#31 - mit Dilara und Alika
Gemeinsam mit Alika und Dilara vom Podcast “Ein Stück toleranter” sprechen wir über eine Studie, die genau das untersucht hat und finden heraus, was es für die Ergotherapie bedeutet.
Lust auf mehr Evidenz für dein Team?
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Die Studien aus dieser Folge:
de Sagazan, N., von Kürthy ,Heidi, & and Rivas Quarneti, N. (o. J.). “It’s a bit of a paradox, as she considers herself a feminist”: Tensions of doing household-related occupations as a young cis-heterosexual couple in France. Journal of Occupational Science, 0(0), 1–15.
de Araújo Lima, E. M. F. (2021). Occupational therapy: A feminine or feminist profession? Saúde Em Debate, 45, 154–167.
00:00–00:19 | Begrüßung und Vorstellung
Zu Beginn der Folge begrüßt Sara Mohr die Zuhörenden und stellt gemeinsam mit Sarah Bühler die beiden Gäste vor: Dilara Aktürk und Alika Leitloff aus dem Podcast “Ein Stück toleranter”. Die Runde reflektiert, wie sie sich in der „kleinen“ Ergotherapiewelt immer wieder begegnen, etwa auf Kongressen oder durch berufliche Überschneidungen.
00:19–00:38 | Warum Feminismus in der Ergotherapie?
Die Gruppe leitet zum Hauptthema über: Feminismus in der Ergotherapie. Es wird diskutiert, warum feministische Perspektiven im Berufsfeld relevant sind. Zentrale Punkte sind:
Alltagsnähe der Ergotherapie: Sexismus und geschlechterbezogene Vorurteile begegnen Therapeut*innen im Beruf ebenso wie privat.
Unbewusste Vorurteile: Studien zeigen, dass auch in sozialen Berufen stereotype Zuschreibungen existieren, etwa dass männliche Therapeuten eher mit Autorität assoziiert werden oder dass Frauen mit Familie und Männer mit Karriere verbunden werden.
Reflexion als Schlüssel: Die Hosts betonen, wie wichtig es ist, die eigenen Vorurteile zu erkennen und zu reflektieren, um Klient*innen professionell und vorurteilsbewusst zu begleiten.
00:38–00:59 | Einführung in die Studie: „It’s a bit of a paradox as she considers herself a feminist“
Die besprochene Studie untersucht, wie junge heterosexuelle Paare in Frankreich Haushaltstätigkeiten aufteilen und welche Spannungen dabei aus einer feministischen Perspektive entstehen. Es wird klargestellt, dass Feminismus auf Gleichstellung aller Geschlechter abzielt und dass der Zugang zu Betätigungen (Occupations) durch soziale Rollen beeinflusst wird. Die Hosts erläutern den Begriff der Intersektionalität und betonen, dass Diskriminierung oft mehrere Identitätsmerkmale betrifft.
00:59–01:15 | Eigene Erfahrungen mit Haushaltsaufteilung
Die Runde teilt offen ihre eigenen Modelle der Haushaltsorganisation:
Alika berichtet von einer partnerschaftlichen, aber nicht immer explizit geregelten Aufteilung.
Dilara schildert das Prinzip „Jeder macht, was ersie kann“ in ihrer Familienkonstellation.
Sarah beschreibt einen klaren Aufgabenplan, der regelmäßig gemeinsam angepasst wird, um Fairness und Transparenz zu gewährleisten.
Sara reflektiert über die Herausforderungen des Homeoffice und die Gefahr, dass Frauen im Homeoffice unbewusst mehr Haushaltsaufgaben übernehmen.
Die Diskussion zeigt, wie unterschiedlich die Modelle sind und wie wichtig Kommunikation und Flexibilität für eine faire Aufteilung sind.
01:15–01:39 | Ergebnisse der Studie: Sozialisierung und Rollenmuster
Die Studie arbeitet anhand von Paarinterviews heraus, wie stark die Sozialisierung die Wahrnehmung und Ausführung von Haushaltstätigkeiten prägt.
Die Hosts diskutieren, wie schwer es ist, tradierte Muster zu durchbrechen, selbst wenn der Wille zur Gleichstellung vorhanden ist.
01:39–01:59 | Übertragung auf die ergotherapeutische Praxis
Die Runde schlägt den Bogen zur Praxis:
Dilara berichtet, wie sie in der Pädiatrie Eltern mit Humor und konkreten Aufgabenlisten unterstützt, um eine gerechtere Aufgabenverteilung zu fördern.
Sara reflektiert, ob sie selbst in Hausbesuchen unbewusst geschlechtsspezifische Annahmen trifft, z.B. dass Frauen wieder kochen lernen „müssen“.
Sarah und Alika schildern, wie Therapieziele und Alltagsanliegen oft entlang tradierter Rollen formuliert werden und wie wichtig es ist, diese kritisch zu hinterfragen.
Es wird betont, dass Therapeut*innen ihre eigene Sozialisation reflektieren und Klient*innen alternative Möglichkeiten aufzeigen sollten, ohne Wertungen oder Druck auszuüben.
01:59–Ende | Drei Dos für die Praxis
Abschließend werden drei zentrale Empfehlungen für die ergotherapeutische Praxis formuliert:
Angebote machen: Klient*innen alternative Modelle und Möglichkeiten aufzeigen.
Selbstreflexion: Eigene Annahmen und Sozialisierung regelmäßig hinterfragen.
Sozialisierung im Blick behalten: Die Auswirkungen von Rollenerwartungen und Benachteiligungen immer mitdenken, auch wenn sie nicht explizit angesprochen werden.
Intro: Evidenz auf die Ohren – der Podcast für evidenzbasierte Ergotherapie.
00:00:25 Sara Mohr: Hallo und herzlich Willkommen zu einer neuen Folge Evidenz aufdie Ohren. Eurem Podcast für evidenzbasierte Praxis in der Ergotherapie mein Name ist Sara Mohr und hier bei mir im digitalen Podcast Studio sind heute sehr viele sehr liebe Menschen. Wie immer ist hier bei mir Sarah Bühler.
00:00:30 Sarah Bühler: Hallo!
00:00:32 Sara Mohr: Außerdem habe ich noch 2 Gäste heute, da möchtet ihr euch kurz einmal vorstellen?
00:00:51 Dilara Aktürk: Kann ich gerne. Ich bin Dilara und ich arbeite in einer Praxis gemeinsam mit Alika und ich habe den Schwerpunkt der Pädiatrie.
00:01:02 Alika Leitloff: Ja, also ich bin Alika und arbeite gemeinsam mit Dilara in der Praxis Knagge und ich habe den Schwerpunkt Psychiatrie.
00:01:11 Sara Mohr: Genau, vielen dank Euch. Ich freu mich total, dass ihr da seid und ich dachte zum Einstieg ist es vielleicht ganz schön einmal zu klären. Wie und wo wir uns in dieser ergo Welt begegnet sind, weil das ist ja eine Sache, die ich an dieser ergo Welt gerne mag, dass die eigentlich klein ist und sich irgendwie Wege ja auf 7 verschiedenen Ebenen kreuzen.
00:01:33 Sarah Bühler: Das ergibt sich immer wieder.
00:01:35 Sara Mohr: Man trifft sich irgendwie immer wieder.
00:01:35 Alika Leitloff: Das ist wirklich so. Auf jeder Fortbildung trifft man dann irgendwann ein, zwei Leute, wo man denkt, ja, mhm.
00:01:41 Sara Mohr: Ja, und dann merkt man auch immer mehr Connections. Also das erste Mal in Person kennengelernt habe ich tatsächlich dich, Dilara, letztes Jahr auf dem ergo Kongress, glaube ich.
00:01:51 Dilara Aktürk: Das müsste letztes Jahr gewesen sein. Genau, du standest am Schulz-Kirchner Verlag und Stefanie hatte mich dir vorgestellt, mein ich genau.
00:01:53 Sara Mohr: Letztes Jahr.
00:02:01 Dilara Aktürk: Und dann hab ich dich das erste Mal da gesehen und in Verbindung gebracht mit dem Podcast.
00:02:01 Sara Mohr: Genau.
00:02:06 Dilara Aktürk: Das war ziemlich cool, ja.
00:02:07 Sara Mohr: Genau. Und dann, das weiß ich noch, also Stefanie kannte ich, weil Sarah und ich bei Stefanie mal einen Coop-Kurs gemacht haben vor vielen Jahren, große Empfehlung an dieser Stelle für Coop-Kurse generell und für Kurse bei Stefanie. Genau, und haben wir auch direkt gequatscht über den Podcast, den ihr beide ja auch habt.
00:02:33 Dilara Aktürk: Also die Folgen kann man noch hören, das stimmt, da ist noch alles online, aber wir machen also aktiv nichts mehr mit dem Podcast.
00:02:40 Alika Leitloff: Ja, der Podcast hieß “Ein Stück toleranter” und es ging in erster Linie um Rassismus und Sexismus, also nicht nur ergotherapeutisch, sondern generell im Leben. Das findet man ja leider überall und es ging einfach darum, ein bisschen aufzuklären.
00:02:41 Sara Mohr: Aber man kann die sehr schön immer noch hören.
00:02:53 Dilara Aktürk: Ja.
00:03:03 Dilara Aktürk: Und das war uns damals wichtig, ist es immer noch.
00:03:09 Sara Mohr: Ja, und ich fand das so cool, als ihr gesagt habt, dass ihr diesen Podcast habt und es um Rassismus und Sexismus geht. Ich dachte, boah, krasse, wichtige, aber schwere Themen, und ihr schafft das in dem Podcast so angenehm. Also Einladung an alle, den zu hören, auch wenn da momentan keine neuen Folgen kommen. Man kann die alten Folgen noch gut hören, weil ihr so erzählt, als würde man mit euch am Küchentisch sitzen.
00:03:35 Sara Mohr: Man lernt voll viel dabei, aber es ist in so einer ganz angenehmen Atmosphäre.
00:03:43 Dilara Aktürk: Vielen Dank.
00:03:45 Sara Mohr: Genau so sind Dilara und ich uns begegnet. Und Alika, wir haben ja eigentlich eine Connection über meine Arbeit als Dozentin.
00:03:55 Alika Leitloff: Ja, das stimmt. Ich hab von dir so erfahren über die Podcast-Geschichte, über meinen Mann, der auch Ergotherapeut ist, der euch viel gehört hat. Und dann irgendwann hieß es, wir kriegen Praktikantinnen aus der Fokus. Genau, und dann fiel der Name wieder.
00:04:15 Sara Mohr: Genau, ich hab ja Neurologie unterrichtet an der Fokus Ergotherapie Schule und dann hat mir eine Auszubildende, die bei euch in der Praxis ins Praktikum gegangen ist, erzählt, dein Mann war quasi Anleiter. Und dann schlossen sich alle Kreise irgendwann.
00:04:31 Alika Leitloff: So schließen sich die Kreise.
