Motivation schaffen ja, weil die schon kommen schon und so ja, ich kann das alles nicht.

00:43:37 Sara Mohr: Ja, genau. Dieses Prinzip heißt nicht „Ich muss denen jetzt aufzeigen, was die alles nicht können“, um Gottes Willen. 

00:43:43 Sarah Bühler: Genau denn ich zeige auf, was Sie davon schon können. Mhm und setze das aber auch in Relation dazu was kann man denn auch erwarten? Weil häufig erwarten Erwachsene auch ganz schön viel von Kindern. 

00:44:01 Sara Mohr: Ja, also sich der eigenen Fähigkeiten bewusst sein. Drittes Prinzip: Die Klient*innen sind in der Lage zu erkennen, wann und wo eine Transferleistung angewendet werden kann. Das baut jetzt ganz logisch auf den ersten beiden Prinzipien auf ne, wenn ich verstanden habe, dass es in der Therapie darum geht, dass ich das auch im Alltag anwende, wenn ich verstanden habe, das kann ich gut und da habe ich ein bisschen Probleme, dann kann man die Schlussfolgerungen ziehen ja, vielleicht kann ich das aus der Therapie jetzt auch hier benutzen. Also Kind mit ADHS erkennt, ich habe jetzt die Strategie gelernt, in der Therapie, das ist im Kopf des Kindes wahrscheinlich etwas anders formuliert als bei mir, aber das erkennt, das hilft mir bei den Hausaufgaben, das hilft mir aber auch wenn ich mit meinen Freundinnen zocke und es hilft, wenn ich mit dem Papa ein Buch lese. Und das ist eigentlich auch was motivierendes, wenn mir die ganzen Situationen einfallen, wo ich das jetzt überall benutzen kann, wie cool ich kann das jetzt und es hilft mir bei den 5 Sachen total motivierend. Viertes Prinzip: Klient*innen sollen Wissen erhalten das allgemein genug ist, um auf andere Betätigungen transferiert zu werden. Und da habe ich gedacht Mist. Wir Ergos sind glaube ich oft sehr, sehr spezifisch, wenn wir mit unseren Klient*innen nach Lösungen suchen. Also ich suche dann mit meinem Neuro-Klient*innen wirklich nach ganz spezifischen Lösungen für die Dusch Situation oder für die Anzieh Situation und das ist ja auch nicht verkehrt. Aber anschließend noch mal zu gucken was können wir daraus für allgemeine Strategien ableiten? Ich guck mir mit dem Kind mit ADHS an, wie kann der Schreibtisch sortiert sein, damit du da gut arbeiten kannst? Und das kann ich danach mit dem Kind vielleicht auch diskutieren, keine Ahnung 3 goldene Regeln für mehr Ordnung auch auf dem Esszimmertisch oder auch auf dem Arbeitsplatz, in der Schule, oder auf dem Wohnzimmertisch, was auch immer. Kann ich Wissen vermitteln, das sich übertragen lässt auch oder mache ich immer alles nur spezifisch?

00:46:37 Sarah Bühler: Spezifisch also, und ich glaube, ein wichtiger Punkt ist auch Psychoedukation. Zu wissen wie funktioniert mein Gehirn und dann dafür Strategien auch abzuleiten. Dass ich halt konkrete kurze Ziele, also zeitlich erreichbare, also schnell erreichbare Ziele oder Teilschritte brauche. Und das ist ja was, das ich auf fast alles anwenden kann und ich brauche vielleicht ein sehr konkretes Feedback und ich darf das auch einfordern von Erwachsenen.

00:47:00 Sara Mohr: Cool, ja, das wäre ja so ne goldene Regel ne. Ja, genau, das ist was also da hab ich bei mir gemerkt beim vierten Prinzip, da muss ich mir selber zu Nase packen, dass ich Wissen auch vielleicht spezifischer arbeiten, aber dann gemeinsam mit den Klient*innen auch ableite OK, bei verschiedenen Betätigungen das sind meine Voraussetzungen, damit ich da gut funktionieren kann ja. Fünftes Prinzip: Die Verbindung zwischen dem gelernten und der Situation, in der es gelernt wird sollte möglichst oft durchbrochen werden. 

00:47:55 Sarah Bühler: Das ist so schwierig im Therapie Alltag ja. Das ist so schwierig. 

00:48:01 Sara Mohr: Wenn ich immer wieder im selben Praxis Setting mit meinen Klient*innen dieselbe Übung mache oder dieselbe Betätigung simuliere oder dieselben Dinge mache, dann wird der Transfer in andere Umwelten, andere Situationen mit anderen Personen schwerfallen. 