00:04:35 Sara Mohr: Genau. Und dann haben wir gesagt, wir müssen mal eine Folge zusammen machen. Und das tun wir nun. Und wie alle unsere Podcastfolgen bei Evidenz auf die Ohren starten wir mit kleinen Geschichten aus dem Alltag. Habt ihr eine Geschichte mitgebracht?
00:04:52 Alika Leitloff: Ja, also meine Geschichte aus dem Alltag wäre, dass seit knapp zwei Wochen bei uns in der Wohnung in einer Drei-Zimmer-Wohnung eine 90er-Matratze und ein 90er-Lattenrost stehen und immer woanders stehen, weil wir eigentlich keine freie Wand haben, wo das jetzt gerade stehen kann. Tendenziell sollte das eigentlich in den Keller, da ist allerdings auch kein Platz und dann müsste man sich ja jetzt auch mit befassen. Deswegen hat jetzt unser Kind eine ganze Weile diverses Spielzeug nicht nutzen können, weil da die Matratze jetzt steht, so mitten im Flur. Ja, also ich bin gespannt, wo das noch steht. Mal gucken, wann wir es dann unterräumen vielleicht. Vielleicht nehmen wir das einfach so als Option, dass man dann halt hier doch noch irgendwo auf der Matratze liegt.
00:05:43 Dilara Aktürk: Könnt ihr auch sagen, jetzt abheben.
00:05:45 Sara Mohr: Kann doch auch gemütlich sein.
00:05:48 Alika Leitloff: Ja, naja, sehr schön.
00:05:51 Sara Mohr: Ich hab gerade ein Bild im Kopf, wie diese Matratze auch so auf eigenen Beinen einfach durch eure Wohnung läuft und immer mal woanders steht und so eigentlich Leben entwickelt.
Hier ist der nächste Abschnitt des Transkripts, exakt nach deinen vier Arbeitsschritten und den Raumregeln bearbeitet:
00:06:01 Alika Leitloff: Mein Mann kam gestern in den Flur und da war die Matratze eigentlich noch im Kinderzimmer gewesen und plötzlich stand sie dann im Flur. Da sagt er nur so: “Du Tier…”
00:06:16 Sara Mohr: Sehr schön, vielen Dank für diese Geschichte aus dem Alltag, aus dem sehr realistischen Alltag. Dilara, hast du auch eine Geschichte mitgebracht?
00:06:26 Dilara Aktürk: Ja, ich hab tatsächlich überlegt und überlegt, mir ist erst nichts eingefallen und dann hatte ich heute Morgen einen etwas hektischen Morgen auf dem Weg hierher zu Alika. Ja, und bin vielleicht auch mal schneller gefahren als erlaubt. Wurde nicht geblitzt. Ich weiß, wo die Blitzer stehen. Tatsächlich wurde das dann so ein bisschen getoppt mit unserer Technik hier. Ich dachte halt, ich bin nicht so gut in Technik, aber im Team kriegen wir das hin. Dann ging das auch erstmal nicht, aber jetzt haben wir ja irgendwie Wege gefunden. Das ist meine Alltagsstory.
00:07:19 Sara Mohr: Schön, das ist sehr gut, weil das den Zuhörenden mal ermöglicht, ich hoffe nachher nach dem Schnitt wird es für euch alles klingen wie eine perfekt aufgenommene Podcast-Folge und ihr werdet euch denken: Hä, was reden die denn von technischen Problemen? Ich kann euch sagen, wir hatten jetzt schon zwei Verbindungsabbrüche. Und vielleicht wird auch gleich die Qualität einfach noch schlecht, mal sehen. Ist eine Überraschung. Ich hab ja gelernt bei euren Podcastfolgen, dass ihr nicht schneidet und nicht nachbearbeitet und ich dachte, okay, die Eier muss man auch erst mal haben. Als Sarah und ich die ersten Folgen aufgenommen haben, ich hab so viel geschnitten, da hab ich das Gefühl, ich muss jedes Ähm rausschneiden und jeden Versprecher, weil ich mich sonst nicht traue, das öffentlich zu machen.
00:08:11 Alika Leitloff: Ja, also bei uns war das dann… Hätte ich übernehmen sollen und dann hab ich übernehmen sollen. Mit meinem ADHS-Gehirn gab es jetzt zwei Optionen: entweder perfekt bis zum Ende oder halt, wir machen das und hauen das jetzt raus. Da ich ein kleines Kind hatte, hab ich gedacht, wir hauen das jetzt raus, das war die Option.
00:08:34 Sara Mohr: Voll gut, sehr gut, mehr Realität im Podcasting. Super. Sarah, hast du auch eine Geschichte aus dem Alltag dabei?
00:08:46 Sarah Bühler: Das ist gerade wenig Alltag, mit Baby ändern sich doch sehr viele Routinen. Ich weiß gar nicht, ob man das schon Routinen nennen kann. Genau. Wir sind im Flow.
00:09:02 Sara Mohr: Wir nehmen, wie es kommt, alles ist im Fluss. Sehr schön, sehr schön. Ich hab eine ganz kleine Balkonalltagsgeschichte: Vor ein paar Folgen haben Sarah und ich drüber gesprochen, Sarah, du erinnerst dich bestimmt, dass du den Garten mit Stauden bepflanzt, damit die Hühner das eigentlich nicht mehr fressen. Und wenn sie es fressen, dass es nicht giftig ist. Dann haben wir festgestellt, dass wir beide Borretsch im Garten haben – du im Garten und ich auf meinem Balkon. Ich habe den selber gezogen aus Samen und auf der Samenpackung sah das einfach so schön aus, das blüht so blau, lila, das blüht wunderschön und ich dachte, voll cool, das ist so bienenfreundlich und nicht giftig. Ich habe nicht auf der Samenpackung nachgeguckt, wie groß Borretsch wird.
00:09:58 Sarah Bühler: Noch mehr.
00:09:59 Sara Mohr: Gott, und ich wollte eigentlich in diese Beete noch andere Dinge anpflanzen.
00:10:05 Sarah Bühler: Mir ging es letztes Jahr so mit Rucola. Pflanz nie Rucola im Garten, der ist dann überall.
00:10:09 Sara Mohr: Invasion. Ja, also ich hab jetzt sehr, sehr viel sehr schön blühenden Borretsch, aber es verdrängt ein bisschen die Erdbeeren. Ich krieg dieses Jahr, glaub ich, drei Erdbeeren insgesamt.
00:10:24 Dilara Aktürk: Immerhin.
00:10:28 Sara Mohr: Das ist meine kleine Geschichte aus dem Alltag. Und dann würde ich uns doch alle mal mitnehmen in die Forschung heute, oder? Ich hatte Dilara und Alika gesagt, hier guckt mal, das wären so ein paar Artikel, die ich spannend finde. Sucht euch doch mal was aus und dann habe ich euch in eine Entscheidungskrise gestürzt.
00:10:50 Alika Leitloff: Ja, das war schwierig.
00:10:54 Sara Mohr: Und ihr habt euch eine Studie ausgesucht, in der es um Feminismus geht.
00:10:59 Alika Leitloff: Na, Überraschung.
00:11:04 Sara Mohr: Und bevor wir da jetzt thematisch reingehen, würde ich gerne noch mal klarstellen, warum reden wir denn jetzt in einem Ergo-Podcast über Feminismus? Warum sollten wir das tun?
00:11:17 Alika Leitloff: War das eine Frage an uns?
00:11:19 Sara Mohr: Ich glaube, ihr könnt es als Frage nehmen. Ich hab da auch Gedanken zu, aber vielleicht teilt ihr erstmal eure Gedanken. Warum ist es wichtig, dass wir über Feminismus reden in der Ergotherapie?
00:11:28 Dilara Aktürk: Ich finde, weil es generell ja überall seine Nuancen hat, in allen Lebensbereichen und gerade auch natürlich im Berufsfeld und in der Ergotherapie.
00:11:39 Alika Leitloff: Ja, weil Ergotherapie ist ja eben auch Alltag. Diese Themen sind ja nun überall im Alltag. Dementsprechend ist es einerseits der Aspekt, dass wir durchaus auch sexistische Geschichten erleben im Arbeitsalltag und dann aber auch die Klientinnen passend begleiten sollten. Diesen Themen oder mit dem Blick eben da drauf.
00:12:09 Sara Mohr: Ja, total. Ich hatte auch ganz ähnliche Gedanken. Das begegnet uns einfach. Also das ist ja nicht, das begegnet uns in der Ergotherapie genauso wie im Alltag. Sexismus, deshalb ist Feminismus da wichtig. Und ich hatte noch mal ein bisschen recherchiert, weil was mich ja immer so ein bisschen, vielleicht bin ich da auch… Vielleicht stimmt es gar nicht so, aber ich hab oft den Eindruck, dass Menschen in sozialen Berufen und dann eben auch in der Ergotherapie gerne denken, ja, aber ich bin ja in einem sozialen Beruf, ich bin ja nicht sexistisch, oder ich bin ja nicht rassistisch, oder ich hab ja keine Vorurteile, ich seh ja den Menschen einfach nur. Und um diesen Punkt direkt am Anfang zu entkräften, hatte ich noch ein bisschen nach Studien geguckt. Es gibt ein paar spannende Umfragen. Ich habe jetzt eine aus dem brasilianischen Ergo-Journal. Die haben männliche Ergotherapeuten zu ihren Perspektiven von ihrem Geschlecht in ihrer Praxis befragt und die haben gesagt, sie haben schon das Gefühl, weil sie als Männer in der Ergotherapie arbeiten, dass sie öfter für die Vorgesetzten oder die Praxisinhaber gehalten werden als ihre weiblichen Kolleginnen. Und dass sie eher so angesprochen werden: So, jetzt brauch ich meine Aufgabe für einen starken Mann oder das muss jetzt mal jemand entscheiden, der hier die Entscheidungsmacht hat. Und dann werden sie angesprochen, also sie werden öfter mit Autorität und Macht assoziiert.Die Teilnehmenden selber sagen aber auch, das ist, wie ihnen in ihrer Rolle begegnet wird. Aber sie sagen, wenn sie Klient*innen behandeln, dass sie dann eben das Geschlecht gar nicht wahrnehmen. Also das hat für sie gar keine Bedeutung, ob sie jetzt eine Person, egal welchen Geschlechts, behandeln. Und das ist ja wieder so ein Punkt, wo ich denke, mhm.
00:14:02 Alika Leitloff: Ja, doch, schon, ja genau, also sorry.
00:14:07 Sara Mohr: Natürlich hat man da, und dann sind es halt unbewusste Vorurteile. Aber natürlich hast du da ein Bild im Kopf. Das war die eine Studie, die ich so als Background noch mitbringen wollte. Die andere ist eine Studie aus dem Journal of Occupational Therapy Education. Die haben Ergotherapie-Studierende in den USA befragt. Die haben einen Fragebogen ausgefüllt, aus dem sich ableiten ließ, welche bewussten oder unbewussten Vorurteile sie gegenüber sozialen Geschlechtsrollen haben. Da zeigte sich, dass 80% der teilnehmenden Frauen eher mit Familie assoziieren und Männer eher mit Karriere. Wir sind da echt nicht frei von Vorurteilen. Nur um das kurz einmal…
00:14:57 Alika Leitloff: Ja, und wir ja auch nicht. Wir haben diesen Podcast gemacht oder wir beschäftigen uns viel mit diesen Themen und trotzdem sind auch wir ja nicht immer frei von all diesen Sachen. Also ich weiß gar nicht, ob man überhaupt an den Punkt kommen kann, dass man immer alles berücksichtigt und auch gar nicht mehr drüber nachdenkt.
00:15:21 Sara Mohr: Ja, aber ich glaube, es ist schon mal wichtig, dass man weiß, natürlich habe ich Vorurteile. Und natürlich bin ich nicht frei von solchen Stereotypen in meinem Kopf, das ist schon mal besser als zu sagen, nee, also ich hab ja überhaupt keine. Weil dann hast du sie halt unbewusst.
00:15:39 Sarah Bühler: Einfach nur nicht bewusst gemacht. Und wenn du dir nicht bewusst bist, kannst du auch nicht reflektieren. Dann ist es überhaupt nicht möglich, da auch was zu verändern oder das sensibilisiert drauf einzugehen, oder?
00:15:48 Sara Mohr: Ja, genau.
00:15:50 Alika Leitloff: Und die große Problematik ist ja auch immer, dass vor allem Männer oder sagen wir weiße Männer das auch gar nicht so unbedingt nötig haben. Also wir müssen uns mit den Themen auseinandersetzen, wenn sie uns betreffen. Die Männer sind möglich: “Ich bin ja auch für Frauen, mhm.”
00:16:12 Sara Mohr: Ja, aber primär erstmal keine Nachteile davon erfahren. Also es ist jetzt nicht so schlimm, wenn ich für den Praxisinhaber gehalten werde als männlicher Kollege, aber als weibliche Kollegin, die vielleicht die Praxisinhaberin ist, ist es vielleicht nervig, wenn ich die ganze Zeit nicht als Praxisinhaberin gesehen werde.
00:16:27 Sarah Bühler: Ich kann euch sagen, Autohaus ist einfach katastrophal. Also sorry, wenn man als Frau ins Autohaus geht, was einem da begegnet…
00:16:33 Alika Leitloff: Ja, Frauen können ja auch nicht Autofahren…
00:16:42 Sara Mohr: Stimmt, ihr habt ein neues Auto gekauft,…
00:16:45 Sarah Bühler: Vor zwei Jahren haben wir ja die Praxisautos geleast und das war echt ein Kampf, weil ich selbst schon nicht immer so… Ich bin schon auch mal in Jogginghose oder leger unterwegs und geh auch so ins Autohaus und dann wollten die mir erst mal gar keine Verträge ausstellen. So, gewerblich, dafür bräuchten wir eine Firma.
00:17:14 Sara Mohr: Also direkt mal angenommen, du bist als Frau kannst jetzt schon mal keine Firma haben.
00:17:17 Alika Leitloff: Genau.
00:17:17 Sarah Bühler: Ja genau, war ich richtig…
00:17:20 Alika Leitloff: Ja, boah.
00:17:23 Sara Mohr: Ja, ich hatte so ein Erlebnis vor drei Jahren, als wir umgezogen sind und wir haben eine neue Spülmaschine für unsere Küche gebraucht, weil die alte kaputt war. Ich hab die liefern lassen, weil ich keine Lust hatte, die selber zu transportieren. Ich hab diese Spülmaschine ausgesucht, ich hab entschieden, welche Maße die haben soll, welche Funktionen, tralala, und dann wurde die geliefert von zwei Handwerkern und dann meinte der Handwerker: “Haben Sie die bestellt?” Ich so: “Ja.” Und er so: “Ja, aber die wird nicht passen.” Und ich so: “Doch. Ich hab das ausgemessen, ich hab das auch mit dem Kollegen vor Ort da besprochen, also die wird passen.” Und dann sagte er: “Wo ist denn Ihr Mann?” Und dann dacht ich so: “Oh Junge, ich springe dir gleich ins Gesicht.” Und dann hat er wirklich so lange mit mir rumdiskutiert, bis ich gesagt hab: “Wissen Sie was, ich ruf meinen Mann jetzt an. Mein Mann ist auf der Arbeit, aber wenn Sie das wollen, ich ruf den jetzt an, ich mach den auf Lautsprecher und dann klären wir das.” Dann hab ich meinen Mann tatsächlich angerufen und gesagt: “Du, hör mal, die stehen hier und sagen, die Spülmaschine passt nicht und du sollst es jetzt entscheiden.” Und mein Mann meinte einfach nur: “Hä, was labern die denn für ne Scheiße? Ich hab doch keine Ahnung von der Spülmaschine, du bist doch die Expertin, was soll denn jetzt der Anruf?” Ja genau, vielen Dank für diesen Input, auf Wiederhören. Und dann waren sie bereit, die Spülmaschine einzubauen und ich musste erst meinen Mann anrufen.
00:18:47 Alika Leitloff: Oh nein.
00:19:00 Sara Mohr: Ja, schön gut. Also wir sind in der Stimmung, glaube ich. Wir sind in der Stimmung für diese Studie. Die Studie, die wir uns heute anschauen wollen, heißt – und ich mag den Titel schon gerne – “It’s a bit of a paradox as she considers herself a feminist”. Also es ist schon mal ein Zitat direkt drin, es ist ein bisschen paradox, denn sie bezeichnet sich selbst als Feministin. Tensions of doing household related occupation. Also, Spannungen, die entstehen bezüglich Haushaltstätigkeiten bei jungen heterosexuellen Paaren in Frankreich. Und da habe ich gedacht, bevor wir da jetzt ins Thema reingehen, noch einmal kurz: Was verstehen wir eigentlich darunter, wenn wir hier über Feminismus sprechen?
Feminismus ist eine soziale Bewegung, die die Gleichstellung aller Geschlechter zum Ziel hat. Es geht um Gleichstellung, nicht darum, dass Männer doof sind oder so, sondern um Gleichstellung. Wichtig ist dabei zu bedenken, wenn wir das jetzt aus einer Ergo-Perspektive angucken, dass eben das Geschlecht – und wenn wir von Geschlecht reden, meinen wir das soziale Geschlecht, also Gender im Englischen – dafür sorgen kann, dass ich Zugang zu bestimmten Betätigungen habe oder eben keinen Zugang zu bestimmten Betätigungen, aufgrund meines Geschlechts. Und nicht nur das Geschlecht beeinflusst, welchen Zugang ich zur Betätigung habe, sondern auch andere Identitätsmerkmale, wie zum Beispiel ob ich eine Behinderung habe oder nicht, wie mein finanzieller Hintergrund ist und so weiter. Aber wir fokussieren uns jetzt hier auf das soziale Geschlecht und reden über Feminismus. Das hatten die auch in dieser Studie noch mal in der Einleitung und ich finde das einen wichtigen Punkt, auch hier noch mal zu sagen: Es ist wichtig zu bedenken, wenn wir über Feminismus sprechen, dass wir hauptsächlich, aber eben nicht nur über das Geschlecht sprechen, weil eben auch andere Identitätsmerkmale dazu führen, dass ich benachteiligt werde – also Frauen mit Behinderung oder schwarze Frauen erleben zum Beispiel deutlich stärkere Ausgrenzung als weiße Frauen oder Frauen ohne Behinderung. Deshalb ist es wichtig, das intersektional zu denken.
Und dann noch mal als kurzes Statement: Wenn wir hier von Frauen sprechen, dann meinen wir eine sehr heterogene Gruppe von Personen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, Bedürfnissen und Wünschen. Und wir meinen by the way auch trans Frauen, nur jetzt einmal fürs Protokoll – wenn wir von Frauen sprechen, genau das wollte ich am Anfang noch kurz klarstellen.
Diese Studie sagt jetzt: Einfluss des sozialen Geschlechts auf Betätigungsmöglichkeiten möchten wir uns angucken, und das machen wir am besten an ganz konkreten Betätigungen, damit wir es nicht so abstrakt haben. Die sagen eben: Wir gucken uns das jetzt mal an von Haushaltstätigkeiten. Und da hätte ich gedacht, das ist doch schon mal ein guter Einstieg, wenn ihr das jetzt hier teilen möchtet: Wie ist denn aktuell eure Lebenssituation und vor allem, wie teilt ihr aktuell Haushaltstätigkeiten in eurem Leben auf?
00:22:02 Alika Leitloff: Also ich lebe mit meinem Mann zusammen und mit unserem dreijährigen Kind. Wir leben auch jetzt schon irgendwie acht Jahre zusammen und generell sind wir schon auch beide der Auffassung, dass das hier irgendwie eine gemeinsame Kiste ist. Es gibt ein, zwei Sachen, die sehr klar geregelt sind, wer sie tut, weil das einfach von der Struktur und auch vom “ich hab da keinen Bock drauf” besser passt. Das eine ist: Ich mache meistens die Wäsche, allerdings verräumt mein Mann die Wäsche, weil das kriege ich natürlich total ätzend, und mein Mann räumt eigentlich fast immer die Spülmaschine aus, weil sich das mit kleinem Kind und so damals so ergeben hat, dass das so besser gepasst hat. Genau, das sind so die Sachen, die relativ fix besprochen sind, und ansonsten gilt eigentlich, dass alle alles machen.
00:23:18 Sara Mohr: Ja.
00:23:18 Alika Leitloff: Wir gehen ja da gleich noch mehr drauf ein, wie, ob, wie umsetzbar das ist und so. Aber ja.
00:23:23 Sara Mohr: Genau, aber schon den Anspruch eigentlich, dass es gleichmäßig verteilt ist zwischen beiden, ja?
00:23:26 Alika Leitloff: Voll, na ja.
00:23:29 Sara Mohr: Ja, Dilara, wie ist es bei dir?
00:23:30 Dilara Aktürk: Ja, also ich lebe mit meiner Familie zusammen und ich habe gerade keine Partnerschaft. Bei uns sind die Aufgaben so aufgeteilt, dass quasi jeder das macht, was er kann und was den anderen nicht zum Kotzen bringt. Das ist sehr unterschiedlich, aber trotzdem gibt es dann auch gemeinsame Dinge, die dann gemacht werden, und dann ist es eher so: Alle gemeinsam leben hier, alle gemeinsam machen etwas, packen an. Wir sind eigentlich fünf, also drei Männer, zwei Frauen.
00:24:14 Sara Mohr: Okay, und auch mit dem Anspruch, eigentlich sollen alle gleich viel beitragen?
00:24:20 Dilara Aktürk: Ja, für das familiäre und harmonische Zusammenleben auf jeden Fall, würde ich sagen. Ich habe zwei Brüder und meine Eltern.
00:24:29 Sara Mohr: Ja, sehr spannend. Ich finde es cool, dass es so unterschiedliche Perspektiven sind. Sag mal, wie ist es denn jetzt bei dir, Sarah? Bei euch hast du ja eben schon gesagt, keine Routinen, weil durch Kind eh alles durcheinander ist. Aber wie teilt ihr euch denn auf?