00:48:18 Sarah Bühler: Deshalb brauchen die Wochen Aufgaben, dass die das Zuhause ausprobieren die Strategien. Und das muss nicht lange sein, da reichen 5 Minuten in der Regel. 

00:48:33 Sara Mohr: Und ich glaube, das ist im Praxissetting super schwer wie du sagst, aber ein Stück weit können wir ja schon sagen OK, hey cool, wir haben jetzt voll ne gute Strategie gefunden nächste Woche gucken wir mal ob das in einem anderen Therapieraum auch funktioniert klingt blöd, aber mal das Setting wechseln, dann gehen wir halt mal in den anderen Raum aber dann…

00:48:50 Sarah Bühler: Ja, oder auch wenn man sagt, die Strategie haben wir jetzt erarbeitet, und jetzt guckst du mal klappt das mit der Oma auch oder klappt das so und so und dann reicht es ja auch das zu besprechen. Also was hat dann gut geklappt? Was war schwierig? Woran könnte es gelegen haben, was müssen wir für die Oma oder für das Setting nochmal anpassen? Mit wem müssen wir sprechen, was brauchst du da? Und dann ist die Einheit ja rum. So und dann testen die ja die neue Strategie oder die erweiterte Strategie und dann kommen die wieder mit einer und dann gibt man wieder eine Rückmeldung wieder Input. 

00:49:29 Sara Mohr: Ja, also entweder die Klient*innen sind in der Lage, selber zu Hause einfach dieses Settings zu variieren und das in verschiedenen Settings auszuwählen. Klappt übrigens auch für neurologische Klientel, die in die Praxis kommt bei Leuten, die sich da ein bisschen schwer tun, die vielleicht alleinstehend sind und die es nicht so gut gemanagt kriegen, einfach das in verschiedenen Situationen ausprobieren kann ich versuchen das im Praxisalltag zu machen, dann mache ich eben mal draußen auf der Bank, vielleicht mache ich mal eine Beratung zur Integration ins häusliche Umfeld und gehe mit den Leuten mal an andere Orte. Da haben wir durchaus auch Möglichkeiten, als immer nur an demselben Tisch im selben Therapie Raum dieselben Sachen zu machen. Letztes Prinzip. Transfer muss in der Situation adressiert werden. Wir können nicht erwarten, dass er automatisch passiert. Da schließt sich jetzt ein bisschen der Kreis, wenn wir das nicht explizit machen, wenn wir nicht ganz aktiv und laut sagen, es geht hier um den Transfer, dann werden Fähigkeiten und Fertigkeiten auch nicht auf andere Situationen übertragen. Es wird nicht automatisch passieren. Wir müssen das begleiten. Also in der Situation, guck mal das hier jetzt super geklappt wie kannst du das zu Hause schaffen? Das hat hier gut funktioniert wie kannst du es in den Alltag übertragen? Was sind die Fähigkeiten, die dafür hast, was sind die Ressourcen, die du dafür brauchst? Wie muss die Umwelt gestaltet sein, damit dir das gelingt? Alles sehr ergotherapeutische Fragen. 

00:51:11 Sarah Bühler: Wichtig ist auch, die Eltern anzuleiten, die sollen das auch anpassen. Ja, den gibt man ja manchmal auch Strategien mit und dann setzen sie stur um. Und man denkt so nein, nein nein, ihr dürft das verändern, ja, darum geht es, macht das so passend, wie es für euch passt.

00:51:23 Sara Mohr: Ja und das ist eigentlich das Schöne, wenn die dann wieder kommen und sagen ich weiß, wir hatten letztes Mal so besprochen, aber wir haben das jetzt einfach mal so gemacht und es hat voll gut geklappt hier und dann denkst du ja geil Probleme alleine gelöst, ihr braucht mich nicht ne. Ja, aber das geht nur, wenn wir diese 6 Prinzipien möglichst gut in der Therapie verankern, weil es wird nicht von alleine passiert. 

00:51:59 Sarah Bühler: Ja und auch immer wieder darauf hinweisen. 

00:52:02 Sara Mohr: Ja, jetzt lass uns noch mal kurz den Bogen spannen zurück zu Imkes Frage, Imkes Beitrag und der Diskussion unter Imkes Beitrag. Kann man die Konzentration spielerisch verbessern? Imke hat das ganz klar mit Nein beantwortet. Und wir sind da, glaube ich, auch emotional immer noch sehr bei ihr. Ich weiß, dass du da sagst Spiele haben, keine Berechtigung in der pädiatrischen Ergotherapie. 