00:24:43 Sarah Bühler: Also wir haben sehr strikte Pläne eigentlich, wer was wie macht und bis wann das erledigt sein muss, weil sonst wird es einfach nicht gemacht oder keine Zeit eingeplant. Ich mache meistens Wäsche, Bad und Aufräumen und mein Mann macht Einkaufen, Kochen und die Küche. Also er kocht jeden Tag.
00:25:05 Sara Mohr: Boah, das ist ein Service.
00:25:06 Sarah Bühler: Genau, sehr schön. Das sind so die Fixsachen und dann haben wir halt im Haus, also ums Haus noch viel zu tun. Das heißt, meistens macht er noch eine Stunde Gartenarbeit, irgendeinen Weg oder irgendwas betonieren oder was auch immer, und dafür kümmere ich mich um die Hühner. Und er kümmert sich momentan mehr um den Hund, weil das schaffe ich so körperlich noch nicht so mit Baby und Hund teilweise.
00:25:34 Sara Mohr: Okay, das heißt, ihr guckt auch immer so: Wer kann jetzt gerade was auch gut machen?
00:25:43 Sarah Bühler: Genau. Aber dann gibt es schon einen Plan, wer an welchem Tag was macht.
00:25:47 Alika Leitloff: Darf ich dich fragen: Wie löst ihr das? Also da halten sich dann einfach alle dran, oder was würde denn passieren, wenn es einer nicht macht?
00:26:10 Sarah Bühler: Dann besprechen wir, warum das nicht geklappt hat in der Regel und gucken, was derjenige dafür braucht, damit es das nächste Mal klappt. Und es muss nachgeholt werden.
00:26:15 Alika Leitloff: Sehr schön, okay.
00:26:17 Sarah Bühler: Und also wir haben nur so das Minimale eigentlich so fix. Genau, ja. Ja, und also das ist meinem Mann und mir halt irgendwie wichtig, dass man sich auf das, was vereinbart ist, verlassen kann.
00:26:30 Sara Mohr Ihr macht das doch auch so, hab ich das richtig im Kopf, dass ihr euch wirklich auch zusammensetzt und sagt, so, wir machen jetzt einen Plan dafür?
00:26:45 Sarah Bühler: Ja, wir setzen uns eigentlich mindestens einmal die Woche zusammen und besprechen, ist der Plan noch so aktuell und wie ist die Energie von jedem, kann jeder seine Aufgaben irgendwie machen oder nicht oder müssen wir was verändern?
00:26:49 Sara Mohr: Finde ich voll cool. Ich muss gerade an ein Zitat von Brené Brown denken, ich krieg das Zitat jetzt nicht genau hin, aber die hat mal gesagt, man hat immer diese Idealvorstellung, dass es in der Beziehung Fifty-Fifty ist, aber das ist ja total unrealistisch, weil wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, dann hab ich halt nicht mehr Energie für 50%, dann hab ich heute vielleicht nur noch Energie für 5% und dann ist klar, dass der Partner in dem Moment jetzt 45% übernehmen muss. Und dann immer wieder einzuchecken: Wieviel Prozent hast denn du eigentlich gerade zur Verfügung? Und wieviel Prozent hab ich eigentlich gerade zur Verfügung? Und dann eine Aufteilung zu finden, die für beide funktioniert, das ist ja dann die faire Aufteilung.
00:27:27 Sarah Bühler: Ja, und das machen wir momentan mit dem Baby, dass wir fragen: Ey, wieviel Kapazität hast denn du gerade noch? Das und das, also einfach ja das zu machen.
00:27:36 Alika Leitloff: Und ich finde, das ist ja auch wieder spannend im Thema Care-Arbeit und so, weil wir haben ja eben auch das Kind und vor allem am Anfang, so mit Stillen und sowas, war das eben bei uns auch so, ganz doll, dass ich eben mehr da gemacht habe. Und dann finde ich es auch wieder spannend, was wird denn alles als Arbeit gesehen, nicht nur bezeichnet, sondern auch gesehen? Ist nicht das Stillen auch Arbeit? Und dann vielleicht, okay, wenn der andere 100% des Haushalts übernimmt, auch wenn das mehr nach Arbeit aussieht, oder? Also ich bin ja auch noch selbstständig und dann sitze ich hier zu Hause und hänge am Handy und das sieht aus, als ob ich irgendwas anderes mache, aber das ist auch Arbeit. Das ist ja eine ganz andere Bewertung und das muss man mit einfließen lassen, oder ich mit meinem ADHS-Gehirn vielleicht generell nie 100% habe. Und das muss ja alles irgendwie mit einfließen, aber ist natürlich super schwierig in der Kommunikation, wenn alle ja auch irgendwas gelernt haben und sozialisiert wurden und das dann irgendwie fair hinzukriegen. Wahnsinn, also ja.
00:28:46 Sara Mohr: Voll toll, ja. Das braucht immer wieder dieses Nachjustieren, weil es ja was ist, was sich eigentlich die ganze Zeit verändert.
00:28:58 Sarah Bühler: Ja, und was mich momentan wahnsinnig macht, ist dann, wenn mein Mann sich jetzt natürlich auch ums Baby kümmert, heute Morgen zum Beispiel, oder gut, meine Schwiegermutter ist jetzt noch da, aber alle sozusagen: Oh, der macht aber viel mit dem Baby und so. Und dass du schon wieder sechs Stunden auf die Arbeit gehen kannst in der Woche, das ist doch toll, wie er dich da unterstützt. Und ich denk, das ist ja auch sein Kind. Da werde ich richtig sauer, und dann wird immer gesagt, ich soll mich nicht so anstellen, wenn ich dann sage, er ist ja auch sein Kind oder nicht, und wir arbeiten beide.
00:29:34 Alika Leitloff: Ja, das war bei uns auch, wenn wir ja auch in der gleichen Praxis arbeiten. Dann war mein Mann drei Monate mit mir parallel zu Hause, die ersten drei, und dann war ich anderthalb Jahre zu Hause, weil er noch mal ein Jahr hatte. Er wurde so krass dafür gefeiert, dass er sich, also das wäre ja auch toll und so ein Jahr, dass er jetzt so viel Zeit… Ach Mensch. Und als ich dann weg war, wurde ich gefragt, warum ich denn jetzt schon wieder da wäre.
00:30:09 Sara Mohr: Das ist genau das, und da sieht man das sehr gut, wie Betätigung sozial zugeschrieben wird. Mit dem Kind zu Hause bleiben ist eindeutig eine Betätigung, die Frauen machen, und für die ist es selbstverständlich, und für Männer wird es als etwas Besonderes und Lobenswertes gesehen. Ich überlege gerade, als ich die Studie gelesen habe, habe ich noch mal über mein Setup zu Hause nachgedacht. Ich lebe mit meinem Partner zusammen seit acht Jahren, glaube ich, oder sieben, und wir arbeiten beide Vollzeit, allerdings arbeite ich im Homeoffice die meiste Zeit. Das führt dazu, und ich habe auch ein ganz anderes Verständnis von Ordnung und Sauberkeit als er. Das war uns vorher schon klar, bevor wir zusammengezogen sind. Aber was wir vor ein paar Jahren mal gemacht haben: Wir haben uns mal wirklich zusammengesetzt, weil mich das stresst, wenn ich das Gefühl habe, es wird von mir erwartet, dass ich bestimmte Haushaltssachen mache, nur weil ich halt im Homeoffice bin oder eine Frau bin. Es gibt so ein paar Haushaltstätigkeiten, die stressen mich einfach maximal. Ich finde das sensorisch super anstrengend, zum Beispiel Staubsaugen kann ich nicht ertragen, der Krach, und dann schwitzt du immer. Wir hatten so einen alten Staubsauger, das hat mich einfach fertig gemacht.
00:31:34 Dilara Aktürk: Ja, ich auch. Ich mag das nicht.
00:31:39 Sara Mohr: Weshalb ich dann zu meinem Partner gesagt habe: Du, das mit dem Staubsaugen, das stresst mich so, ich kann und will das nicht mehr machen. Ich will aber trotzdem eine gesaugte Wohnung haben. Und dann hat er gesagt: Ja, natürlich mache ich das, überhaupt gar kein Thema. Sag mir einfach wann. Und dann meinte ich: Nein, das ist nicht how this works.
00:32:07 Alika Leitloff: Das ist dann dein Mental Load.
00:32:08 Sarah Bühler: Doch, bei uns funktioniert das so, das wird in den Plan eingetragen. Montag, Mittwoch und Freitag ist Staubsaugtag.
00:32:14 Sara Mohr: Ja, aber es kann nicht mein Mental Load sein, dass ich einem erwachsenen Mann mit zwei Doktortiteln sagen muss, wann er seine Wohnung staubsaugen soll.
00:32:16 Alika Leitloff: Nee, genau.
00:32:20 Sara Mohr: Genau, wenn der Plan ist, den wir gemeinsam machen, voll okay, aber es ist nicht meine Aufgabe, anderen Leuten zu sagen, wann sie putzen sollen.
00:32:29 Alika Leitloff: Ja.
00:32:32 Sara Mohr: Das hat sich mittlerweile aber auch alles geklärt. Er hat dann entschieden, er kauft einen Staubsaugerroboter. Ich habe gesagt, mir ist das egal, und jetzt putzt der Staubsaugerroboter, ist super. Und dann gibt es tatsächlich auch Betätigungen, die ich wirklich gerne mache im Haushalt, zum Beispiel Wäsche, mache ich wirklich gerne. Ich mag das und ich habe da auch sehr strenge Regeln und ich will nicht, dass das jemand anders macht, die machen das alles falsch. Deshalb ist das für mich auch okay. Aber ich glaube, das hat sich in den letzten Jahren vor allem durch die viele Homeoffice-Tätigkeit eingeschlichen, ich mache deutlich mehr im Haushalt.
Genau, okay. Wir gucken noch mal in die Studie rein. In der Einleitung wird noch mal gesagt: Studien zeigen deutlich, dass Frauen im Schnitt doppelt so viel Zeit mit Haushaltstätigkeiten verbringen wie Männer. Für Frankreich hatte sie die Zahlen: In Frankreich sind es für Frauen im Durchschnitt drei bis vier Stunden täglich, bei Männern bis zu zwei Stunden täglich. Da sieht man, es ist ungefähr doppelt so viel. Interessant ist, dass sich die Zeit, die Frauen mit Haushaltstätigkeiten verbringen, in den letzten 20 Jahren deutlich reduziert hat. Wir verbringen weniger Zeit mit Haushaltstätigkeiten, aber die Zeit, die Männer damit verbringen, hat sich nicht gesteigert. Dann habe ich mich gefragt: Heißt das, wir machen mehr in kürzerer Zeit? Oder haben wir es outgesourct, oder bleibt es einfach liegen? Sind wir mehr okay damit, Sachen einfach liegen zu lassen?
00:34:18 Alika Leitloff: Vielleicht ist es auch sowas wie Staubsaugerroboter, die Dinge übernehmen.
00:34:22 Sara Mohr: Ja, Outsourcing, genau.
00:34:26 Sarah Bühler: Bügeln gibt es bei uns nicht.
00:34:28 Sara Mohr: Nee, machen wir einfach nicht.
00:34:30 Alika Leitloff: Nichts.
00:34:30 Dilara Aktürk: Ich mag Staubsaugen und ich mag Bügeln, ich mag ganz viele andere Sachen nicht, aber Bügeln auch, aber nur, wenn ich Lust habe.
00:34:38 Alika Leitloff: Vielleicht sollten wir uns zusammentun, wollen wir so einen Haushalt gemeinsam machen? Wäre doch was.
00:34:42 Sara Mohr: Ja, wollen wir einfach alle zusammenziehen? Sarah und ich haben ja mit einer dritten Kollegin mal eine Zeit lang als Ergo-WG zusammengewohnt, das funktionierte sehr gut mit den Haushaltstätigkeiten.
00:34:44 Alika Leitloff: Ja, wie geht’s?
00:34:55 Sarah Bühler: Ich weiß immer noch nicht, wie der Müll runterkam.
00:34:58 Sara Mohr: Es passierte einfach, Magic.
00:35:12 Sarah Bühler: Ich kümmere mich heute auch nicht um den Müll, der kommt auch einfach irgendwie raus.
00:35:15 Dilara Aktürk: Du wirst es nie lernen, Sarah, wahrscheinlich wird der Müll immer weggezaubert.
00:35:24 Sara Mohr: Genau, was in der Einleitung noch drin stand: Haushaltstätigkeiten werden oft nicht als Arbeit angesehen, sondern als Selbstverständlichkeit. Das macht man halt so nebenbei, das ist jetzt keine besondere Aufgabe oder Arbeit, entsprechend gibt es wenig soziale Anerkennung und schon gar keine finanzielle Vergütung für Haushaltstätigkeiten. Es gibt durchaus einige Umfragen, die zeigen, dass Frauen generell Haushaltstätigkeiten auch wichtiger finden und mehr Freude dabei haben. Das irritiert jetzt erstmal.
00:36:09 Sarah Bühler: Freude, wenn es gemacht ist.
00:36:11 Sara Mohr: Ja, da habe ich auch Freude. Und diese Studien irritieren erstmal, das sind korrekt gemachte Studien, aber man muss ein bisschen andere Zahlen noch dazu denken. Wenn man Frauen befragt, die aktuell keiner bezahlten Arbeit nachgehen und auch nicht die Option haben, in Zukunft einer bezahlten Arbeit nachzugehen, dann bewerten die Haushaltstätigkeiten durchaus positiver. Frauen, die berufstätig sind, bewerten Haushaltstätigkeiten viel negativer. Wenn ich eine Wahl habe, entscheide ich mich für bezahlte Arbeit, wenn ich keine Wahl habe, dann ist das so ein generelles menschliches Ding: Na ja, gut, es muss halt gemacht werden, dann habe ich wenigstens mal Spaß dabei. Das muss man bei diesen Studien mitdenken, man kann nicht einfach rauslesen: Na ja, Frauen machen halt lieber Haushalt.
00:37:08 Alika Leitloff: Ich glaube, da kommt auch noch der Punkt hinzu, dass diese Sozialisierungsgeschichte so tief drin ist, dass Frauen teilweise wirklich glauben, dass sie das gerne machen, weil sie gar nicht auf die Idee kommen oder sich nicht trauen zu sagen, dass sie es nicht gerne machen, weil das nicht okay ist, weil man dann ausgeschlossen wird oder wie auch immer. Und ich finde, Feminismus bedeutet ja auch nicht, dass wir jetzt bitte machen sollen, dass alle Frauen auf dieser Welt ganz viel Karriere machen, sondern dass wir einfach machen, was wir wirklich wollen. Und wenn dann jemand sagt: Ich lebe dafür, fünf Kinder zu kriegen und zu Hause zu sein und mich um Haus und Hof zu kümmern, bitte, wenn du damit glücklich bist, komplett, gar kein Thema. Aber wenn eben…
00:37:45 Sara Mohr: …dass man die Wahl hat, ja.
00:38:02 Alika Leitloff: Mich stört, wenn die Frau nicht die gleiche Chance hat, sich das auszusuchen wie der Mann.
00:38:08 Sarah Bühler: Ja, und ich finde, es ist auch eine ganz andere Bewertung von außen.
00:38:15 Sara Mohr: Das stimmt, und an dieser Stelle will diese Studie jetzt eben auch ganz genau hingucken: Wie werden solche Entscheidungen getroffen zwischen Männern und Frauen über die Verteilung von Haushaltstätigkeiten? Wie passiert das, und wie ist die Sozialisation? Haben die überhaupt gesehen, dass zum Beispiel der Vater auch Haushaltstätigkeit übernimmt oder nicht? Wie wird das dann in der Paarbeziehung verhandelt?
00:38:37 Alika Leitloff: Ja.
00:38:37 Sara Mohr: Und wie wird das dann so verhandelt in so einer Paarbeziehung? Und wie kommt es zu der Aufteilung? Und an der Stelle, das sag ich jetzt nur kurz, weil wir haben ja eben auch schon so ein bisschen was über uns alle erzählt, aber das Paper macht auch an dieser Stelle etwas sehr Schönes, das ich in qualitativer Forschung jetzt immer mehr lese und das ich sehr wichtig finde. Die Forschenden geben nämlich ein Professionalität-Statement ab, also die positionieren sich einmal selbst, aber sie beschreiben einmal kurz, wer bin ich und aus welcher Perspektive betrachte ich eigentlich dieses Thema, weil wir würden jetzt alle ein bisschen komisch gucken, wenn fünf Männer diese Studie gemacht hätten. Die können das machen, aber man bewertet die Ergebnisse anders, weil sie eine andere Perspektive auf das Thema haben.
00:39:20 Alika Leitloff: Ja.
00:39:23 Sara Mohr: Also es hilft, die Forschung besser einzuordnen und bei den Forschenden hier handelt es sich jetzt, sind alles Ergos, alles Ergotherapeutinnen, sind alle Frauen, sie sagen alle von sich selber, dass sie sich mit intersektionalen feministischen Werten identifizieren. Und die erste Autorin schreibt über sich noch ein paar mehr Infos rein, die ist weiß, sie ist Französin und sie wurde katholisch erzogen und sie beschreibt eben auch von sich selber, dass sie in einem Haushalt aufgewachsen ist, wo ihr Vater sehr traditionelle Vorstellungen hatte bezüglich der Verteilung von Haushaltstätigkeiten, und ihre Mutter war aber eher so, sie schreibt, der Hippiebewegung hat sie sich zugehörig gefühlt und wollte eigentlich eher eine faire Verteilung haben. Sie ist also mit, sie schreibt ja, Mixed Signals, also mit gemischten Signalen aufgewachsen, was Haushaltstätigkeiten angeht. Einfach, damit wir die Perspektive so ein bisschen besser einschätzen können. Wie wird denn jetzt dieses Thema betrachtet in dieser Studie und wir alle betrachten es ja eben auch aus unseren eigenen Perspektiven. Genau so. Was hat sie jetzt gemacht, die Forschenden? Die haben eine kritische narrative Analyse gemacht, das heißt, man führt Interviews und guckt sich an, welche Geschichten erzählen mir denn die Leute da über sich selbst, über ihre Vergangenheit, über ihre Gegenwart, über ihre Zukunft, weil so kreieren wir ja auch, wir kreieren ja alle unsere Identität über Geschichten, wir erzählen uns ja alle in unseren Köpfen Geschichten über uns selbst. Und das wird dann eben in so einer kritischen narrativen Analyse dann nachher kritisch betrachtet. Sie hat mit vier Personen gesprochen, alles französische Muttersprachlerinnen, weil die Studie in Frankreich durchgeführt wurde, also zwei Pärchen, jeweils heterosexuelle Pärchen, also jeweils eine Frau und ein Mann. Und hat mit denen jeweils ein Paarinterview geführt, wo beide gemeinsam da waren. Und dann hat sie mit jedem noch mal einzeln gesprochen. Und diese Interviews hat sie dann ausgewertet. Ich erzähle euch jetzt einmal kurz was über das erste Pärchen und dann danach noch mal über das zweite.
Das erste Pärchen sind Sebastien und Sandra. Sebastian sagt, bei ihm hat schon als Kind seine Mutter total viel Wert drauf gelegt, dass er Aufgaben im Haushalt übernimmt und er bringt ein Zitat von seiner Mutter: Sie hat zu ihm immer gesagt, du wirst nicht wie dein Vater und du wirst auch nicht wie die anderen Männer. Ja, ich erzieh dich so, dass du der Mann wirst, den ich gerne zu Hause gehabt hätte und deshalb musst du lernen, wie man einen Haushalt führt. Und als er dann von zu Hause ausgezogen ist und zum ersten Mal alleine gelebt hat, waren ihm aber beim alleine Leben Haushaltstätigkeiten nicht besonders wichtig. Also er schreibt, seine Freunde haben sich immer über ihn lustig gemacht, dass in seiner Wohnung eigentlich nur ein Bett und eine Waschmaschine stehen und als er in der WG gelebt hat, hat er öfter Streit gehabt mit Mitbewohnern, die sich über seine Unordentlichkeit geärgert haben. Und dann hat er ihnen vorgeschlagen, na ja, dann sagt mir doch, wie häufig ich putzen soll, dann putze ich. Also da auch so eine nicht richtig Verantwortung dafür übernehmen. Das ist Sebastian. Er lebt jetzt zusammen mit Sandra. Sandra, schreibt sie, wurde erst so als Teenagerin an Haushaltstätigkeiten herangeführt, da haben ihre Eltern nämlich eingeführt, dass man so kleinere Aufgaben im Haushalt übernimmt und sich so ein bisschen sein Taschengeld aufbessert dadurch. Und sie hat aber immer miterlebt, wie ihre Eltern samstags immer gemeinsam geputzt haben. Und deshalb war das für sie so was, was beide machen können. Genau. Und als sie dann mit einer Mitbewohnerin zusammengezogen ist, die im Homeoffice gearbeitet hat, hat sie sich erst geärgert, dass die Mitbewohnerin nicht putzt, obwohl die doch viel mehr zu Hause ist, und musste sich erst klar machen, na ja, nur weil man im Homeoffice arbeitet, heißt das ja nicht, dass sie während ihrer Arbeitszeit putzen kann, sie arbeitet ja genauso viel wie ich, nur halt eben zu Hause. Und die beiden leben jetzt zusammen, Sandra und Sebastian. Und sie haben gesagt, es hat ganz bewusst jeder ein eigenes Schlafzimmer, in dem die Person sich das so einrichten, putzen, sauber halten darf, wie sie das für richtig hält und die gemeinsam genutzten Räume, quasi Wohnzimmer, Küche und Bad, da haben sie nie konkret besprochen, wie sie die Aufgaben aufteilen und machen das so, je nachdem, wer gerade Zeit hat. Und Sandra, die jetzt selber im Homeoffice arbeitet, sagt, sie macht deutlich mehr Haushaltstätigkeiten. Sie sieht aber auch mehr. Sie sagt, sie sieht eher einfach, wenn sich Dreck ansammelt, weil sie mehr zu Hause ist.