00:52:34 Sarah Bühler: Oder es kommt auf die Zielsetzung an, wenn ich ein Kind habe, das ausrastet, weil es am Verlieren ist, dann haben Spiele sehr wohl eine Berechtigung also es kommt auf die Zielsetzung an. Ja und wenn das Kind total gefrustet ist, weil es bei diesem Spiel immer verliert und sich besser konzentrieren muss oder mehr bei der Sache bleiben muss, damit es mal besser ist als der Bruder, finde ich auch das gerechtfertigt und ich finde es auch gerechtfertigt, Spiele als Motivation zu benutzen. 

00:53:10 Sara Mohr: Weil Spielen wichtiger Teil im Alltag von Kindern sind. 

00:53:11 Sarah Bühler: Weil genau, weil es ein wichtiger Teil ist und weil das Gehirn auch einfach besser lernt, wenn die Kinder motiviert sind. So und es gibt Kinder, bei denen ist das schwierig, über Betätigungen zu motivieren. Wenig, aber die gibt es und da kann es Sinn machen für den Beziehungsaufbau und so natürlich auch mal zu spielen. Aber Konzentration übe ich an den Dingen, die schwierig sind, weil es so kontextabhängig ist. Und ich habe ja tatsächlich wenig Kinder, die sich bei Spielen schlecht konzentrieren können. 

00:53:50 Sara Mohr: Ja, weil die Motivation eine andere ist ja. Und generell würde ich sagen, jetzt nochmal aus der Neuro Perspektive, macht es ganz oft ganz viel Sinn bei ganz vielen neurologischen Klient*innen funktionsorientierte Übungen in die Therapie zu integrieren ne. Wir werden jetzt nicht das ganze Thema aufmachen, aber es gibt bei Klient*innen mit Schlaganfall ein sensibles Fenster, in dem möglichst viel repetitives Üben einfach Therapieinhalt sein sollte, um eine Rehabilitation zu ermöglichen. 

00:54:24 Sarah Bühler: Ja, ja ja, aber die Therapie reicht da nicht, du musst so viele Wiederholungen machen, so viel Therapie kannst du gar nicht machen, das ist Leistungssport. 

00:54:36 Sara Mohr: Ich kann hervorragend funktionsorientierte Behandlungsansätze mit den 6 Prinzipien für den Transfer kombinieren. Ja, das kann ich ganz, ganz hervorragend und das wird die Qualität meiner Therapie und auch den Erfolg für die Klient*innen erhöhen, wenn ich die einfach in die Lage versetze, Dinge in ihren Alltag zu übertragen und Probleme in ihrem Alltag selbstständig zu lösen. Das ist ja das Ziel von jeder Ergotherapie. Wir wollen uns ja selber abschaffen am Ende. Wir wollen ja nicht, dass die Leute ständig wiederkommen. Wir wollen, dass die Leute in der Lage sind, selber ihre Probleme im Alltag zu lösen. Und dafür finde ich diese 6 Prinzipien, die kann man überall dazu packen, die kann man überall dazu packen und meinetwegen wenn ihr jetzt unbedingt – wenn ihr diese Folge gehört hat, und uns die ganze Zeit an den Kopf werfen wolltet, ich will aber gerne Brettspiele spielen, dann spielt halt Brettspiele aber dann nutzt parallel bitte diese 6 Prinzipien des Transfers. Und schaut, ob eure Klient*innen dann in der Lage sind vom Brettspiel auf die Hausaufgaben Situation zu übertragen. Und dann macht bitte eine Studie dazu, denn wir brauchen Studien zu dem Thema. 

00:55:43 Sarah Bühler: Ja, ja, was mir noch kurz einfällt, das ging ja auch viel um Bewegung bei dem Insta Post gell? Oder so Bewegungsübungen und so und die haben mit Sicherheit ihre Berechtigung. Die Frage ist wie viele Kinder können es tatsächlich in der Schule in dem Kontext anwenden und welches Kind denkt alleine dran? Und wird dann nicht ausgelacht. 

00:56:15 Sara Mohr: Oh ja. 

00:56:16 Sarah Bühler: Also ich bin ein Fan davon, wenn dann machen es alle.

00:56:21 Sara Mohr: Ja, das wäre cool, wenn Lehrer*innen das umsetzen und sagen so jetzt kommt gleich 10 Minuten stille Arbeit und vorher stehen wir alle nochmal auf und machen keine Ahnung, rennen einmal über den Flur und zurück oder machen Zentrierungsübungen.

00:56:33 Sarah Bühler: Genau, aber ich kann von einem Grundschüler meiner Meinung nach nicht erwarten, dass er alleine oder sie alleine daran denkt, diese Übungen zu machen, sich in der Klasse irgendwo hinstellt und Bewegungsübungen macht, das halte ich für nicht leistbar, oder also ich habe nur wenig Kinder gesehen, die den Transfer geschafft haben. 