00:44:03 Alika Leitloff: Ja.
00:44:04 Sara Mohr: Und Sebastian sagt eben auch zu ihr, wie er das schon zu seinen Mitbewohnern vorher gesagt hat: Na ja, kommunizier einfach, wenn es dir zu dreckig wird und dann mach ich das schon.
00:44:11 Dilara Aktürk: Ja.
00:44:13 Sara Mohr: So, das ist das erste Pärchen. Ich find es spannend. Bei denen sieht man jetzt noch nicht so, dass diese Betätigungen gegendert werden, also dass man irgendwie sagt, na ja, keine Ahnung, als Mann putze ich nicht oder als Frau koche ich immer oder so, aber man sieht, was die Sozialisierung da so für einen Einfluss drauf hat, find ich eigentlich ganz spannend.
00:44:34 Alika Leitloff: Ja, und ich finde auch dieses, wie der Sebastien quasi groß geworden ist, gut, da hättest du vielleicht noch ein paar andere Aspekte gebraucht, damit er das dann auch wirklich macht, aber das ist ja auch ein ganz großer Punkt, dass wir nicht nur die Mädels dahingehend erziehen müssen zu sagen, dass sie das nicht mit sich machen lassen, sondern wir müssen vor allem die Männer dahingehend erziehen oder die Jungs, in dem Fall, dass sie lernen, dass auch sie dafür verantwortlich sind. Also wir können jetzt nicht nur wieder den Mädels die Verantwortung geben, sich zu beschweren, sondern müssen eben auch die Männer dahingehend verändern, in Anführungszeichen, dass sie das überhaupt wahrnehmen und für sich selbstverständlich nehmen, ja.
00:45:17 Sara Mohr: Ja, ich glaube, gerade wenn du so aufgewachsen bist, das ist halt immer klar, das ist halt was, was Frauen tun und du das vielleicht auch nicht hinterfragst, dann ist es auch sauschwer mit 25 dann auf einmal zu checken, ach so, ich kann das genauso.
00:45:32 Alika Leitloff: Das sagen mein Mann und ich auch immer, oder? Ich sag das immer zu meinem Mann, ich hab, es ist in Ordnung, dass du auch teilweise noch eben dich natürlich auch in diesen Annahmen lebst, aber das einzige, was ich brauche, ist zu sehen, dass du dir Mühe gibst, das zu hinterfragen. Und wenn ich sage, du pass auf, das ist mir aufgefallen, einfach so, okay, warte, denk ich drüber nach, das ist das einzige, was ich erwarte und dann natürlich auch gerne eine Veränderung irgendwann, aber es ist für mich in Ordnung, dass jemand, der irgendwie so aufgewachsen ist, nicht mit 25 da steht und sagt, so jetzt mach ich es aber mal ganz anders, weil, aber ich muss trotzdem sehen, dass da irgendein Prozess passiert, weil sonst kann es halt auch nicht.
00:46:10 Sara Mohr: Genau, dass es reflektiert wird auf jeden Fall.
00:46:12 Sarah Bühler: Ja, und auch eine Bereitschaft, darüber zu sprechen, ja.
00:46:16 Sara Mohr: Und nicht in so einen Widerstand oder ich glaub, da ganz schnell löst man so eine Abwehrhaltung aus oder so.
00:46:20 Alika Leitloff: Toll, ja.
00:46:23 Sara Mohr: Ja, das stimmt. Wir haben diese Diskussion manchmal mit meinem Partner und mir so ein bisschen umgekehrt, dass ich sehr, sehr empfindlich eben bin, habe ich ja eben schon gesagt, wenn ich das Gefühl habe, es wird jetzt von mir erwartet, dass ich das mache, nur weil ich eine Frau bin, dass ich dann direkt in Widerstand gehe und sage, ja nee, wenn du jetzt morgen Abend zum Essen Freunde eingeladen hast, dann musst du aber gucken, wie die Wohnung geputzt wird, weil das, und dann sagt mein Partner ganz oft so, das mach ich ja, das ist ja okay, jetzt kein Stress, keine Panik, du, ich mach dich nicht zur Hausfrau, beruhig dich, ich mach das schon, du musst nicht direkt ausflippen, weil ich fahr da sehr schnell aus der Haut, wenn ich auch nur das Gefühl habe, mir wird jetzt gerade was zugeschoben, was aber nicht zu mir gehört, dann ist ja immer schon so, du musst mir jetzt keine Predigt halten und er sagt, ich hab dir nur gesagt, dass morgen Abend Freunde zu Besuch kommen, ich hab nicht gesagt, du sollst das Haus putzen.
00:47:15 Alika Leitloff: Ja, hast du mit deinem Appel Ohr gehört.
00:47:19 Dilara Aktürk: Ich glaub, da ist die Kommunikation einfach so wichtig. Weil, darf man ja dann auch, alles ausgeht und so kenne ich das ja auch. Wie genau sind Dinge jetzt beschrieben oder besprochen und hat man da jetzt auch wirklich jeder für sich raus verstanden, was jetzt der Auftrag oder die Aufgabe ist und welches Bedürfnis dahinter steht, ja.
00:47:37 Sara Mohr: Mhm, ja, voll, sehr schön. Wir gucken uns noch das zweite Pärchen an, das ist nämlich noch mal ein bisschen andere Aspekte drin, das sind Alexis und Julie und Alexis ist aufgewachsen mit Eltern, wo er die klassische Rollenverteilung miterlebt hat, also seine Mutter hat gekocht, Wäsche, putzen, Haushalt, alles und sein Vater war zuständig für den Garten und alles, was so mit Handwerk, also wenn eine Glühbirne auszuwechseln war oder so. Alexis selber hat seiner Mutter teilweise geholfen, bei manchen Tätigkeiten, aber er ist mit einer Schwester aufgewachsen und er sagt, schon als Teenager wurde ihm deutlich, dass seine Mutter viel öfter seine Schwester um Hilfe gebeten hat und er eher dem Vater dann im Garten geholfen hat. Mhm, und er ist dann später ausgezogen, allerdings auch in eine Wohnung auf demselben Grundstück mit den Eltern, hat dann aber in seiner Wohnung alle Haushaltstätigkeiten selber übernommen und sagt aber, er fragt bis heute immer noch seine Mutter um Rat, wenn er was nicht weiß. Dann, und da dachte ich erst so, ich find das eigentlich ganz schön, wenn man so seine Mutter dann so um Rat fragt, so, hey, keine Ahnung, ich hab eine neue Waschmaschine, welches Programm nehme ich für meinen Lieblingswollpulli, so, aber es kam dann ein Zitat von Alexis, das ich hier selbst wiedergeben möchte. Er sagt zum Beispiel, wenn es um den Punkt geht, wie fragt er denn seine Mutter um Rat, sagt er, ich hab kein gutes Gedächtnis und ich kann mir nie merken, welches Programm an der Waschmaschine ich für Baumwolle brauche, also frag ich sie jedes Mal.
00:49:06 Alika Leitloff: Ja, ich habe, da möchte ich vielleicht kurz eine Geschichte erzählen, die ich neulich gehört habe, da wurden, ich weiß leider nicht mehr wie viele Männer und so weiter, aber es wurden ganz diverse Männer gefragt, ob sie sich zutrauen würden, rein theoretisch, wenn sie in einem Flugzeug eben als Passagiere einfach mitfliegen würden, ob, wenn jetzt beide Piloten oder Pilotinnen ausfallen würden, ob sie sich zutrauen würden, das Flugzeug spontan notzulanden, und alle Männer so, klar, kein Problem, das krieg ich. Warum auch nicht, ne, so, aber dann kriegst du es nicht hin, die Waschmaschine anzumachen. Sorry, da hab ich ja auch gar kein Verständnis, also.
00:50:06 Sara Mohr: Ich meine, es ist schön, wenn da regelmäßiger Kontakt zur Mutter besteht, das ist ja auch schön, aber dieser Kontakt muss ja nicht über das Anstellen der Waschmaschine funktionieren. Und das ist in dem Moment, was da passiert, ist ja, dass ich diesen Mental Load, dieses “Ich muss mir jetzt merken, wie ich meine eigene Wäsche wasche”, das gebe ich halt ab nach außen, so, dann habe ich weniger im Kopf, muss ich mich nicht drum kümmern, das weiß einfach immer Mutti. Und dadurch mache ich mir das Leben leichter, aber seine Mutter muss jetzt halt immer schön mitdenken, ah, ich muss dran denken, wenn mein Sohn morgen Wäsche wäscht, mein dreißigjähriger Sohn.
00:50:42 Dilara Aktürk: Ich ja, ich würde eigentlich auch gerne noch mal was dazu sagen, weil ich habe ja ganz viele Paare auch vor mir sitzen in der Praxis oder Eltern, dann eben sei es in Gesprächen oder dann mit in den Einheiten, und wenn es dann eben auch darum geht, wie kann man das denn machen, dass der Alltag so ein bisschen entspannter läuft, auch für die Eltern, oder was gibt es da noch, was die zusätzlich belastet, und es ist immer sehr ähnlich, und auch das, was so den sozialen Rollen zugeschrieben ist, sage ich mal, und es darum geht, wie man dann ein Elternteil entlastet und dieses andere Elternteil es nicht schafft, das zu sehen und da ja auch wirklich Empathie zu haben für das, wie das andere Elternteil empfindet. Und das sitzt dann häufig auch so, dass die Haushaltstätigkeiten, also und diese Reaktion, die ich dann manchmal, und das sind häufig noch Väter, von ihnen bekomme, die macht mich so wütend in der Behandlung, und ich sehe das ja auch an dem Blick der Partnerin oder der Mütter. Und deshalb sage ich immer, manchmal ähnelt das so ein bisschen einer Eheberatung, oder? So. Weil man einfach wie, oh, sie ist gerade super unzufrieden und es ist nicht so, dass das Problem ist, dass wie sie das bisher immer gemacht haben, sondern dass da keine Einsicht besteht oder dieses, ja, entgegenkommen oder sich selbst auch mal reflektieren und sagen, oh, weißt du was, das stimmt, ich hab das bisher immer von dir erwartet und für selbstverständlich genommen, aber jetzt sehe ich, wir haben so viele Themen hier. Und deshalb sage ich immer, manchmal ähnelt das so ein bisschen einer Eheberatung, oder? So. Weil man einfach wie, oh, sie ist gerade super unzufrieden und es ist nicht so, dass das Problem ist, dass wie sie das bisher immer gemacht haben, sondern dass da keine Einsicht besteht oder dieses, ja, entgegenkommen oder sich selbst auch mal reflektieren und sagen, oh, weißt du was, das stimmt, ich hab das bisher immer von dir erwartet und für selbstverständlich genommen, aber jetzt sehe ich, wir haben so viele Themen hier…
00:52:11 Sarah Bühler: Ja, oder? Wenn auch so die Bereitschaft fehlt, sich zu Gesprächen zusammenzusetzen, sich ja auch Zeit dafür zu nehmen, denk ich mir so. OK, also das wäre ja nix für mich, aber…
00:52:22 Alika Leitloff: Genau, ja, aber du hängst ja auch selber, aber hängst ja auch als Frau so sehr in diesen ganzen Facetten drin, dass selbst wenn du sagst, du Schatz, können wir uns vielleicht mal, ich wollte mal gerne mit dir über das Thema Haushalt und dann kommt Augenrollen oder und du bist halt selber als als Frau in dem Moment nicht in dem Prozess an dem Punkt. Dass du sagst, sag mal, geht es auch, sondern du denkst, ach nee, ja, oh entschuldigung, da hab ich jetzt ah, tut mir leid, dass ich dich gestört hab oder weiß ich nicht, dann dann. Kann das ja gar nicht gut werden, sozusagen, weil beide so sehr Da drin hängen.
00:52:54 Sara Mohr: Ich find das total nen spannenden Punkt, weil gerade, wie du sagst, Dilara, das ist das ja auch einfach im Ergo-Alltag begegnet, gehst du dann, hast du da, gehst du da irgendwie mit um in der Therapie, also leitest du die da irgendwie hin?
00:53:07 Dilara Aktürk: Oder also das, was meistens wirklich immer gut funktioniert, ist Humor in solchen Situationen, um das ganze zu entlasten, sag ich mal, oder auch zu entzerren. Und ich mach durchaus dann auch in unterschiedlichen Elterneinheiten wirklich gezielte Aufgaben. Also das hab ich schon gemacht mit Eltern und das war dann schon, ich dachte in der Zwischenzeit, oh, ist das jetzt noch so, ergo, aber ja, ist es, wir haben Listen gemacht mit, was machen sie im Alltag und was macht ihre Frau im Alltag, damit da quasi keiner zu sehr und zu oft über seine Grenzen geht und dann ging es wirklich darum, dass sich alle daran halten sollten und wir uns in zwei Wochen wieder gesehen haben und das noch mal überprüft haben.
00:53:47 Sara Mohr: Wie wurde das so aufgenommen? Wenn du so sagst, wir machen jetzt da mal so eine Liste.
00:53:53 Dilara Aktürk: Das war okay für den Vater, das war okay, aber ich glaube, weil ich da auch gesprächsführungstechnisch das so gut hinleiten kann, dass er jetzt nicht super pisst ist und sich in seinem Ego da total angegriffen fühlt. Also ich versuch das schon auch sehr wertschätzend, auch wenn ich innerlich koche und mir denke ” Ich glaube, es geht los!”. Dann auch beruflich und professionell zu sehen. Und wenn man das dann schafft, ist das ja ein Riesenerfolg, weil wenn man die Person dann nicht kriegt, dann entsteht da ja noch weniger die Chance auf Veränderung.
00:54:19 Alika Leitloff: Ja.
00:54:27 Sara Mohr: Ja, voll genau. Also ich glaube, das hat keinen Sinn, da irgendwen vor den Kopf zu stoßen oder Schuld zuzuschieben oder so. Aber genau das ist, das ist total spannend, weil ich glaube, das ist so einer, dieser neuralgischen Punkte, wo wir echt einfach unsere Kommunikationsskills brauchen als Ergos, da jemandem jetzt an die Hand zu nehmen und zu sagen, hey, lass uns da mal hingucken, einfach, dass wir da mal drauf schauen, ohne jetzt irgendwem irgendwas Böses zu wollen, das wollen wir ja auch nicht, weil das haben wir ja eben auch schon gesagt, du bist halt einfach so sozialisiert worden. Und dann ist es schon mal ein erster Schritt, überhaupt in der Lage zu sein zu sagen, ja, okay, ich will das jetzt mal reflektieren, das ist eigentlich alles, was man will, ja, cool.
Julie sagt, sie hat eigentlich, als sie aufgewachsen ist, gesehen, dass ihre Eltern die Haushaltstätigkeiten gleichmäßig verteilt haben zwischen sich, aber die wollten nie, dass Julie als Kind hilft, also sie wurde als Kind gar nicht rangeführt an Haushaltstätigkeiten. Das einzige war, dass ihre Mutter gemeinsam mit ihr oft gekocht hat, und das war für beide aber so eine Quality Time, und das ist auch was, deshalb macht ihr das heute noch Spaß an allen Haushaltsbetätigungen, weil sie es so positiv assoziiert und so positiv erfahren hat. Und als sie dann ausgezogen ist von zu Hause in ihre erste eigene Wohnung, musste sie dann aber, weil sie es nie gelernt hat, von jetzt auf gleich alle Haushaltstätigkeiten natürlich selber übernehmen. Sie sagt aber, für sie war das eigentlich so ein Teil von autonom und selbständig werden: “Ich darf jetzt in meiner ersten eigenen Wohnung das alles selber machen und so wie ich das gerne möchte.” Für sie war das, dieses Haushaltstätigkeiten übernehmen, ganz viel für ihr Selbstbewusstsein und trägt auch zu ihrem Wohlbefinden bei, dass sie ihre Wohnung selber jetzt sauber halten und so gestalten kann, wie sie das möchte.
So, und die wohnen jetzt zusammen, Alexis und Julie, und die beschreiben so dieses Zusammenziehen und die Verteilung von Haushaltstätigkeiten sehr unterschiedlich. Er sagt, sie haben nie wirklich geplant, wie sie Haushaltstätigkeiten aufteilen wollen, das haben sie nie gemacht, weil ihnen einfach die gemeinsame Freizeit viel wichtiger ist. Ihnen ist viel wichtiger, dass sie Quality Time miteinander haben, und dann reden sie gar nicht so viel über diese Haushaltsaufgaben. Sie begründet das ein bisschen anders, sie sagt, ja, wir haben nie wirklich geplant, wer was übernimmt, weil von Anfang an klar war, dass sie zuständig ist. Das war gar keine Frage, die im Raum stand, wer übernimmt was, es war klar, dass sie, weil sie aktuell studiert und viel von zu Hause lernt, dann eben auch den Haushalt übernimmt.
In diesem Interview wurde ganz schön deutlich, dass beide einfach unbewusst davon ausgehen, dass es ihre Aufgabe ist, der Haushalt. Alexis sagt auch, dass er manchmal Haushaltstätigkeiten tut als Geschenk für sie, also er macht das, damit sie sich freut, dass sie es nicht machen muss, also er räumt dann die Spülmaschine aus, damit sie das nicht machen muss, damit sie sich freut. So entwickelte sich halt nach und nach eine ähnliche Aufteilung wie bei Alexis’ Eltern, wo das ja sehr traditionell war: Sie macht den Haushalt und er macht alles, was irgendwie handwerklich ist, er ist zum Beispiel allein zuständig für das Auto und wenn da irgendwas repariert werden muss. Und er sagt dann den Satz im Interview, der auch der Titel der Studie ist: “Das ist eigentlich jetzt, wo wir drüber nachdenken, so ein bisschen paradox, weil sie sich selbst doch als Feministin bezeichnet.”
Und dann passiert was Spannendes, das sind jetzt die letzten Ergebnisse von dieser Studie in diesem Interview. Die Forscherin schreibt, der Julie wurde in diesem Interview eigentlich bewusst, dass sie diese traditionelle Rollenverteilung lebt, die sie eigentlich gar nicht möchte. Das war ihr super unangenehm und ihre Lösung war: “Na ja, dann muss ich jetzt, weil ich mich als Feministin sehe, mehr der männlichen Tätigkeiten übernehmen.” Also sie muss jetzt zusätzlich noch zuständig sein fürs Auto, für den Garten und für Handwerk. Dann denkt sie, es ist ein spannender Denkprozess, dann denkt sie kurz drüber nach, aber sie studiert gerade, bald ist sie fertig, dann möchte sie eigentlich Vollzeit arbeiten. “Wie mach ich das denn dann? Parallel zum Vollzeit-Arbeiten die Haushaltstätigkeiten und diese männlich assoziierten Tätigkeiten?” Dann denkt sie laut nach: “Vielleicht sollten wir es dann, wenn ich Vollzeit arbeiten gehe, fair aufteilen, fifty-fifty.” Und dann sagt sie: “Na ja, aber effizienter ist es, wenn ich es einfach direkt mache.” Und kommt dann final zu dem Schluss, weil sie möchte sich eigentlich nach dem Studium direkt selbständig machen: “Ich kann meine Zeit ja viel freier einteilen als mein Mann, also werde ich mir in meinen Arbeitszeiten das so verteilen und reduzieren, dass ich auch noch den Haushalt parallel machen kann, das ist die effizienteste Lösung.” Und ich fand diesen Gedankenprozess so krass, weil da wird so deutlich, wie sich dieses traditionelle Rollenverständnis einfach fortsetzt, obwohl beide reflektiert sind, obwohl beide drüber sprechen, und ich dann, als ich das gelesen hab, dachte, okay, das Learning ist jetzt, es gibt keinen Ausweg, oder?
00:59:47 Alika Leitloff: Ja, auch schade, dass dem Partner nicht zugetraut wird, das zu lernen und effizient zu machen.
01:00:20 Sarah Bühler: Also es gibt bei mir beim Putzen, es gibt, man kann auch falsch putzen, ja. Also es gibt Qualitätskriterien, ein Bad zu putzen. Entweder muss man die halt wirklich richtig schön ergotherapeutisch aufschreiben, wie wollen wir denn, dass das Endergebnis aussieht, oder man muss halt eben auch akzeptieren, dass es unterschiedlich gemacht wird.
01:01:01 Alika Leitloff: Wir dürfen als Frauen hinterfragen, woher unser Perfektionismus kommt, aber wir müssen nicht unseren Anspruch runterschrauben, nur weil der Mann sagt, hab dich nicht so. Wir müssen für uns herausfinden, was uns wirklich wichtig ist.
01:03:41 Sara Mohr: Es muss nicht perfekt sein, sondern so, dass wir uns beide wohlfühlen.
Hier ist der nächste Abschnitt, nahtlos fortgeführt und nach deinen vier Schritten bearbeitet – so nah wie möglich am Originaltext:
01:03:41 Sara Mohr: Ja, genau, ganz genau was. Was brauche ich eigentlich an der Haushaltstätigkeiten, damit ich mich einfach nur wohlfühle? Es muss nicht perfekt sein, sondern es muss so sein, dass wir uns beide wohlfühlen in dieser Wohnung.
01:03:47 Alika Leitloff: Ja, und wie viele Strategien vielleicht, dass ich einfach nicht hingucke, wenn mein Mann die Klamotten faltet und dann sind sie irgendwann im Schrank und na ja, dann so ne vielleicht.
01:03:58 Dilara Aktürk: Irgendwie sowas voneinander zugehen finde ich auch so wichtig also, das ist ja, das was sie auch meint mit den Ansprüchen.