00:56:53 Sara Mohr: In dem Alter muss das begleitet werden, das kann nicht alleine umgesetzt werden. Das muss begleitet werden, und wenn es die Hausaufgaben Situation ist, zu Hause habe ich noch ein bisschen mehr Möglichkeiten als in der Schule und wenn Eltern angeleitet sind und sagen so ach ja, wir machen gleich Hausaufgaben, lass uns zusammen kurz nochmal Zentrierungsübung machen oder lass mal gucken wie du hier am Tisch sitzt, oder keine Ahnung sind das die Skills der Eltern aber natürlich begleiten die hier das Kind und das Kind, das wäre ja toll, wenn ein Kind mit ADHS, das wird ja irgendwann ein Erwachsener mit ADHS und wenn es möglichst früh gelernt hat in sich rein zu spüren und zu erkennen wie dreht gerade mein Motor oder mit anderen Begriffen und was habe ich für Skills und das zu beeinflussen? Denn spätestens als Erwachsene werden diese Kinder nicht mehr begleitet und dann müssen die es alleine umsetzen können und dann crasht es ja bei vielen Menschen mit ADHS, wenn eben diese Begleitung leider wegfällt und deshalb wäre es so cool, wenn wir früher die Leute dazu befähigen zu wissen, was Sie brauchen und wie die Umgebung gestaltet sein sollte und was sie für Skills haben, damit sie gut durch den Alltag kommen. 

00:58:04 Sarah Bühler: Ja, ja und ich finde auch noch ein wichtiger Punkt, der finde ich auch zu wenig gemacht wird, ist zu vernetzen. Also auch Kinder, die ähnliche Probleme haben, zu vernetzen, also zu ermöglichen, dass die sich kennenlernen oder Selbsthilfegruppen zu besuchen oder Veranstaltungen zu den Themen auch da ein Austausch stattfindet und auch merkt man ist nicht alleine da. 

00:58:33 Sara Mohr: Und da finde ich einen ganz spannenden Punkt, ich hatte eine Zeitlang mit Selbsthilfegruppen für Menschen mit Parkinson und Selbsthilfegruppen für Menschen mit MS Kontakt gehabt und ganz spannend in diesen Gruppen ist häufig wie du sagst das Gespräch untereinander ist total gewinnbringend und Themen sind oft kleine Tipps und Tricks für den Alltag. Wie machst du das denn beim Anziehen? Wie machst du das denn, wenn der Postbote klingelt und du willst schnell an die Tür kommen? Und dann geben Sie sich ganz konkrete kleine Tipps und Tricks für den Alltag, die sagen nicht, oh ich hab einfach 20 mal diese abstrakte Übungen gemacht und dann kam ich schneller zur Haustür nee. Die geben sich ganz praktische Tipps diese Transfer Sachen, die, denen es gelungen ist, die können das weitergeben und darüber kann man sich austauschen ja. Ja, sehr schön, ich hoffe, liebe Imke, Wir konnten ein bisschen Evidenz Backup für deinen Post liefern, ihr anderen da draußen ob auf Instagram oder nicht, dürft uns jederzeit genau solche Fragen aus dem Ergo Alltag schicken. Entweder per E Mail an info@ergo-unterwegs.de oder über das Kontaktformular auf der Homepage oder über Instagram oder über Twitter oder über Facebook. Wir sind nicht zu verpassen in diesem Internet. Und dann gucken wir, was wir da an Evidenz finden. Ja, würde ich sagen. Mach mal den Deckel drauf. Wir hören uns das nächste Mal wieder. 

Sarah Bühler: Tschüss.

Outro-Musik spielt.

01:00:19 Sara Mohr: Hör mal, hört man das?

01:00:22 Sarah Bühler: Vorhin hat man die Vögel schon mal gehört. 

01:00:24 Sara Mohr: Aber das hört man nicht?

01:00:26 Sarah Bühler: Doch das hört man schlecht, Katze oder was ist das? 

01:00:28 Sara Mohr: Nein, ist der Kookaburra, das sind Vögel!

01:00:31 Sarah Bühler: Ah vorhin hat man irgendwelche zwitschern gehört zwischendrin mal. 

01:00:35 Sara Mohr: Ja, das war als die Lorrikeets vorbeigeflogen sind. Oh hoffentlich hört man das. Das ist einfach mein Lieblingsvogel, der klingt so als würde er dich auslachen. Das ist sehr gut für die eigene Moral wenn man im Alltag ab und zu mal random ausgelacht wird. (lacht)

 

 

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