01:04:05 Sara Mohr: Ja, genau, genau, ich möchte an dieser Stelle jetzt noch mal so ein bisschen den Bogen in die Ergotherapiepraxis mit euch gemeinsam schlagen. Weil, ich will also, natürlich haben wir da super viele private, nenn ich es jetzt mal, Anknüpfungspunkte auch und ich glaube alle, die zuhören, kennen das jetzt, können dann eigene Geschichten auch von erzählen und wir hatten es jetzt eben schon. Dilara hat kurz erzählt, wie gehe ich eigentlich damit um, wenn mir das wirklich in so einem Therapiegespräch begegnet, gerade in der Pädiatrie, wenn ich merke, okay, da ist einfach die Aufteilung im Alltag nicht funktional. Das beeinträchtigt jetzt zum Beispiel auch gerade, wie ich die Therapie gestalten kann.
Und ich hab nämlich auch noch mal drüber nachgedacht, wie ich als Ergotherapeutin auch rangehe. Ich war ja viel auf Hausbesuchen in der Neurologie unterwegs und da war eben häufig Thema Haushaltstätigkeiten. Und hab mich gefragt, ob ich nicht unbewusst auch davon ausgehe. Ich hab noch keine Antwort auf die Frage, aber ob ich unbewusst nicht auch davon ausgehe, dass ich häufiger bei Frauen denke, ah ja, die muss jetzt aber schon dann auch wieder, keine Ahnung, wie kriegen wir das dahin, dass Kochen wieder klappt, und das frag ich mich bei einem Mann vielleicht ein bisschen seltener, hab ich mal so überlegt für mich.
01:05:14 Alika Leitloff: Spannend.
01:05:18 Dilara Aktürk: Ja, wenn man nicht so darüber nachdenkt, aber ich finde es ja besonders gut, wenn man dann sich selbst auch so ein bisschen dabei erwischt, wie man eigentlich diesen Gedanken zu Ende führen würde. Oder wie das eigentlich damit aussieht. Aber das sind ja dann immer so…
01:05:27 Alika Leitloff: Ja.
01:05:33 Sarah Bühler: Also mein Gefühl ist häufig bei neurologischen Klient*innen, dass es eine Unterscheidung der Therapie-Dauer gibt. Frauen sind meistens, finde ich, relativ schnell wieder fit oder finden Lösungen, um den Alltag zu managen.
01:05:39 Sara Mohr: Spannend.
01:05:46 Sarah Bühler: Da ist häufig nicht so wichtig, dass das genauso klappt wie vorher, nur dass es klappt. Und bei den Männern muss der Arm wieder so funktionieren, wie er vorher funktioniert hat, damit man die Tätigkeit machen kann. Das ist auch eine Frage. Ist das vielleicht auch von mir meine Wahrnehmung?
01:06:05 Alika Leitloff: Ja, das ist ja echt interessant. Also ich hab, ich arbeite ja mit psychiatrischer Klientel, also nicht nur manchmal hab ich so ein bisschen neurologisches Klientel, aber eigentlich ja mit psychiatrischen eher und da geht es ja dann auch eben das, was wir ja eben besprochen haben, auch ganz viel um solche Selbstanlagen und Perfektionismus und ja, eher so diese Basis, sag ich mal. Aber ich fand es jetzt spannend, dass du gesagt hast, Sara, das müsste ich auch noch mal drauf achten. Ich mein natürlich machen wir ja die Alltagsanliegen, mit denen die Leute eben auch kommen und dann ist das natürlich vermutlich häufiger so, dass die Frauen eben mit Haushalt oder solchen Sachen kommen und die Männer vielleicht eher arbeiten wollen, wieder oder so, aber was ich quasi dahingehend vielleicht auch unterschwellig Reininterpretiere oder auch sogar vielleicht unbewusst manipuliere, spannend.
01:07:03 Sara Mohr: Ja, weil ich glaube, ganz oft geht es ja dann auch drum zu gucken, okay, die Betätigung können Sie gerade nicht oder noch nicht wieder selbständig ausführen, kann die Partnerperson helfen und dann habe ich…
01:07:13 Dilara Aktürk: Ja.
01:07:16 Sara Mohr: Und das ist, Ausnahmen bestätigen die Regeln, das gilt nie alles für alle, aber dann hab ich bei Männern häufiger das Gefühl, dass dann ganz schnell, ja ja, das macht dann meine Frau, gar kein Problem und bei Frauen eher, ach mein Mann, der weiß doch gar nicht, wie der Herd funktioniert.
01:07:29 Alika Leitloff: Ja.
01:07:30 Sara Mohr: Dann holen wir eher Essen auf Rädern, als dass der Mann jetzt mit 60 kochen lernt.
01:07:38 Sarah Bühler: Siehst du, das meine ich, die finden da eine Lösung.
01:07:40 Sara Mohr: Ja, ich, was ich umgekehrt erlebe, gerade mit diesem “jetzt brauche ich mal eine Person, die mir hilft”, dass ich da von Frauen mehr Bereitschaft sehe, was ich dann aber auch oft sehe in der Neurologie ist, dass dann Frauen in dem Moment, wo der Mann krank wird, alles abnehmen. Also dass ich viel häufiger mit Ehefrauen tatsächlich das Gespräch geführt hab, ist es wichtig, dass ihr Mann Aufgaben hat, dass er eine Verantwortung trägt für irgendwas und sei das nur, dass der Müll rausgebracht wird, aber sonst kommt er nicht ins Handeln, sonst sitzt er auf der Couch und wartet bis er wieder gesund wird. Also da geht es in die andere Richtung, dass ich viel häufiger Frauen sagen muss, jetzt nehmen Sie ihm bitte nicht alles ab, weil dann wird das Gehirn auch nicht mehr angeregt, dann wird der Arm eben auch gar nicht mehr im Alltag eingesetzt. Und da sind wir wieder bei diesem Perfektionismusanspruch dann auch. Ja, also das kann in beide Richtungen gehen und das ist einfach, diese Dynamiken zu sehen und zu hinterfragen. Und dann müssen wir uns als Therapeutin, glaube ich, aber auch immer… Also ich versuch da immer bewusst eine Grenze auch zu ziehen, wenn ich merke, das ist jetzt eine Ehedynamik, die seit 35 Jahren hier so besteht.
01:08:41 Sarah Bühler: Da wird man nichts mehr verändern und das ist auch nicht das Recht. Also da haben wir auch ja…
01:08:48 Sara Mohr: Aber man kann es ja mal mit den Leuten zumindest sensibel dazu ins Gespräch gehen. Und wenn man dann eben merkt, nö, das ist einfach die Dynamik, wie das hier seit 35 Jahren läuft, ja, was soll ich denn jetzt hier die Welt verändern?
01:08:58 Alika Leitloff: Da muss man, ja muss man voll aufpassen und einfach irgendwie nur mal so. Ich finde, ich finde es okay, wenn man dann auch so ein bisschen einfach, also natürlich nicht, wir stülpen nicht unsere Meinungen über, aber ich finde es auch okay, wenn wir dann hören, was dann eben die Frau, obwohl sie jetzt vielleicht selber betroffen ist, weiterhin alles übernimmt und der Mann in Rente ist und zu Hause rumsitzt, aber gesund, dass man dann vielleicht auch kurz bei mir sieht, so okay, weiß ich jetzt nicht und da sind sie, ist das okay für sie oder, also dass man das so ganz minimal bei so einfließen lässt. Einfach, dass ich jetzt so tendenziell nicht leben wollen würde, aber gut, natürlich sage ich nicht, hinterfragen sie doch mal bitte ihre Ehe, das gar nicht, aber… Ich finde, dass es dann auch okay, wenn man quasi nur mal zeigt, schauen Sie mal, es gäbe auch rein theoretisch eine andere Meinung. Die müssen sie aber ja nicht nehmen.
01:09:50 Dilara Aktürk: Den Punkt finde ich, das hätte ich jetzt gerne ergänzt, weil ich finde es häufig auch schon ausreichend, wenn Menschen überhaupt sehen, diese Möglichkeiten gibt es, weil wenn sie es bis dahin nicht geschafft haben, diese Möglichkeit überhaupt für sich zu finden, liegt es ja vielleicht auch daran, dass sie zu sehr in ihren eigenen Strukturen oder, sozialisierten, was auch immer, hängen. Und dann ist es vielleicht noch mal eine andere Form von, ist okay, wenn das für dich passt, aber es gibt da noch was anderes, nur für den Fall, dass du da mal reinschauen möchtest für sowas, ja.
01:10:20 Alika Leitloff: Eine andere Welt, ja. Ein Angebot quasi.
01:10:28 Dilara Aktürk: Und dann steht es natürlich auch der Person zu, möchte sie das annehmen?
01:10:31 Sara Mohr: Sehr gut. Sehr gut. Ich glaube, da haben wir jetzt direkt schon unsere drei Dos für die Praxis mit abgearbeitet, oder? Also ein Do wäre auf jeden Fall Angebote machen, aufzeigen, es kann auch anders gehen.
01:10:44 Sara Mohr: Anderes Do würde ich auch noch rausziehen, sich reflektieren.
01:10:46 Alika Leitloff: Würde ich sagen, uns selbst reflektieren, auf jeden Fall.
01:10:48 Sara Mohr: Ja, und auch im Hinblick, wie bin ich denn eigentlich auch sozialisiert worden? Wie hab ich es einfach gelernt und wie darf ich das jetzt aber auch verändern?
01:11:02 Alika Leitloff: Einfach im Hinterkopf haben, würde ich sagen, nicht nur für uns, sondern eben immer. Also einfach diese Sachen, die ganzen Themen, die kommen immer so ein bisschen mit diesem Blick auch drauf betrachten, und dann ist es vielleicht dafür ein Thema oder nicht, aber einfach im Hinterkopf haben, es gibt diese ganzen Sozialisierungsthemen und Benachteiligungsthemen und so, die immer ein Thema spielen, auch wenn derjenige nicht ankommt und sagt: “Hallo, ich hab übrigens mit meiner Frauenrolle…”, sondern einfach nur so, ach, warte mal, guck mal, müssten wir das nicht auch irgendwie… Das ist so ein bisschen wie was wir neulich in den letzten Podcastfolgen, was ihr da besprochen habt mit dem Zyklus von Frauen, also einfach nur, das gibt es, und das beeinflusst das Ganze, das muss kein Riesenthema werden, aber das muss bedacht werden.
01:11:49 Sara Mohr: Ja, weil es unsere Betätigung, weil es unseren Alltag beeinflusst, ob wir das wollen oder nicht. Es ist eben da. Und dann dürfen wir uns damit auseinandersetzen.
01:12:01 Sara Mohr: Sehr schön, liebe Leute, dann war es mir ein inneres Blumenpflücken, mit euch diese Podcastfolge aufzunehmen.
01:12:15 Alika Leitloff: Gleichfalls, vielen Dank.
01:12:21 Sara Mohr: Dann würde ich sagen, machen wir an dieser Stelle den Deckel drauf. Vielen Dank, dass ihr dabei wart.
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